Nachricht von Webers Tod in London und Würdigung
Wissenschaftliche und Kunst-Nachrichten.
Berlin. Aus London ist uns die höchst betrübende Nachricht von dem am 5. Juni daselbst erfolgten Ableben des Königl. Sächsischen Kapellmeisters Carl Maria von Weber zugegangen. Schon in dem vergangenen Jahre war das Leben des uns Allen so theuren Künstlers mehrmals bedroht, und eine Reise nach den Heilquellen von Ems konnte die, durch allzugroße Anstrengung geschwächte, Gesundheit nicht wieder befestigen. Seine Freunde in Berlin waren daher nicht wenig besorgt, als sie ihn bei seinem letzten Besuche, den er zur Aufführung seiner Oper Euryanthe uns machte, trotz seines bedenklichen Zustandes, zu einer Reise nach London entschlossen fanden. Die kalten und feuchten Nebel jener Stadt übten auf die geschwächte Brust des Künstlers bald einen verderblichen Einfluß aus, und obwohl er noch in seinen letzten Briefen durchaus nicht über Übelbefinden klagte, so scheint er doch, da seine Krankheit einer Erkältung zugeschrieben wird, vornämlich dem dortigen Klima unterlegen zu haben.
Carl Maria von Weber wurde 1786 zu Eutin im Holsteinschen geboren, und zeigte sehr früh schon glückliche Anlagen zur Malerei und Musik. Der erste Lehrer, der einigen Einfluß auf ihn ausübte, war Heuschkel in Hildburghausen, wohin sein Vater 1796 gezogen war. Da Webers Talent bald Aufsehn erregte, brachte ihn sein Vater zu Michael Haydn nach Salzburg, bei dem er jedoch nicht lange aushielt. Umfassender wurde der Unterricht Webers in München, wo er in der Composition bei dem Hoforganisten Kalcher, und im Gesange bei dem Sänger Ballesi‡ unterwiesen wurde. In diesem Jahre erschienen zuerst 6 Fughetten von Weber im Druck. Schon in München zeigte Weber Vorliebe für die dramatische Musik und er schrieb unter der Aufsicht Kalchers eine Oper; „Die Macht der Liebe und des Weins“. Von seinen musikalischen Studien wurde er jetzt auf eine kurze Zeit dadurch abgezogen, daß er die Erfindung des Steindrucks, die damals noch wenig bekannt war, auf eine neue Weise betreiben wollte, was jedoch mehr von seinem Vater, als von ihm ausgegangen zu seyn scheint, der sich deshalb nach Freyberg in Sachsen wendete. Dies Unternehmen wurde jedoch bald von ihm wieder aufgegeben. Die zweite Oper Webers, die er in seinem 14ten Jahre schrieb, das „Waldmädchen“, wurde 1800 in Wien, Prag und Petersburg gegeben. Eine dritte Oper von ihm: „Peter Schmoll u. seine Nachbaren“, die er 1801 schrieb, fand weniger Beifall. Im Jahre 1802 machte sein Vater mit ihm eine musikalische Reise nach Leipzig, Hamburg, Holstein; aber von größerer Entscheidung war seine Reise nach Wien, wo er von dem berühmten Haydn und dem Abt Vogler mit väterlicher Liebe aufgenommen wurde. Diese Freunde veranlaßten ihn zu einem ernsteren Studium der Werke großer Meister, als er es bisher gethan hatte, weshalb auch zwei Jahre lang von ihm nichts erschien, als einige Kleinigkeiten für das Fortepiano. Die erste unabhängige Stellung erhielt Weber durch seinen Ruf als Musikdirektor nach Breslau, wo er die Oper „Rübezahl“ ausarbeitete. Eine Einladung des Herzog Eugen von Würtemberg veranlaßte ihn 1806 Breslau zu verlassen und sich nach Stuttgart zu begeben. Hier schrieb er seine Oper „Silvana“ und mehrere Sachen für das Fortepiano. Im Jahre 1810 machte er eine zweite größere Kunstreise, wo er in Frankfurt, München, Berlin, Concerte als Fortepianospieler gab, und das Einstudiren seiner neuen Oper: „Abu Hassan“ in Darmstadt leitete. Die Jahre 1813 bis 1816 war er Direktor der Oper in Prag und in diesen Jahren hatten besonders seine Kompositionen der Kriegslieder Theodor Körners ihn durch ganz Deutschland bekannt und beliebt gemacht. Er verließ Prag, um einige Zeit in Berlin zuzubringen, zog aber den Ruf, der von Dresden aus an ihn erging, allen anderen Anerbietungen , die ihm gemacht wurden, vor. Keine Oper hat außer dem Don Juan einen so allgemeinen Europäischen Ruf erlangt, als Webers Freischütz, welchen er zur Eröffnung des neuen Schauspielhauses in Berlin geschrieben hatte. Daß seine Euryanthe nicht gleichen Beifall fand, mag theils an der Dichtung, theils daran liegen, daß es dem Komponisten bei dieser Arbeit nicht um Popularität zu thun war. Er hatte uns versprochen, die in London mit so großen Beifall aufgenommene Oper: Oberon zum nächsten Karneval nach Berlin zu bringen. Wir hofften dem Künstler neue Lorbeeren um sein Haupt zu winden und müssen nun die Kränze auf sein Grab legen.
Apparat
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Sebastian Schaffer
- Korrektur
- Eveline Bartlitz
Überlieferung
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Textzeuge: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 138 (16. Juni 1826)