## Title: Korrespondenzbericht aus Berlin, 9. Juni 1824, darunter zur Euryanthe ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031427 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Korrespondenz und Notizen.Aus Berlin, den 9. Juni.[…] Da wir uns nur selten über Opern und Opernharmonie ein Urtheil anmaßen, so finden wir uns noch viel weniger berufen, über Operndisharmonie – wie sie leider bei uns eingetreten ist – einen kompetenten Spruch zu fällen. Wir referiren blos historisch, was hier vorgeht und der Nachhall der allgemeinen öffentlichen Meinung ist. Längst von allen Seiten mit Klagen bestürmt, daß nur Spontinische Oper, und zwar immer nur dieselben, gegeben und wiederholt werden, hatte die General-Intendantur Einwendungen gegen diese lästige und den Geschmack des Publikums unzart verletzende Einseitigkeit gemacht, welche aber unberücksichtigt blieben. Dazu kam eine auffallend undeutsche Ungerechtigkeit gegen deutsche Komponisten, alte und neue, todte und lebende, und unter den Lebenden besonders gegen den werthvollen, genialen Maria v. Weber, dessen Freischütz in den engen Raum des Schauspielhauses gebannt wurde, da derselbe, wenn dessen 60 und etliche Vorstellungen, die nicht, wie andere, dem Publikum aufgedrungen, sondern vom Publikum einstimmig gewünscht und verlangt wurden, im Opernhause gegeben worden wären der Kasse ein Drittel mehr (bei selbst nicht so hohen Preisen) eingebracht haben würde. Weber’s Euryanthe ward vom Komponisten Hrn. Spontini angeboten, aber nicht angenommen, wie dieses aus der Korrespondenz beider Herren erhellt, die in ein gelesenes auswärtiges Blatt niedergelegt worden, welches überhaupt die ganze Sache und den Gang derselben zur Sprache bringt. Wenn dieses gelesene Blatt nur in Berlin gelesen werden könnte! So aber ist es aus den Klubbs, Kaffee und andern öffentlichen Häusern, auch aus den Lesezirkeln, mehrentheils verschwunden, aus den Heften – ausgeschnitten und nur in Abschriften noch vorräthig. Schon früher waren alle mißbilligende, tadelnde Anzeigen und Urtheile der Olimpia von hiesigen Zeitungen abgewiesen und nur die belobenden aufgenommen worden, deren manche durch 10 – 12 Blätter fortschritten, noch ganz naß aus der Druckerei ins Französische übersetzt und nach Paris geschickt wurden, um den dortigen Nichtkennern und Blinden den Staar zu stechen. Endlich aber (und wer sieht hier nicht eine andre Verblendung, oder vielmehr eine mehr als zufällige Schickung und Leitung der Nemesis?), endlich wurden dieselben Zeitungen, welche so angelegentlich und feurig für Spontini’s Olympischen Ruhm bisher gesorgt hatten, ein Tummelplatz, auf welchen eben dieser Sp. das Publikum zum Richter berief, auf welchem er selbst mit Entschuldigungen und Beschuldigungen, mit Betheurungen von Unparteilichkeit und mit der Anzeige und den Titeln von 11 (schreibe eilf) kurz hintereinander zu gebenden Opern auftrat und Hrn. Weber öffentlich seiner ausgezeichneten Achtung und seiner Wohlgewogenheit versicherte. Er hätte gern durch diesen Schritt die Schuld von sich auf einen Andern hinge wälzt, wenn sich nur das Berliner Publikum hätte überreden lassen wollen. So steht nun die Sache, und wenn das Resultat zur O[e]ffentlichkeit gebracht wird, wie wir es Alle wünschen und hoffen, so werden wir nicht ermangeln, wie es auch immer ausfalle, es Ihnen mitzutheilen. Wie es auch immer ausfalle; – denn bliebe die Sache unentschieden; träte hier wieder ein Pause ein; ließe man wieder die Frage auf sich beruhen; käme es nicht zum Spruch; wäre diese Opernfehde, die so tief in den letzten Akt vorgerückt ist, nicht zum Schluß gebracht und zuletzt beklatscht oder ausgepfiffen ...... ja, dann würden auch wir schweigen müssen. (Die Fortsetzung folgt.)