Aufführungsbesprechung Düsseldorf und Elberfeld
Aus Düsseldorf und Elberfeld.
(Beschluß.)
[…] Unser Schauspiel hat durch den Abgang der Dem. Ahles einen wesentlichen Verlust erlitten. Ihre Stelle soll durch Mad. Mewius und Dem. Knoll ersetzt werden. Erstere sahen wir als Sappho, Elvira, Bianca della Porta, Gräfin Terzky, und sie hat sich als eine sinnige Künstlerin bewährt, die besonders im Hochtragischen glänzen kann; ihr Vortrag schein aber hin und wieder viel zu gedehnt und schleppend, was die Künstlerin sich nöthigerweise abgewöhnen muß. Dem. Knoll sahen wir als Hedwig. Sie spricht mit Dialekt, ihr Accentuirung ist durchaus falsch, ihr Spiel unvollkommen. Herr Wolf spielte den Rudolph wohl mit Anstrengung, aber ohne Wahrheit. Es ist ein Uebelstand bei diesem Künstler, daß er leidenschaftliche Gemüthsbewegungen gar zu schreiend darstellt, wodurch seine, bis zur Athemlosigkeit gesteigerte Stimme fast tonlos wird, und den Zuschauer befürchten läßt, er werde sich die Brust sprengen. Um Gefühl hervorzubringen, braucht man nicht zu schreien. Hr. Wolf wird gewiß als erfahrener Schauspieler unsere Ansicht theilen und anwenden. Den Koke, Wurm, Nachbar mit häuslichen Zwist und mehr dergl. Rollen spielt er indeß wahrhaft vortrefflich.
Herrn Melchior sahen wir als Hugo in der Schuld, Jaromir, Bayard, Otto von Wittelsbach. Er ist ein routinierter Darsteller, der die Neigung des Publikums verdient und sehr gefällt. Seine Figur ist für Helden ganz geeignet. Zu wünschen wäre, daß er etwas correcter spräche.
Herr Dessoir ist ein würdiger junger Künstler, der in der Reinheit des Ausdrucks und der richtigen Charakterzeichnung unser Lob verdient. Sein Spiel ist ruhig und überdacht, ohne Ueberladung und Effekthascherei. Besonders gereicht es im zur Ehre, daß er stets in den Grenzen der Natürlichkeit zu bleiben strebt. Beifallwürdig gab er den Marchese im Bilde, den Don Valeros, den Rhamnes, den Pastor Ehr¦mann im Kind der Liebe, den Ligny und Wallenstein, und wir haben alle Ursache, mit seinen Leistungen zufrieden zu seyn. Im Wallenstein nennen wir als gut gelungen, die Erzählung des Traums und die Scenen des 3ten und des letzten Akts, die er ganz im Geiste des Dichters in sich aufnahm. Hr. Dessoir muß indeß auch einige üble Gewohnheiten ablegen. Er geräth zuweilen, wenn er sich nicht bewacht, in eine stoßweise Declamation, die zu viel Härte in den Vortrag bringt, die Haltung seines Körpers und seine Kopfes ist zu gedrückt, und sein Auge schließt sich zu häufig.
Herr Braunhofen spielt mit Beifall den Spinarosa, den Ferdinand in Kabale und Liebe, den Phaon, und den Don Cäsar in der Donna Diana, und zeigte sich als geübter Schauspieler. Hier und da spricht er zu schnell und durch die Nase, auch die allzu gezierten Verkürzungen seiner Arme wären abzurathen. – Von den übrigen Mitgliedern ein andermal.
Schließlich bemerken wir noch, daß die Bühne mit Anfang September hier in Eberfeld eröffnet wurde, daß die Gesellschaft im Monat November nach Düsseldorf geht, und im Laufe des Winters abwechselnd dort und in Eberfeld spielen wird.
Editorial
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Dubke, Esther
Tradition
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Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 4 (5. Januar 1824), pp. 16