Franz Anton von Weber an Anonymus in Stuttgart
Carlsruhe (Oberschlesien), Mittwoch, 13. Mai 1807

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Wohlgebohrner Herr HofRath!
Verehrungs würdigster Herr!

Euer Wolgebohren verzeihen doch gütigst, wenn ein in gröster Angst schwebender alter Vater sich an dieselben auf anempfehlung unsers lieben H HofRaths Vietsch die Freyheit nimmt, dieselben mit gegenwärtigem ganz unbekannter weise zu wendenbelästigen und gehorsamst bittet, denselben mit Gedult gütigst anzuhören, und durch eine Baldigst gütige Nachricht den bedrängten Vater aus seiner gränzenlosen Qual zu retten. und dahero zur Sache:

Mein Sohn Carl Marie Freyh von Weber, welcher ein Schüler Haydns und Voglers war, wurde vor 3 Jahren von Wien aus nacher Bresslau als Director der dasigen königl National | oper verschrieben, und hatte das Glük mit ausgezeichnet-allgemeinem Beyfall 2 Jahre der Direction als Direktor der oper in Bressℓ vorzustehen, welches verschiedene Journale und öffentliche Blätter zu deßen nicht geringem Ruhme Verschied[entlich] bestätiget haben, des Hiesigen Hofes Höchste Herrschaften Köngℓ Hoheiten hatten öfters besonderes Wohlgefallen in Bressℓ an seiner besonderen Direction gefunden, und verlangten S. K. Hoheit der Herzog gegen mich sich mündlich zu äußern, das Sie wünschten diesen Jungen Mann von 19 Jahren Etwas allhier am Hofe mit seiner eigenen Kapelle zu dirigiren zu sehen, welches dann auch /[:] und ohne Prahlerey :/ zu sagen, so glüklich und wiederholt ablief, das mann Ihm das Decret als Hof MusicIntendant im abgewichenen VorJahre ggst ertheilte; da aber die fatale Krieges Crisis eintrat, so ist er leyder mit samt dem grösten Theile der Kapelle ohne den geringsten Genus entlassen worden, und dadurch andere ansehnliche Anstellungen aus|geschlagen verlohren; unser Freundt und würklich wahrer rechtschaffener Freundt H H:[of]R.[ath] V. gab uns also den gütigen Rath sich nach Stuttgardt zu verfügen, und sich allenfalls durch Empfehlung an dH. Herzogs Louis K: Hoheit, so er auch mitgenommen, das villeicht eine convenable Stelle dorten für Meinen Sohn zu finden seyn dörfte, nun habe ich zeit dem 4t April aus Leipzig gar nicht die mindeste Nachricht von diesem meinen Sohn erhalten, und nur zufälliger weise heute durch einen Fremden Nürnberger Brief an H. Actuarius Dautrevaux hieselbst gehört, das mein Sohn in Nürnberg gewesen*, und dieser Brief ist vom 27t April, folglich muß den schluß machen, das er /: so gott geben wolle :/ gegenwärtig schon in Stuttgart seyn müste; unbegreiflich ist es mir aber, das mein Sohn, der sonst Ein so sehr accurater Mensch ist in alle seinen Handlungen mir gar keinen Buchstaben zeit Leipzig d. dato 4t April mehr schreibt, und mir an seinem Wohl gar zu sehr gelegen, da er die Väterliche Liebe als ein sehr braves und talentvolles Kindt besizt, so empfehle | ich Euer Wolgeb diesen meinen lieben Sohn nicht allein gehorsamst in Dero gütige Protection und Schuz als ganz fremdt in Stutgart sondern bitte doch einstweilen zu meinem Trost und Beruhigung Vaters Stelle an demselben zu vertreten, wobey ich die gänzlich die heiligste Versicherung geben kann, das dero Patrocinanz – schuz und güte Ihnen keine Unehre machen wird, so Euer Wolgeb für diesen guten Jungen Menschen haben werden, auch demselben geneigtest zu sagen, das 4 Briefe an Ihn nacher Amberg, post restante geschikt worden, auch das Etwas Geldt an das dortige HandelsHaus Stahl und Enderer durch H HofRath Vietsch gütigst besorgt worden wäre. Liebster H HofRath verzeihen Sie mir doch ja mein vieles Gewäsch, und erfreuen Sie mich doch baldigst mit einer gütigen Antwort. Wofür ich ganz gehorsamst bitte, und mich mit gränzenloser Hochachtung zu nennen die Ehre habe.

Euer Wolgeb pp.g[an]z gehorsamster Diener
addresse. FreyHerr von Weber

Apparat

Zusammenfassung

erkundigt sich nach dem Verbleib seines Sohns, der längst mit Empfehlungen des Herzogs Eugen eingetroffen sein müsse; beschreibt ausführlich die Verdienste und Tätigkeiten Carl Marias und bittet dringend um Nachricht

Incipit

Euer Wolgebohren Verzeihen doch gütigst, wenn ein

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
    Signatur: Franz Anton Weber 1

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

    Provenienz

Textkonstitution

  • „wenden“durchgestrichen
  • „belästigen“über der Zeile hinzugefügt
  • „das“am Rand hinzugefügt
  • „aus Leipzigüber der Zeile hinzugefügt
  • „die“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… mein Sohn in Nürnberg gewesen“Zu Webers Reisestationen auf dem Weg von Schlesien nach Württemberg vgl. seine eigenhändigen Notizen.

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