## Title: Aufführungsbesprechung Berlin, Opernhaus: “König Yngurd” von Adolf Müllner am 9. Juni 1817 ## Author: E. ## Version: 4.12.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A033408 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Am 9. Juni, zum ersten Mal aufgeführt: König Yngurd, Trauerspiel in 4 Abtheilungen, von A. Müllner. Die zur Handlung gehörige Musik ist von Karl Maria von Weber.Ein großer Ruf war diesem Trauerspiele vorangegangen und hatte eine Erwartung begründet, welche bei den Freunden der dramatischen Werke größeren Stils wohl nicht höher gespannt werden konnte. Wie viel hatte der Dichter nicht in der Schuld geleistet! Wie fähig zeigte er sich im Erfinden überwältigender tragischer Momente! Wie reich an gewichtvollen poetischen Gedanken! Wie gewandt und melodisch in Vers und Sprache! Was durfte man also von einem Dichter erwarten, von welchem man überdies vernahm, wie viel Fleiß er besonders auf dieses Trauerspiel verwandt, wie sorgsam und besonnen er jedes Einzelne ausgefeilt und geglättet hätte! […] | […] | […] | […]Was die Aufführung dieses Trauerspiels auf der berlinischen Bühne betrifft, so verdient die Oberbehörde derselben den Dank aller Freunde der höheren Tragödie, wegen der gewissenhaften Sorgsamkeit und Besonnenheit, mit welcher die einzelnen Rollen besetzt waren, wegen der ganzen äußern Schmucks, mit welchem man die Bühne durch angemessene Szenerei und die auftretenden Schauspieler durch charakteristische Kleidung und Bewaffnung ausgerüstet hatte. Auch haben die letzteren alle ihre Talente aufgeboren, um eine Darstellung im höheren Stil zu leisten, zur Ehre ihrer Bühne, der man seit einiger Zeit in auswärtigen Zeit- und Flugschriften fast alle Fähigkeit zur Tragödie recht geflissentlich hat absprechen wollen. Mehrere Kunstfreunde gestanden es sich freudig überrascht, daß | Hr. Lemm als Yngurd ihre Erwartungen übertroffen habe, daß sie ihn früher nie ähnlich in so heroisch-tragischen Rolle sahen und daß sie jetzt, seitdem sie ihn als Yngurd gesehen, nicht daran zweifeln könnten, es werde ihm Makbeth und Philipp II. vielleicht Wallenstein gelingen. Wir hörten eine so donnernde Gewalt der Rede, wie sahen ein so schauerliches Minenspiel seine Worte begleiten, daß wie es fühlten, er habe die Gewalt, das Schrecken und das Entsetzen über die staunenden Hörer auszugießen. Nächst dem Herrn Lemm verdienen die drei Frauen, Fr. Devrient als Irma, Fr. Wolf als Brunhilde, Fr. Stich als Prinz Oskar unseren Dank. Das Spiel der Frau Wolf war in allen seinen Theilen, besonders aber in der Wahnsinnsscene, so großartig und künstlerisch durchdacht, daß es eine genauere Entwickelung verdiente und belohnen würde. Frau Stich als Oskar lösete eine vielleicht nicht minder schwere Ausgabe, nicht nur die, einen Jüngling zu spielen, sondern gerade einen solchen, welcher in seinem innersten Wesen tiefer als gewöhnlich erfaßt seyn will. Allein die engen Grenzen des Raums, welcher uns weiter über diese Rollen zu verbreiten. Wir freuen uns, unsere Bühne mit einem solchen Stücke bereichert zu sehen, dessen öftere Darstellung durch die Ansprüche, die es an Publikum und Schauspieler macht, beide nöthigt, mit mehr als gewöhnlicher Stimmung vor und auf die Bühne zu treten. #lb#E.