Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater, 21. August 1819: „Macbeth“ von Schiller (Teil 2 von 2)

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Macbeth.

(Beschluß.)

Man hat gesagt, die berühmte Nachtwandler-Szene könne so gar nicht eintreten, wenn sie nicht in den vorigen Akten durch das stärkere Bezeichnen der erwachenden Gewissensbisse vorbereitet sey. Allein man vergaß, daß zwischen der letzten Unterredung im 3ten Akte und diesem grausenden Nachtsücke Monate verflossen seyn müssen. Was liegt da alles dazwischen! Die Szene selbst am Schluß verlor dießmal dadurch, daß das Licht, was sie trägt, dießmal weit kleiner war und das Gesicht der Nachtwandlerin weit weniger beleuchtete. Das unbewegliche Starren der weit offenen Augen und das Feststehn aller Gesichtsmuskeln erinnert an das Strozzische Medusenhaupt. Sie reibt sich die Hände stark und unausgesetzt bis zum grausenden Erseufzen. Die Stimme biegungslos starr, aber genau artikulirend, malt mehr, als jede Geberde, die furchtbare Zerstörung, die Hölle im Innern. Es ist schon früher bemerkt worden, daß im englischen Original das Oh, welches die Spitze in dieser Szene macht, dreimal steht. Der alle Zuschauer durchrieselnde Frostschauer, womit die Künstlerin das zweite Oh hervorführte, hätte durch ein drittes, nur nachhauchendes Oh gewiß erst seine Vollendung erhalten. Doch dieß hängt einzig vom Augenblicke ab und kann ohne Pedanterei nicht vorgeschrieben werden. Der Künstlerin letzter Angstruf: „zu Bette, zu Bette!“ hat stets die lauteste Bewunderung erweckt. Unserer Ueberzeugung nach muß es die ersten zweimal ganz aus der Mensur rascher gesprochen und mit einer schnellern Fortbewegung begleitet werden. Dieß verträgt sich gar wohl mit dem Ende des Nachtwandelns. Mad. Schröder thut es nicht. Aber wie sie mit den zwei letzten, tief sinkenden „zu Bett, zu Bett!“ forthuschte, wird uns stets vor Augen bleiben.

Möge keiner der braven Mitspielenden, selbst der trefflich dargestellte Banquo, uns zürnen, wenn wir heute von ihrem Spiele ganz schweigen. Der Raum gestattet weitere Ausführung nicht. – Es ist neuerlich in England darauf gedrungen worden, daß Banquo’s Geist so wenig sichtbar den Zuschauern seyn müsse, als der Dolch, der den Macbeth zur Kammer leitet. Die Sache hat ihre Richtigkeit. Allein alles kommt darauf an, wie Macbeth gespielt wird. Nur die aufgeregteste Fantasie und Kunstfülle des Schauspielers, der den blutigen Lockenschüttler allein mit geistiger Intuition erblickt, kann hier entscheiden.

Böttiger.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Macbeth“ von Schiller (Teil 2 von 2)

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 212 (4. September 1819), Bl. 2v

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