Aufführungsbesprechung Berlin: „Preciosa“ von Carl Maria von Weber, März 1821

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Noch ein Paar Worte über: Preciosa, von Wolff.

(Eingesandt.)

Unser treffliche[r] Herr Wolff ist ein viel zu beliebter, bewährter und dabei anspruchsloser Dichter, als daß er, wenigstens nach der ersten Darstellung seines Drama’s, Preciosa geheißen, nicht überzeugt werden seyn sollte, daß ihm diemal das kühne schwere Wagestück aus einer lebendigen geistreichen Erzählung ein eben so angethanes Drama anzufertigen, gänzlich mißlungen ist. Sehr unrecht ist es daher, die Bemühungen dieses durchaus wackern Mannes mit solchen übertriebenen ironischen Lobpreisungen anzufeinden, als es der unbekannte Herr Rezensent in No. 39. der Haude- und Spenerschen Zeitung gethan hat. Dem Herrn Verfasser scheint es zu wurmen, daß das Stück schon so oft bei überfülltem Hause aufgeführt wurde. Dies wird aber noch mehrmals der Fall seyn, da dieses Drama doch noch immer viel höher zu achten, als die beweglichen Gemälde des Herrn Gropius, die sich eines ungemeinen Zulaufs erfreuten. Hier ist alles größer und die Figuren die sich auf dem Theater hin und her bewegen, sind nicht allein wirkliche Menschen, sondern auch treffliche Künstler, die auch sprechen. Der Herr Verfasser wird der Verdruß haben, das Stück noch oft auf dem Repertorium zu sehen, vorzüglich aber wohl zur Weihnachtszeit, wo Familien mit den lieben Kindern den Kreislauf durch die Ausstellungen der Zuckerbäcker, nicht besser beschließen können, als mit der Preciosa, die dann als das höchste, was Kunst und Geschmack in der Art hervorzubringen vermögen, ihre große Impression auf die Gemüther bildsamer Sprößlinge nicht verfehlen wird. – Schlimmer, ja ganz unverzeilich ist aber die Art, wie unsere so verdienstvolle Madam Stich in der erwähnten Rezension bespöttelt wird. Aus reiner Gefälligkeit hat die so allgemein beliebte Frau sich zum Singen und Springen verstanden; eine Künstlerin die das tragische Musenkind selbst ist, bedarf dessen nicht zur Vermehrung ihres Ruhms und wenn sie beides recht schlecht macht, so beweist das nur noch mehr ihren entschiedenen Beruf zum Höheren. Bitter, sehr bitter ist die bei den Haaren herbeigezogene Vergleichung ihres Gesanges mit dem Gesange der seeligen Madame Bethmann, und die verstorbene Künstlerin würde es dem Herrn Verfasser schlecht danken, könnte sie wissen, daß derselbe ihr keine Ruhe im Grabe läßt, sondern ihren Namen, ihr großes Talent dazu mißbraucht, lebende hochgeachtete Künstlerinnen zu verspotten.

Soll das der Madame Wolff gespendete Lob auch Ironie seyn, so ist dieselbe schlecht angebracht, da Madame Wolff die mit entschiedener anspruchsloser Entsagung übernommene Rolle der alten Zigeunerin vortrefflich darstellt, so daß man fürs Künftige vielleicht nur etwas weniger Zauberflöte und etwas mehr Besenstiel wünschen möchte.

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Ueberhaupt wurde bis jetzt vortrefflich gespielt, und nur ein einziger glücklicher Gedanke des Dichters ging durch die Mattigkeit der Darstellung verloren.

Ein glücklicher Gedanke ist es nämlich, auf der Bühne selbst ein Publikum anzubringen, das durch fleißiges Bravorufen und Klatschen den Affekt der Belustigung und des Beifalls nachahmt, um nach den Regeln der Schauspielkunst einen gleichen Affekt in den Zuschauern unten hervorzubringen. Daß dies aber durchaus nicht gelingen wollte, konnte eben nur an der Darstellung liegen.

Ist nun endlich auch, wie gesagt, das Drama: Preciosa, als solches bedeutend mißrathen, so zeigt sich doch das richtige Gefühl, der feine Takt des Dichters auch darin, daß in den Momenten, wo der Geist der Ueberdrusses und der Langeweile übermächtig zu werden und alles zu zerstören droht, sich auch gleich die beschwichtigenden Trommeln, Pfeifen und Glocken der Zigeuner vernehmen lassen, vor denen der dem dichterischen Dintenfaß entstiegene schwarz gefiederte Dämon dann wenigstens auf eine Zeitlang sich zurückziehen muß.

D – – – s.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Amiryan-Stein, Aida

Überlieferung

  • Textzeuge: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 40 (5. April 1821)

Textkonstitution

  • „nur“unsichere Lesung

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