Ankündigung der Uraufführung von Webers „Euryanthe“

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Wir leben im Zeitalter der Musik, ungeachtet manch schreiender Dissonanz im Leben. Alles treibt Musik, schreibt über Musik lebt von für aus u[nd] durch Musik. Das Schicksal einer neuen Oper interessirt mehr als die Blokade von Cadiz und schmerzlicher bedauert man eine verfehlte Roulade der Madame Kikeriki als eine verlohrene Feldschlacht der xxxschen Armee, weit gemäßigter sind die F[r]actionen zwischen Königthum und Volksthum, minder fanatisch die politischen Servilen und Liberalen in den Ober- und Unterhäusern, als die musikalischen Ultra’s wenn ein Theil zur Fahne der melodischen, der andere zur Fahne der deklamatorischen Musik geschworen und die sich wüthender verfolgen als Papisten und Protestanten zur Zeit des 30jährigen Krieges. Wir leben im Zeitalter der Musik[,] da giebt es noch Triumph-Pforten, da regnet es noch Lorberkränze, da hängt der Himmel im buchstäblichen Verstande voll Geigen, und weil es Enthusiasmus dafür giebt, finden sich auch die Genies. Gegenwärtig ist die Aufmerksamkeit gespannt was des deutschen Tondichters Genius, nämlich Maria v. Webers Muse bringen wird: Euryanthe v. Savoyen heißt die Oper, die gegen Ende 8br [= Oktober] unter der Leitung des hier anwesenden Kompositeurs gegeben werden soll. Das Sujet ist nicht so schauerlich wie der Freischütze aber anziehend und romantisch, spielt zur Zeit der Troubadours in Frankreich und soll reich ausgestattet seyn mit lieblichen Romanzen und gediegenen Chören, man ist voll Erwartung, die Sänger schmieren die Kehlen, das Orchester die Instrumente und die Publicisten spitzen die Ohren und – Federn. Tondichtungen mindern Gehalts kommen früher, Opern v. Riotti, Schubert ect – der Virtuose Moscheles wird auch hier anlangen, beladen mit gallischem Weihrauch und brittischem Golde […].

Apparat

Zusammenfassung

aus der Kolummne „Chronik der Tagesbegebenheiten“ der Wiener handschriftlichen Zeitschrift Salbe (Nr. 9 vom 1. Oktober 1823), S. 89–91; u.a. zur Konkurrenz zwischen deutscher und italienischer Oper und Ankündigung der Uraufführung von Webers „Euryanthe“

Entstehung

29. September 1823

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Wienbibliothek am Rathaus (A-Wst)
    Signatur: Sammlung Wolfram Tuschner (ZPH 1391)

    Quellenbeschreibung

    • als Original und in Kopie der Zeitung erhalten
    • Autograph (anders als der kopierte Text in der Zeitung) datiert: „Wien am 29. 7br [1]823“; kleine Unterschiede zwischen Originaltext und Abschrift

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Frank Ziegler, Weberiana 25 (2015), S. 51

Textkonstitution

Text nach der Urschrift wiedergegeben

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