## Title: Aufführungsbesprechung Hamburg: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber im Juli 1822 (Teil 2 von 2) ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030343 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ [Forts. (Teil 2 von 2)] Unverkennbar ist übrigens, daß Dem. Stenz auf eine bestimmte Gattung, des Gesanges sowohl, als der dramatischen Darstellung, ganz besonders angewiesen sey, und es gereicht ihr zum Lobe, daß sie sich streng in dieser Sphäre halten zu wollen scheint. Es ist nämlich vorzüglich das Naive, Leichte, Gefällige, Tändelnde, was ihr zusagt, dagegen überall, wo sie im Gesange an solche Stücke kommt, die schon etwas mehr Kunstbildung oder einige Bravour erheischen, oder wo der Vortrag in die Repräsentation sich zum Edleren und Ernsteren heben sollen, bemerkbar wird, daß sie auf fremdem, ihr ungewohntem Gebiete sey. Selbst der Darstellung des Naiven wird sie noch mehr Feinheit und Anmuth verleihen lernen. Daß sie jetzt noch mit einer sehr unschuldigen Unbefangenheit in ihren Rollen sich bewegt, und mit angenehmer Dreistigkeit zum Publikum spielt, ist ein Beweis, daß sie bis daher immer nur Aufmunterung gefunden und keine Erfahrung gemacht habe, die sie erinnert hätte, mehr in die Gränzen der eigentlich scenischen Handlung sich zurück zu ziehen: Erfahrungen, | welche mit der Zeit nicht ausbleiben werden. Die Aufmunterung, die ihr bey uns zu Theil geworden, gebührt ihrer Anspruchslosigkeit, ihrem Fleiße und ihren schönen Fähigkeiten vollkommen. Sie überraschte gleich in ihrer ersten Rolle als Aennchen, so daß sie selbst die Arie: „Kommt ein schlanker Bursch gegangen &c.“, zu wiederholen aufgefodert wurde. Für das nächste Terzett (mit Agathe und Max) wirkte sie um so erfolgreicher, da sie gerade in den tieferen Tönen ihrer Stimme die meiste Kraft besitzt, und für diese ist die ganze Partie berechnet; und daß sie, wohl gegen die Absicht der Composition, als dritte Stimme sich mit den übrigen gleich in den Vordergrund stellte, durfte ihr diesmal um so weniger verargt werden, da es darauf ankam, ihren Werth so viel als möglich geltend zu machen. […]