Caroline Pruckner an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Wien, Freitag, 13. Mai 1870

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Hochgeehrter Herr
Jähns

Mille pardon erst heute Ihre lieben freundlichen Zeilen beantwortet zu haben. Allein selbe kamen gerade am Vorabend meines großen alljährlichen Prufungs-Concert*, welches wie Sie vielleicht gelesen haben glänzend ausfiel. Gleich nach dem Concert wurde ich unwohl mußte das Bett hüten und bin selbst jetzt noch recht matt u übermüdet. Doch zur Beantwortung Ihres Wunsches | ich mich heute auch noch kurz faßen muß. Ich habe weder meinen alten Freund, noch seine lieben Lieder vergeßen u auch die zweifelhafte liebliche Arie* recht fleißig gesungen u singen laßen. Die Enkelin Weigl Frl Schmiedler* d. Z. in Königsberg als Soubrette ist mir nicht befreundet wir stehen uns auch nicht in gesellschaftlicher Stellung nahe. Vielleicht wenn Sie sich direct an sie nach Königsberg wenden würden. Ich unterrichte auch eine Enkelin Weigl’s die Tochter vom General | Weigl. Die Familie ist jedoch augenblicklich nicht zu sprechen indem das junge Mädchen am Scharlach krank liegt. Ich mach Ihnen jedoch einen Vorschlag. Ich werde Professor Hanslick ersuchen u Graf Laurencin wird nach Prag an Dr Ambros Compositeur Schachner u Laurencin welche bei Empfang Ihres lieben Briefes zugegen waren durchlasen die Arie, u Laurencin behauptete der Begleitung nach, sie könne nicht von Weber sein.

Glauben Sie dass sich an der Wiener Oper etwas verschaffen | lies so ich HofKapellmeister Herbek. Disponiren Sie daher ganz üb Ihre Sie in recht freundlicher u warmer Erinnerung habende Pruckner 13

Bald hätte ich sie in persona überrascht u Ihnen in meiner Schülerin eine recht liebliche Agathe gebracht Frl Czanyi* sollte das Glück haben an der Berliner Oper zu singen – allein Meister Herbek hörte sie u befielt mit seinem Zauberstab

Editorial

Summary

bezüglich der zweifelhaften Arie (Einlage zu Fischers Verwandlungen) teilt sie mit, dass sie zu Weigls Enkelin Frl. Schmidtler (derzeit als Soubrette in Königsberg) keinen persönlichen Kontakt habe; sie unterrichte gerade eine andere Enkelin Weigls (Tochter des Generals Weigl), die aber an Scharlach erkrankt sei; wird sich mit Prof. Hanslick in Verbindung setzen, Graf Ferdinand Laurencin wird an Ambros nach Prag schreiben; Laurencin und Josef Rudolf Schachner haben die Arie durchgesehen und Laurencin glaubt nicht an Weber als Komponisten

General Remark

C. Pruckners Briefe vom 23. und 24. Juni 1870 sind lediglich mit „23“ bzw. „24.“ datiert, Jähns ergänzte zur Verdeutlichung Monat und Jahr. Entsprechend ist auch im vorliegenden Fall der aus dem Mai 1870 stammende, mit „13“ bezeichnete Brief zu datieren; diese Zuordnung korrespondiert mit der Beilage, dem Konzertprogramm vom 30. April 1870.

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 520

    Physical Description

    • 2 DBl. (6 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

  • “auch”added inline
  • “… Oper etwas verschaffen lies so”unleserliches Wort

Commentary

  • Prufungsrecte “Prüfungs”.
  • “… großen alljährlichen Prufungs - Concert”Beiliegend das gedruckte Programm zu Caroline Pruckners Konzert am 30. April 1870 im kleinen Saal der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien mit handschriftlichen Annotationen.
  • “… auch die zweifelhafte liebliche Arie”Jähns vermutete fälschlich, J. Weigl sei der Autor der Arie „Ihr holden Blumen“, die Weber als Einlage in die Oper Die Verwandlungen arrangiert hatte. Zur Klärung der Autorschaft hatte Jähns sich an C. Pruckner gewendet.
  • “… Die Enkelin Weigl Frl Schmiedler”Anna Schmidtler, zuvor als Sängerin in Wien tätig.
  • übabbreviation of “über”.
  • “… liebliche Agathe gebracht Frl Czanyi”Cornelia von Czányi (später Schmitt-Czányi, 1853‒1906), laut beiliegendem Programm seit drei Jahren Schülerin von C. Pruckner.

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