## Title: Aufführungsbesprechung Dessau, Cöthen'sche Hofschauspielertruppe: 7. Januar 1824 (darunter Preciosa) ## Author: ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031503 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Aus Dessau.Die dießmaligen Wintervorstellungen hieselbst wurden am 7. Jan. d. J. von der herzogt. Cöthen'schen Hofschauspielertruppe, unter Intendanz und Führung des herzogl. Kammerherrn, Baron v. Heyden-Linden mit Preciosa und einem vom Reg. R. Plümicke gedichteten und von Dlle. Lange mit Gefühl und Anstand gesprochenen Prolog eröffnet. Der dieser Gesellschaft vorausgegangene Ruf einer vorzüglichen Organisation, besonders was die Leistungen der Oper betrifft, hat sich im Laufe der bisherigen Vorstellungen auf so ehrenvolle Art bestätiget, daß wir uns fest überzeugt halten dürfen, es werde schwerlich eine zweite reisende Gesellschaft, was den Gesang betrifft, in Absicht mehrseitiger Virtuosität es mit der unsrigen aufnehmen, was wir dem Kunsteifer des Herrn Unternehmers verdanken, der zu seinem Zweck auch die wichtigsten Aufopferungen nicht abschreckend fand. Wir besitzen einen Toussaint d. Erst. und Urspruch, beide als geschickte Baß- und Tenorsänger rühmlich bekannt, desgleichen Döbbelin d. Erst. nebst Frau, die Damen Döbbelin-Eckner und Urspruch, denen sich auch Dlle. Lange anschließt, deren schon bethätigtes Talent bei fernerem Kunstbestreben noch zu sehr freudenvollen Erwartungen berechtigt. In der heutigen Vorstellung ward die Erwartung vorzüglich auf Preciosa un den alten Schloßvogt gerichtet, deren Rollen, wenn sie anders richtig gegriffen werden, ihrer Individualität nach, jedesmal zu den dankbaren gehören; nur heute, wo die Freiheit des Spiels vor einem fremden Publikum beengt und durch zurückgebliebene frühere Eindrücke erschwert ward, schien der Erfolg den Erwartungen nicht überall zu entsprechen. Der erste Eindruck von Rollen gemüthlicher Art, die, wie Preciosa, an's Romantische streifen, ist überhaupt schwer zu entkräften. Das von den Zigeunern selbst gefeierte Mädchen hat, wie man annehmen muß, Gelegenheit gefunden, bei den vielen Umherzügen ihre Kunsttalente für Gesang und Tanz auszubilden. So weit bleibt alles in der Regel, und jede Künstlerin thut wohl, sich beides in gleichem Maße möglichst anzueignen. Dagegen aber gränzt es an hohe Unnatur, wenn, wie bei der frühern Aufführung, angenommen werden sollte, jene Bildung dergestalt zu Ueberbildung geworden, daß sie sich es sogar beigehen lassen darf, zuletzt noch eine italiänische Bravourarie einzulegen. […]