Dramatisch-musikalische Notizen (Dresden): „Emma di Resburgo“ und „Alimelek“ von Meyerbeer (Teil 2 von 2)
(Beschluß.)
Emma di Resburgo trägt hingegenΔ ganz das Gepräge des Himmelstriches, unter dem sie geschaffen wurdeΔ, und des jetzt da herrschenden Musikgeistes.
Ich glaube, daß der Komponist es sich zum Ziel gesetzt hatte, gefallen zu wollen, um so zu zeigen, daß er als Herr und Meister über alle Formen schalten und gebieten könne.
Es muß recht tief hinein böse seyn mit dem Verdauungsvermögen der italiänischenΔ Kunstmägen, daß der gewiß aus eigener, selbstständiger Kraft schaffen könnende Genius Meyerbeer’s es für nothwendig erkannte, nicht nur süße, üppig schwellende Früchte auf die Tafel setzen, sondern sie auch gerade mit diesen Modeformen verzuckern zu müssen.
Es versteht sich von selbst, daß oben berührte Vorzüge des Komponisten, so weit als in der Gattung thunlich, in diesem Werke sich auch wieder finden, und daß es dem Beobachter höchst merkwürdig seyn wird, ein so ganz verschiedenartiges Streben in diesen beiden Werken aufgestellt zu sehen, wie ich bei keinem andern Komponisten ein ähnliches Beispiel nachweisen könnte.
Hr. Meyerbeer hat uns also das vielseitige seines, gewiß originellΔ sein könnenden, Talentes bewiesen, und daß er vermöge was er wolle.
Darf der Schreiber dieses einen Wunsch aussprechen, so ist es der, daß Herr Meyerbeer nun, nachdem er die Kunst in ihren vielseitigenΔ Abzweigungen, nach der Gefühlsweise der sie pflegenden Nationen, studirt, und seine Kraft, so wie die Geschmeidigkeit seines Talents, erprobt hat, in’s deutsche Vaterland zurückkehren und mit den wenigen, die Kunst wahrhaft Ehrenden, Δ auch mit fortbauen helfen wolle an dem Gebäude einer deutschen National-Oper, die gern von Fremden lernt, aber es in Wahrheit und Eigenthümlichkeit gestaltet wieder giebt, um uns so endlich auch den Rang unter den Kunst-Nationen festzustellen, dessen unerschütterlichen Grund Mozart in‡ der deutschen Oper legte.
Apparat
Zusammenfassung
2. Teil der Werkeinführung widmet sich Emma di Resburgo und betont die Verschiedenartigkeit der beiden Kompositionen; Weber wünscht sich von Meyerbeer wieder deutsche Opernwerke im Sinne Mozarts
Entstehung
18. Januar 1820 (laut A und TB)
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas
Überlieferung in 2 Textzeugen
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1. Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 4, Nr. 18 (22. Januar 1820), Bl. 2v
Dazugehörige Textwiedergaben
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HellS III, S. 134–136
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MMW III, S. 215–216
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Kaiser (Schriften), S. 309f. (Nr. 140)
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2. Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (X), Bl. 66a/r–66b/rQuellenbeschreibung
- über dem Ms Titel: „Dramatisch musikal. Notizen pp.“; Incipit: „Wenn man beobachtend den Gang der Kunsterscheinungen und deren Erfolge auf den Theatern“; Datierung (unter dem Ms) Dresden d: 18t. Januar 1820. für die Abendz.
- auf Bl. 1r bis 2r von DBl. (Format 33,9x20,6 cm, WZ am oberen Rand auf dem Kopf stehend: MEIER CHEMNITZ ?, Kettlinien ca. 2,5–2,8 cm); laut TB 18. Januar 1820: Aufsaz über Meyer Beer geschrieben; mit Korrekturen von Weber, aber auch Korrekturen mit Blei von Winkler, die dem veröffentlichten Text der Zeitung entsprechen; in HellS nicht datiert; bei MMW mit 15. Januar 1820 datiert
Themenkommentare
Textkonstitution
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„… dessen unerschütterlichen Grund Mozart in“„in“ fehlt im Entwurf und wurde von Winkler in Blei am Rand nachgetragen
Lesarten
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Textzeuge 1: „hingegen“Textzeuge 2: „hinwiederum“
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Textzeuge 1: „wurde“Textzeuge 2: „worden“
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Textzeuge 1: „italiänischen“Textzeuge 2: „italischen“
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Textzeuge 1: „originell“Textzeuge 2: „original“
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Textzeuge 1: „vielseitigen“Textzeuge 2: „vielgestaltigen“
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Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.Textzeuge 2: „nun“