Rezension über „Te deum laudamus“ von Gottfried Weber

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Te deum laudamus, Deutschlands siegreichen Heeren gewidmet, von Gottfried Weber. Partitur und Stimmen, bey André. (Pr. 6 Fl. 30 Xr.)*

Indem Rec. sein Urtheil über das genannte Werk niederschreiben wollte, erinnerte er sich, schon früher eine Beurtheilung desselben in diesen Blättern gelesen zu haben; und indem er nachschlägt, findet er sie in No. 22. dies. Zeit. vom jetzigen Jahre, unterzeichnet: Mannheim, v. Weiler*. Da er nie gern etwas Unnützes und Ueberflüssiges thut, so wird er jetzt nur wenig über das Werk aufsetzen: denn jene Kritik ist ziemlich ausführlich, ist offenbar nach Studium und Anhörung desselben verfasst, mit Belegen aus der Partitur versehen, und trifft meistens mit dem zusammen, was er, der Rec., darüber zu sagen im Sinne hatte. Sonach beziehet er sich auf jenen Aufsatz, giebt nur mit einigen Worten an, wo er mit dem Verfasser gleicher Meynung ist, und setzt blos etwas ausführlicher hinzu, was dort übergangen, und doch ihm noch nöthig scheint, oder auch, wo sein Urtheil von jenem abweicht.

Will man dem Werke im Ganzen sein Recht wiederfahren lassen, und Manches, was gegen Einzelnes in der Anordnung, Haltung, Instrumentirung etc. hier und da vielleicht eingewendet werden möchte, entfernen: so darf man den Zusatz auf dem Titel nicht übersehen. Hr. W. liefert ein Te deum zur Feyer eines Sieges, ja eben dieses Siegs, nicht einiger Heereshaufen über einige andere, sondern ganzer, zu ihrer Befreyung von fremder Tyranney verbündeter Völker. Darum – man kann das bey einem Manne, der sich, wie wir alle ihn aus dieser Zeitung kennen, von jedem was er macht, strenge Rechenschaft abfordert, wol voraussetzen – darum glaubte er sehr kurz, mög¦lichst imponirend, glänzend, stark, rauschend, durch Massen auf Massen wirksam schreiben, hierzu alle taugliche Mittel, besonders auch laute, schallende Instrumente, in Bewegung setzen, scharfe Contraste anbringen, die Worte, welche in einer näheren Beziehung auf eben eine solche Feyer gedacht werden können, mithin vor allem die, des Preises und Jubels, scharf hervorheben, die, sanfter und bittend zu behandelnden Stellen zwar herzlich auszudrücken, aber möglichst kurz abfertigen zu müssen – und was noch weiteres aus jener Ansicht hervorgeht und im Werke selbst sich vorfindet. Bemerkt dabey der strengere Kunstrichter: Auf diesem Wege wird ein mehr zweckmässiges, als ein eigentlich künstlerisches Werk entstehen! so lässt sich das vorerst wol zugeben, wenn man nur von anderer Seite auch zugiebt, es sey auch dies etwas wahrhaft Rühmliches; dieser Kunstrichter wird aber, hat er nun das Werk selbst kennen gelernt, auch hinzusetzen müssen: der Verf. hat von dem, was eigentlich Kunst heisst und ist, ebenfalls wenigstens so vielen und so guten Gebrauch gemacht, als jener sein Zweck ihm zu verstatten schien, und als ein- für allemal jede Kirchenmusik, von welcher Art sie auch übrigens sey, schlechterdings verlangt, wenn sie nicht aufhören soll, eine Kirchenmusik zu seyn. Ob man nicht, in diese Ansicht eingegangen, Einzelnes doch noch zu weit getrieben finden – z. B. den Lärmen von vier Trompeten, drey in Es und eine in B, gar zu laut; Manches, wie das Sanctus, gar zu schnell forteilend, und, im Laufe des Satzes, zu wenig unterschieden: das Te ergo quaesumus gar zu kurz finden, und das bedeutende Stück des Textes, das ganz weggelassen worden, nur ungern vermissen werde: darüber lässt sich wol im Allgemeinen nicht entscheiden, weil diese Entscheidung von den besondern Verhältnissen, wie sie nun eben da oder dort statt haben, abhängen wird. Nur so viel kann Rec., nach eigener Aufführung des Werks, hierüber sagen: da es ihm möglich war, die Sing|stimmen und Saiteninstrumente sehr stark zu besetzen, auch eine gute Orgel verhältnismässig, und an gehörigen Stellen, besonders auch mit dem Pedal, eingreifen zu lassen: so fand er jenes Schmettern der Trompeten nicht allzulaut; das Ganze, bis zur Fuge, rauschte aber ihm und den verständigsten Zuhörern, die er gesprochen, doch allzuschnell vorüber, und nur diese, wenn auch nicht lange, aber wackere Fuge, gab dem Werke erst festern Halt und tiefern Eingang; unter den übergangenen Worten vermisste er vor allen die: salvum fac populum tuum etc., als eben zu solcher Feyer so wesentlich und beziehungsreich, sehr ungern; endlich – was auch jener Rec. schon bemerkt hat – die öftere Wiederholung des Wirbelns der Pauken allein, verfehlte ihre Absicht, ja sie wurde zuletzt fast widrig.

