Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 27. Februar 1817

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Am 27. Februar: Heinrich von Anjou, Trauerspiel in 5 Aufzügen. Das Stück hatte früher, und mit Recht durch einzelne tragische Situationen, vorzüglich aber durch das Aufgebot der ausgezeichnetsten Talente unserer Bühne gefallen. Der Verfasser, Johann B. von Zahlhas, sicherem Benehmen zu Folge jetzt für die Leipziger Bühne gewonnen, vermochte nicht Herr des hochtragischen Stoffes zu werden, berechtigt aber doch durch diesen Erstling zu großen Erwartungen. Das unglaublichste im ganzen Stücke, der Glaube Bianka’s an die Untreue Heinrichs, erscheint durchaus als ein Donnerschlag am heitern Himmel. Auch ist der ganze vierte Akt ein fortrollendes Donnerwetter im eigentlichen Sinne, was aber bei der hiesigen Vorstellung sehr verständig bis auf ein Paar Schläge beschwichtigt ist. Alles was bei einer frühern Vorstellung zum Lobe der Künstler, die sich zu seiner Darstellung vereinigen, bemerkt worden ist, galt dießmal auch. Vieles erschien sogar noch gerundeter und mehr aus einem Guß. Wenn Hr. Hellwig, als Anjou auch dießmal mehr Gewicht auf die Ausbrüche des stolzen Königsgefühls als der Zärtlichkeit legt, so sprach dieß ohnstreitig sein eignes Gefühl mehr an und wird durch mehrere Stellen im Stücke selbst hinlänglich motivirt. Der alte, mit dem Staate zusammengewachsene, diesem selbst die innere Stimme und seine Tochter hingebende Kanzler Siffredi ward durch Herrn Burmeister so gut gespielt, daß manches Unnatürliche im Benehmen der Bianka selbst dadurch in Schatten trat. In dergleichen Rollen erprobt dieser Künstler eine wahrhaft preiswürdige Angemessenheit. Herr Kanow sprach diesmal die leicht ans Vorlaute streifenden Worte: „es wurde nicht dabei getanzt, mein Fräulein“, mit der feinsten Berücksichtigung des Schicklichen. Mit lautem Beifall wurde Herr Julius, als der schwarze Dämon des Stücks, in seiner furchtbaren Gediegenheit, Dem. Schubert, als Prinzessin Constanze, in ihrer frommen und doch würdevollen Weichheit und Engelgüte, die sie mit gewinnendem Mienenspiel geltend zu machen wußte, aufgenommen. Mad. Schirmer endlich, als Bianka, steigerte in den letzten zwei Akten, wo sie eigentlich allein zu spielen hat, die steigenden Affecte noch tragischer und malte den gräßlichen Kampf, der da, wo sie (höchstbedeutend) auf die Knie fällt, (sie that dies bei der ersten Vorstellung nicht, allein sie will ja ins Kloster gehn) und ausruft: „o Himmelskönigin, beschütze mich!“ seine Spitze erreicht hat, mit noch höherer Kunst aus.

B.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbericht Dresden: „Heinrich von Anjou“ von J. B. Zahlhas am 27. 2. 1817

Entstehung

vor 7. März 1817

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 57 (7. März 1817), Bl. 2v

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