Aufführungsbesprechung Wien, Kärntnertor-Theater: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber, Ende 1821
Zeitung der Ereignisse und Ansichten.
Wien. „Der Freischütz“, Oper von Maria v. Weber, hat auch hier ausgezeichnetes Glück gemacht, nachdem man sich einigermaßen an die Musik – gewöhnte. Gewöhnte? Ja, ja! dem eben herrschenden Musik-Geschmack der Wiener – ich leugne bedeutende Ausnahmen keineswegs – sagte dieses trefliche Werk nicht sogleich zu. Es war anfangs mehr Respekt vor dem Componisten und vor der überaus glücklichen Aufnahme dieser Oper in Berlin, als das klare Bewußtseyn von der Vortreflichkeit des Werkes selbst, was den Antheil in etwas (unser Etwas in solchen Dingen ist schon ein tüchtiger Spektakel!) erregte; denn die Leute gingen heraus – schüttelten das Haupt und ließen es sich naiv genug merken: daß sie nicht wüßten, wo dem Dinge die Herrlichkeit säße. – Zuerst von den Veränderungen. Der Teufel darf bei uns nicht auf die Bühne, auch wenn er ein Incognito annimmt und etwa unter dem Namen „Samiel“ sich einschwärzen wollte; die höllische Majestät ist also hinter die Coulissen verwiesen. Geschossen darf auch nicht werden; unsere Damen haben so viel Anlage zur Ohnmacht, daß sie nicht leicht eine Gelegenheit dazu vorbei lassen. Man hat also Armbrust und Bolzen statt des Feuergewehrs benutzt, was vielleicht kein Nachtheil ist; denn je weiter dieser Stoff in die Vorwelt zurück tritt, je mehr gewinnt die Möglichkeit: daß an so etwas geglaubt wurde, Wahrscheinlichkeit. Nun gießt aber Caspar keine Kugeln, sondern nimmt Bolzen aus einem hohlen leuchtenden Baum. – Auch ein Eremit darf keine Gemeinschaft mit Schauspielern haben; darum wird Agathe ohne ihn gerettet und zwar durch die schützenden Rosen. Der Spuk im zweiten Akt war hier eben nicht besonders fürchterlich; man merkte es ordentlich, daß der Teufel wüthend war, nicht selber die Sache dirigiren zu können, und in die Taube am Schluß scheint er manchmal gefahren zu seyn, denn die giebt nichts auf die Bolzen und bleibt ruhig sitzen: sie ist wahrscheinlich auch verdrießlich, weil man sie nicht eines Schusses Pulver werth hält. – Die Aufführung war hinsichtlich der Sänger und Sängerinnen insofern gelungen zu nennen, als man die Besten nahm, die man hatte, und diese hinwiederum das Beste thaten, was sie konnten. Demois. Schröder (Tochter der berühmten Schröder, die nicht allein um das Einstudiren dieser Rolle, sondern des ganzen Stückes sich ein Verdienst erwarb) spielte als „Agathe“ recht hübsch, sieht noch hübscher aus und singt ganz leidlich, wird auch gewiß weitere Fortschritte machen. Hr. Rosner (Max) spielt nicht so gut, als er aussieht, und sieht eigentlich auch noch besser aus, als er singt. Hr. Forti (Caspar) entsprach seinem Namen nicht ganz, bemühte sich aber möglichst um die erforderliche Kraft und setzt es auch ein paar Mal recht ¦ glücklich durch. Demois. Demmer (Annchen) hat mehr Munterkeit als Stimme, genügt aber im Spiel. Hr. Gottdank (Kilian) besetzt seine Stelle. Von allen Genannten gefällt Demois. Schröder am meisten, und zwar mit Recht. Der Beifall ist übrigens mit den Vorstellungen sehr gestiegen und das günstige Urtheil immer ausgebreiteter und fester geworden. –
[…]
v–.
Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung Wien: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Mo, Ran
Tradition
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Text Source: Der Gesellschafter, Jg. 6, Nr. 3 (5. Januar 1822), pp. 12