Aufführungsbesprechung Berlin: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber am 18. Juni 1821 (Teil 3 von 3)

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Berlin. (Schluß). Besonders wohlthuend wird es den zeitigen Parteien – von denen eine den Seufzer aus der Menschenbrust sich gern mit hundert Instrumenten versinnlichen läßt und den Gesang der Nachtigall nur noch bei voller Orchester-Begleitung goutirt, die andere dagegen Leben und Sterben, Lust und Entsetzen mit Polonaisen-Tändeleien will abgemacht wissen – besonders wohlthuend, sagen wir, wird es denen, wenn sie es glücklich vermittelt haben: daß dieser Componist durch und durch nur romantisch sey. Es ist eine Qual, wenn man das Eine nicht bedenken und doch das Andere gern sagen will! Wir sind vollkommen davon überzeugt, Jeder, wenn er die Natur der Musik zu erfassen weiß, müsse gar bald erkennen: daß sie keinen andern Charakter als den der Romantik haben kann, die sich jedoch nüanzirt nach der Individualität eines Volkes, eines Künstlers u. s. w. Will man der Musik einen wechselnden Standpunkt anweisen und auch sie zu einer Repräsentantin modischer Begierden machen, so wird sie, trotz aller Mittel, mit denen man sie ausstattet, dennoch nicht bei Vermögen bleiben. – Es ist überhaupt das Bezeichnen der Gefühle, etwa nach Maasgabe der Zeiten allein, eine ganz eigene Sache; diejenigen aber, die sich nicht mit den Wörtern begnügen, sind wohl sehr davon durchdrungen, daß auch die sogenannten antiken Zeiten ihre Romantik hatten, nur von dem Volksglauben etwas anders geschmückt. So sind z. B. – um andere Fingerzeige zu vermeiden, die sich eben nicht geben lassen – die griechischen Mythen und Homers Dichtungen voller Romantik, da diese nicht durch Zeit und Gegend beschränkt ist, sondern aus dem innersten Gemüth hervor geht, das man der Menschheit in keiner Geschichts-Periode absprechen darf. Am wenigsten aber möchte nun gar das Wörtlein heroisch ein Gegensatz von romantisch seyn. Doch – lassen wir das, um ein ander Mal darauf zurück zu kommen! – Jetzt galt es nur die Andeutung: daß Carl Maria von Weber die ewige Heimath der Musik genau kennt und sich gewiß nicht zu einem conventionellen Styl wird verleiten lassen, da er die Natur, den Inbegriff der ganzen Kunst, hat; vielmehr bemüht er sich, die Hoffnungen, die wir zur Ehre des deutschen Ruhms von ihm hegen, noch immer wahrhafter zu erfüllen. Er sieht ja sein Bestreben auch nach Verdienst geachtet – bei uns hat das Publikum ihm jedes mögliche Zeichen der lebhaftesten Theilnahme gegeben – und wir freuen uns, daß der Graf Brühl schon vor mehreren Jahren einen – damals leider nicht gelingenden Versuch – machte, diesen, für unser Kunstleben so ganz geeigneten Componisten, den Berlinern zu gewinnen. Mag dieser Versuch Hindernisse gefunden haben, der Wille schon bezeugt die richtige Umsicht und verdient herzlichen Dank. – Die Darstellung jener Oper war in aller Hinsicht vorzüglich und wir dürfen es den Hauptpersonen nachrühmen, daß sie wetteiferten, ein schönes Werk mit vollen Kräften zu unterstützen. Mad. Seidler (Agathe), Dem. Eunicke (Annchen), Hr. Blume (Caspar), Hr. Stümer (Max), leisteten sämmtlich, was sich nur irgend von vorzüglichen Künstlern erwarten läßt. Eine Meinung, Annchen betreffend, haben wir schon bei Betrachtung des Gedichts geäußert, und ein paar Bemerkungen, die sich etwa noch aufbringen ließen, wollen wir lieber den Künstlern allein vertrauen, haben es zum Theil schon gethan, da sie gar zu unbedeutend sind, um hier Raum fordern zu dürfen. Auch die kleinen Rollen „Ottokar“, „Cuno“, „Eremit“, „Sammiel“, „Kilian“ und „Brautjungfer“ werden von den Herren Rebenstein, Wauer, Gern d. V., Hildebrand, Wiedemann und Dem. Reinwald mit Sorgfalt gegeben, und nur eine Nebenperson, ein Jäger, der uns ¦ bisher noch eben keine Beweise von Bedeutsamkeit gab, schien immer sagen zu wollen: Für diese Rolle bin ich zu gut! welches wir, als unschicklich gegen das Publikum, freilich rügen müssen. – Hinsichtlich der Dekorationen bewährte Hr. Gropius abermals ausgezeichnete Talente, und die ganze Ausstattung und Anordnung vereinigte überhaupt Kenntniß und Anstand in dem ausgezeichneten Grade, den wir schon gewohnt, aber auch stets als würdig an zu erkennen bereit sind.

Gtz.

Editorial

Summary

Aufführungsbesprechung Berlin: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber am 18. Juni 1821 (Teil 3 von 3). Der erste Teil erschien in der vorigen Ausgabe, der zweite in dieser.

Creation

Responsibilities

Übertragung
Fukerider, Andreas

Tradition

  • Text Source: Der Gesellschafter, Jg. 5, Nr. 106 (4. Juli 1821), pp. 493

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