Besprechung von Webers Konzert in Leipzig am 1. Januar 1813
Nachrichten.
Leipzig.
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Das zwölfte Concert, am Neujahrstage, wurde mit der Cantate eröffnet, deren Text wir diesem Berichte vorgesetzt haben*. Sie ist von Rochlitz gedichtet, u. von Carl Maria v. Weber in Musik gesetzt – welcher, eben gegenwärtig, sie selbst aufführte. Das Werk ist noch gar nicht weiter bekannt, und ganz gewiss eine der würdigsten Arbeiten dieses Meisters; es schien auch auf das überaus zahlreiche Auditorium einen tiefen Eindruck zu machen. Das Ganze war vom Hrn. von W. sehr ernst und feyerlich aufgefasst, und die Ausführung des Einzelnen, bey möglichster Einfalt, mit viel Geist, Kunst und Sorgfalt vollendet, dass jedes Wort, ästhetisch und technisch, sein Recht erhalten hatte. Bis zur letzten Wiederholung der Stelle: In seiner Ordnung schafft der Herr – war ¦ alles in einen einfachen, höchst würdigen Chor, mit einzelnen Solostellen, zusammengefasst. Ohne Verzögern, oder gar Ausmalen der Einzelheiten, enthält dieser Chor nur das Nothwendige: dies aber auf die bestimmteste, treueste und eindringendste Weise. Unerachtet hier eben in der festen Haltung des Ganzen der Hauptvorzug liegt, können wir uns doch nicht versagen, noch besonders auf die meisterhaften Stellen: Wenn er es ruft, kann es verweilen* – und: Die Liebe siegt*– aufmerksam zu machen. „So schwebt“ – bis: „siegen und bestehn“ – ist als Basssrecitativ einfach und ernst, zu tiefer Wirkung ausgeführt. Auf eine ganz eigenthümliche und treffende Weise hat der Componist, die bängliche Stimmung auszudrücken, das Violoncell, während die andern Saiteninstrumente nur die Accorde leise halten, sich in düstern Wendungen figurirt bewegen lassen. Der Schluss bricht ganz unerwartet ab, und vier Solostimmen, ohne Begleitung, ausser der, eines Basses, singen leise die Strophe: Drum lerne – bis: Und deine Welt – nach der Choralmelodie: Befiehl du deine Wege –, in die alte Kirchentonart zurück versetzt. Die Wirkung davon, und besonders beym Eintritt, ist unwiderstehlich. Nun hebt, mit den Worten: Gelobt sey Gott – der grosse Schlusschor, in bedeutenden Noten und langen Accenten (die später in die Fuge verwebt sind) an, und jetzt erst treten allmählig alle Instrumente des Orchesters zusammen, bis mit den Worten: Im Wettersturm – die herrliche Fuge beginnt*, mit reicher Kunst und bewundernswürdiger Kraft durchgeführt wird, und mit immer steigender Gewalt in einem freyen, glänzenden, wahrhaft jubelvollen Schluss sich endiget. – Der Chor sang, und das Orchester spielte, durch das ganze Stück, musterhaft: an beyden war nicht nur der beste Wille, sondern wahrer Enthusiasmus für die Sache, nicht zu verkennen. – Dann spielte Hr. v. Weber ein von ihm erst jetzt vollendetes, noch ungedr. Pianoforteconcert, (Es dur, H dur Es dur,) und entzückte sowol durch die Composition, als durch sein Spiel, alle Anwesende. Nur um den Raum zu sparen, und da doch wol dies Meisterwerk bald gestochen erscheinen wird, begnügen wir uns mit dem allgemeinen Urtheil, dass so viel Originalität der Ideen ohne alle Bizarrerie und phantastische Ausschweifung, so viel gründliche Kunst ohne alle wirkungslose Künsteley oder Schwerfa[e]lligkeit, so viel Feuer und Glanz bey so sprechen|den Melodien und zartem Ausdruck, und auch, bey solchem Reichthum ganz eigenthümlicher Instrumentirung so schöner Effect des Hauptinstruments – kaum in einigen wenigen Werken dieser Art von andern Meistern also verbunden angetroffen werden. Jedermann setzt dies Conc., und vorzüglich seinen zweiten u. dritten Satz, schlechterdings unter das Herrlichste, was die neueste Instrumentalmusik aufzuweisen hat; und dass Hr. v. W. unter den ersten Klavierspielern glänzt, ist bekannt. – Der zweyte Theil enthielt Beethovens rühmlichst bekannte Ouvertüre zum Coriolan, eine schöne Arie aus Righini’s Enea nel Lazio, (Rasserena i vaghi rai –) von Hrn. Jul. Miller trefflich gesungen, und das grosse, beliebte Quartett: Falisce in ogni impresa – aus desselben Meisters Gerusalemme liberata, durchaus brav ausgeführt.
Editorial
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Ziegler, Frank
Tradition
-
Text Source: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 15, Nr. 2 (13. Januar 1813), col. 25–33