Der Inhalt des Werks, und die Absicht, so wie die Einrichtung der einzelnen Sätze, sind von jenem Rec. schon hinlänglich angegeben worden. Zum Ueberfluss sey daher nur mit wenigen Worten Folgendes wiederholt. Auf eine kurze Einleitung, Maestoso, folgt ein ausgeführteres Allegro, mit dem wiederholten Aufruf: Te Deum laudamus; hierauf das kurze Te ergo quaesumus, Adagio; und dann die, schon oben gerühmte, und von jenem Rec. weiter und gründlich zergliederte Schlussfuge: Laudamus nomen tuum in saeculum saeculi. Die Vorbereitung und Leitung zu derselben findet Rec. originell, trefflich bedacht, und sehr wirksam. Auch dies hat jener Rec. schon erwähnt und durch Anführung der Stelle anschaulich gemacht.

Besetzt ist das Werk mit vier Trompeten, Bassposaune, Pauken, B-Klarinetten, Fagotten, Violinen, Violen, Bass, und vierstimmigem Chor. Dass Hörner, Flöten und Hoboen übergangen sind, geschahe gewiss nicht blos zur Erleichterung nicht sehr vollzähliger Orchester, obgleich auch diese Rücksicht, gerade bey solch einem Werke, mit Dank anzunehmen ist: sondern, weil eben hier jene Instrumente, besonders aber Flöten und Hob[o]en, ohne Wirkung gewesen wären.

Der Stich der Partitur und der Stimmen ist deutlich und gut. Die Singstimmen findet man doppelt: einmal mit dem bekannten lateinischen, und dann mit einem sehr wohl gerathenen deutschen Texte, durch welchen das Werk auch für diejenigen Directoren brauchbar wird, welche nichts Lateinisches aufführen dürfen. ¦

Noch ist zu bemerken, dass der Verf. die Tempi nach der einfachsten, jedem verständlichen, von ihm, in No. 27. dies. Zeitung vom Jahre 1813 vorgeschlagenenen Weise, chronometrisch angegeben hat. Es ist dies, so viel Rec. weiss, das erste Werk, wo von jener überaus schätzbaren Methode Gebrauch gemacht ist, und sehr zu wünschen, dass andere Meister dem Hrn. W. darin nachfolgen. Rec. hat hier durch eigene Erfahrung bewährt gefunden, wie leicht und wie sicher die Anwendung derselben ist.

Apparat

Generalvermerk

Bei Kaiser C.M.v.Weber fälschlich zugeschrieben, vgl. Weberiana 21, S. 109ff.

Entstehung

Sommer 1814

Überlieferung

  • Textzeuge: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 16, Nr. 41 (12. Oktober 1814), Sp. 677–680

    Einzelstellenerläuterung

    • „… (Pr. 6 Fl. 30 Xr.)“Das Werk erschien bereits zur Jahresmitte 1814. Im Intelligenzblatt zur AmZ, Nr. 3 vom Mai, bot G. Weber noch selbst Abschriften der Partitur mit unterlegtem deutschen und lateinischen Text an, in Nr. 4 vom Juli ebd. verwies er auf den Verlag André.
    • „… unterzeichnet: Mannheim , v. Weiler“Vgl. AmZ, Jg. 16, Nr. 22 (1. Juni 1814), Sp. 374–377.

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