Aufführungsbesprechung Dresden, königliches Theater: “König Yngurd” von Adolf Müllner am 14. April 1817
Korrespondenz und Notizen.
Aus Dresden, den 15. April.König Yngurd ist gestern zum ersten Mal in ununterbrochener Gegenwart Sr. Maj. des Königs und des königlichen Hofes aufgeführt worden, und zwar nicht, wie es Anfangs hieß, in zwei Abende zerspellt, sondern ungetheilt, obwohl die Vorstellung von 6 bis nach 10 Uhr dauerte. Sie war von Seiten der Intendanz und der Schauspieler eine sehr preiswürdige Leistung. Die größte Wirkung machten: die Scenen, wo Yngurd (Helwig) betet, und dann den Satan herauf beschwört, ihm statt des sich von ihm wendenden Himmels beizustehn; der Auftritt zwischen Oskar (Mad. Schirmer) und Marduff (Hr. Schirmer) in der alten Burg (ein Ton des Schreckens, der im entscheidenden Augenblicke aus dem Parterre hervor die Todtenstille des Hauses unterbrach, ließ über die Stärke, womit das Künstlerpaar wirkte, keinen Zweifel), und endlich der Ausbruch des Wahnwitzes an der Brunhilde (Mad. Hartwig), der es vollkommen gelang, den Haß, den ihre frühere Teufeleien erregten, in Mitleid mit der, bis zur Geisteszerrüttung gepeinigten Mutterliebe aufzulösen. Die Nebenrollen sind meist glücklich besetzt. Ritter Jarl (Hr. Julius) und Fischer Knaut (Hr. Haffner) zeichneten sich in den ihrigen auf das erfreulichste aus; der edle Nös (Hr. Burmeister) und der feurige Durdal (Hr. Kanow) griffen brav in das Ganze ein. Doch würde Gyldenbrog vielleicht eher Hrn. Geyer zugesagt haben. Der König Alf*, so angenehm seine äußere Erscheinung ins Auge fällt, wird wohl thun, wenn er in Zukunft während des Spiels dieser Rolle sich dasjenige stets gegenwärtig erhält, was Yngurd gegen das Ende ihm zu sagen hat:
Du Glücklicher, der Herrscher ward genanntAls er die Welt mit Weinen kaum begrüßt!Du bist so menschlich-königlich gesinnt,Du bist so Ein’s mit Deiner Fürstenwürde,Und trägst so leicht der Herrschaft schwere Bürde,Daß ich sie legen möcht’ in Deine Hand,Wär Irma nicht mein Weib und Ottfrieds Kind.Ein Erbkönig, zu welchem der Heldenkönig sprechen kann: „Gering geachtet hab’ ich Euch; ich bin klein neben Euch,“ will ein wenig tiefer gegriffen seyn, als ein Hurlebusch. Diese Bemerkung stehe hier blos zu seiner Prüfung, daher denn auch Ref. ihn hier nicht nennt, um bei dem großen Lesepublikum kein nachtheiliges Vorurtheil an dessen Namen zu knüpfen. Es mag ein Fehler des Dichters seyn, daß er dem, was bös am Helden ist, keine ästhetische Größe (dem Hugo keine Jerta) gegenüber gestellt hat; aber um so weniger darf der Darsteller aus der Rolle eine theatralische Geringfügigkeit machen; um so weniger darf er es dem ritterlichen Fürsten an moralischer Würde fehlen lassen.
In der hiesigen Abendzeitung wurde kurz vor der Aufführung ein vorbereitender Aufsatz (von Böttiger) über das Stück abgedruckt. Die Theaterregie war darüber sehr aufgebracht, sprach von Verrath des Inhalts, und von Schaden für die Kasse; aber der Erfolg hat diese Besorgnisse nicht bestätigt, denn der Andrang des Publikums war so, daß, um nur die erste Neugier zu befriedigen, eine baldige Wiederholung nöthig, und dem Vernehmen nach für dem 20sten d. M. angesetzt ist. Daß man, um denen gefällig zu seyn, die gern nach der Uhr soupiren, noch mehr kürze, ist nicht zu wünschen. Eher möchte man – wenn erst das Stück gedruckt, gelesen und den Zuschauern gefüge worden ist – des Verfassers Theilungsprojekt ausführen, dann aber buchstäblich nach dem gedruckten Exemplar spielen.
Hr. Wohlbrück, dessen Spiel hier zahlreiche Freunde gefunden hat, wird in einigen Tagen in Parteienwuth den Cote geben.
Editorial
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Amiryan-Stein, Aida
Tradition
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Text Source: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 17, Nr. 81 (26. April 1817), col. 663