Nachrichten aus Dresden vom 9. Juli 1817
Werner’s Begräbnis in Freiberg (Fortsetzung der im vorigen Stück abgebrochenen Nachricht.)
Gegen 12 Uhr in der Nacht zwischen dem 2ten und 3ten Juli setzte sich der Trauerzug von den Anhöhen bei Gorbitz in Bewegung. Er bestand aus 8 Deputirten (je zwei) von der Bergacademie, dem Oberhüttenamte, dem Bergamte und der Knappschaft, mit 8 Knappschaftältesten und 10 Studirenden, 4 königl. Academisten und 6 Fremden, an welche sich ¦ noch der in Freiberg garnisonirende und gleichfalls zu Werners Schülern gehörige Brigadeadjutant v. Buttlar angeschlossen hatte. Sämmtliche Beamten, Officianten und Studirende waren zu Pferde. 30 Bergarbeiter umgaben den Sarg mit ihren Fackeln. In allen Dörfern, durch welche der Zug ging, war Jung und Alt auf den Füßen. Gegen 9 Uhr des Morgens am 3. Juli war der Zug am Erbischen Thore der Stadt. Als er die Höhe des Gebirgs bei dem Berggebäude, die Himmelfahrt erreicht hatte, fing man in Freiberg an mit allen Glocken zu läuten. Beim Eintritt des Leichenzuges in die Stadt selbst wurde vom Thurme der Peterskirche ein Choral geblasen. Der selige Werner, kein Freund des Ceremonienwesens und des bloßen Kirchendienstes, hörte doch dergleichen christliche Choräle im Leben sehr gern. Zwei berittene Bergacademisten eröffneten und beschlossen den Zug. Der Leichenwagen, den 8 Knappschaftsälteste und 6 fremde Studirende zu Pferde begleiteten, war mit Beobachtung des anständigen Zwischenraums von 2 Pelotons Bergarbeitern vorn und hinten eingefaßt. Alle Officianten und Beamte ritten in 4 Reihen diesen nach. Trauermusik ertönte. Eine Abtheilung der Bürgergarde hielt auf anständige Ordnung. Der Zug ging über den Markt und durch die Nonnengasse gerade ins Academiegebäude, wo Werner während der letzten 3 Jahrzehnte gewohnt, gelehrt und in der mannigfaltigsten Wirksamkeit genützt hatte. In der schwarz aufgeschlagenen Hausflur nahm eine schwarz behangene Nische den von Academisten abgehobenen Sarg auf. Schilde, Lorbeerkränze und andere Insignien zierten, 24 Kerzen beleuchteten die nun zur Schau gestellte Leiche. Vor dem Hause erklang Trauermusik, stand die aus 400 Mann zusammengesetzte Bergparade. Im Hause hatten sich alle Leidtragende versammelt. Sämmtliche Bergbeamte, Officianten und Professoren der Academie, Officiere, Geistlichkeit, Magistrat, Gymnasium und andere angesehene Einwohner Freibergs in Verbindung mit einer Deputation des Tharanter Forstinstituts hörten hier mit tiefer Rührung die geist= und gemüthvolle Standrede des trefflichen Lehrers des Freiberger Schullehrerseminars, M. Frisch, und setzten sich dann gegen 11 Uhr, unter abermaligen Lauten der Glocken und Trauermusik der Parade, wobei auch der ehrwürdige Greis, der Oberberghauptmann von Trebra nicht fehlte, (der Sarg ward abwechselnd von Bergacademisten und Knappschaftältesten getragen) zur Domkirche in Bewegung. Dort im sogenannten Kreuzgange, in der Nähe des Grabes des Berghauptmanns Pabst von Ohayn, war die ummauerte Gruft zubereitet, über die nun die Bergacademisten den Sarg mit seinen Lorbeerkränzen setzten, der, nachdem christliche Lieder angestimmt worden und der Prediger M. Dietrich eine im Eingang zweckmäßige Einsegnungsrede gesprochen hatte, um 12 Uhr eingesenkt wurde. Freibergs Einwohner aller Classen kannten die seltene Humanität, die strenge Moralität Werners, wußten durch die aus allen Ländern, ja Welttheilen herbeigekommenden Fremden, wo nicht durch eigene Prüfung und Erfahrung den Werth eines solchen Mitbürgers ganz zu schätzen. Kein Auge blieb trocken. Es war als würde der geliebte Vater des jüngern Geschlechts, der Bruder des ältern begraben. Fremde aus der ganzen Umgegend waren herbeigeströmt. Rührende Beweise von Liebe und Theilnahme häuften sich. Davon in einem andern Blatte.
Apparat
Zusammenfassung
Totenfeier für Abraham Gottlob Werner am 2. Juli 1817
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Joachim Veit; Christoph Albrecht
Überlieferung
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Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 163 (9. Juli 1817), Bl. 2v