Franz Brandstäter to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Danzig, Monday, January 6, 1879

Back

Show markers in text

Absolute Chronology

Preceding

Following


Direct Context

Preceding

Following

Sehr geehrter Herr!

Sonst bin ich mit Beantwortung von Briefen nicht allzu säumig; doch dieses mal hoffe ich entschuldigt zu sein durch die lange entsetzliche Krankheit einer sehr liebenswürdigen u. innigst geliebten Gattin* u. durch deren Jahre lang vorauszusehenen u. doch immerhin schmerzlichen Hingang, so wie durch ein sich daran schließendes nicht unbedenkliches Leiden meiner geliebten Tochter*. Also – Nachsicht! – Uebrigens hätte mein früheres Antworten Ihnen auch wenig oder nichts helfen können, da ich fast nur Negatives zu sagen habe.

Die mir vorliegende Partitur des „Freyschützen“ besteht aus 3 Bänden, mit nachlässig geschriebenem Texte; die Nachlässigkeit zeigt sich schon darin, daß sie bezeichnet sind 1. Act, 2. Act, 4. Act; der dritte (Wolfsschl.) steckt ohne weiteres mit im zweiten. Uebrigens scheint hier die Viertheilung der Oper beliebt gewesen zu sein, während sie sonst doch wohl meistens | dreiaktig heißt. Ueber die Zeit der Abschrift der etwanigen Einsendung von Dresden p. ist kein Vermerk darin, nicht einmal die Jahreszahl. Nur ist auf der letzten Seite zu dem Largo des Finales noch eine kleine Ergänzung Trombe u Timpani hinzugefügt, über deren Ursprung ich auch nichts zu sagen weiß.

Aennchens Romanze vom Kettenhunde u die darauf folgende Arie „Trübe Augen“ p stehn in dieser Partitur mit den andern Nummern ohne jede Bemerkung in Reih’ u. Glied.

Die 10 Verse des Eremiten „Leicht kann“ p., die sonst in den Clav. Auszügen, z. B. dem Holleschen stehen, aber recht gut wegbleiben können, fehlen in der Danz. Partitur.

Was endlich Edm. v Weber betrifft, so habe ich lange nichts Sicheres ermitteln können. (Sollte sich in C. M. Webers Biogr von seinem Sohne verfaßt, nichts darüber vorfinden? Auf den Theaterzetteln sind die Kapellmeister nicht zu finden.) Endlich finde ich auf dem entsprechenden Zettel, daß der Kapellmeister v. Weber (ohne Vornamen) zu seinem Benefize am 22 Apr. 1822 Fanchon gegeben hat, derselbe also doch, welcher Preciosa u. 31. Mz Freischütz zuerst hier zur Aufführung | brachte. Ob es Edmund war, oder etwa sein anderer Bruder Fritz, oder noch ein anderer W., vermag ich nicht zu bestimmen.

Nehmen Sie dieses Wenige als Beweis meines guten Willens. Mit vollkommenster Hochachtung
Ihr
ergebenster
Prof. Brandstäter,

Ueber die 100ste Aufführung des Fr. am 18. Dec. 1843 (u. die 101ste am 27sten) giebt das „Danziger Dampfboot“ 1843 No. 1206, u. No. 1228 Näheres; sie war eine würdige u. begeisterte, Ausstattung u. Costüme neu. Genée wollte wieder den Caspar singen, wie 1822, jedoch eine andauernde Indisposition hinderte es. Voran ging die (wohl nicht so recht passende) Jubel Ouv. u. das Festspiel von Harald v Brackel. Besetzung:

1822: 1843:
Ottokar: Hr. Adam. Hr. Duban (1ster Tenor)
Cuno: Bachmann. Fritze.
Agathe: Md Adam. Frl. Meyer.
Aennchen: Johst Kirchner.
Caspar: Hr. Genée. Hr. Bock.
Max: Rohloff. Janson.
Eremit: Rennert. Geisheim.
Kilian: Jost. v Carlsberg.

Editorial

Summary

teilt mit, dass die ihm vorliegende Partitur-Abschrift des Freischütz nicht zu datieren ist, sie ist 4-aktig angelegt; Ännchens Romanze ist in den Text aufgenommen, die 10 Verse des Eremiten, die z. B. im Holleschen Klavierauszug stehen, fehlen in der Danziger Partitur; über Edmund von Weber hat er nichts Sicheres ermitteln können, nur dass es einen Nachweis gibt, dass ein Kapellmeister v. Weber (ohne Vornamen) am 22. April 1822 Fanchon zu seinem Benefiz gegeben habe, derselbe der Preciosa u. Freischütz am 31. Mai 1822 zur Aufführung gebracht hat; über die 100. Aufführung des Freischütz am 18. Dez. 1843 gibt das Danziger Dampfboot 1843 Nr. 1206 u. 1228 Auskunft; gibt die Besetzung der Aufführungen von 1822 und 1843 am Schluss an

Incipit

Sonst bin ich mit Beantwortung von Briefen nicht allzu säumig

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. V (Mappe XIX), Abt. 5 A, Nr. 43b

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

  • “lange”added above
  • “31. Mz”added in the margin
  • “h”crossed out

Commentary

  • “… liebenswürdigen u. innigst geliebten Gattin”Emilie Amalie Natalie Brandstäter, geb. Jourdan.
  • “… unbedenkliches Leiden meiner geliebten Tochter”Tochter Franziska Emilie Brandstäter (geb. 1845) hatte am 16. Juni 1869 den Danziger Kaufmann Hermann Carl Alexander Claassen (1843–1918) geheiratet.

    XML

    If you've spotted some error or inaccurateness please do not hesitate to inform us via bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.