Georg Goltermann an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Frankfurt am Main, Samstag, 20. März 1869

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Mein hochverehrter Freund!

Wenn ich Ihre lieben Zeilen vom 14 d erst heute beantworte, so hatte dies seinen Grund in der Schwierigkeit der Aufgabe, welche Sie mir gestellt hatten, und die ich so gern nach allen Seiten hin gründlich lösen wollte. Ich hoffe, daß es mir gelingen wird. Nach Allem, was ich erfahren konnte, hat Weber seine Oper Sylvana im Jahre 1810 nicht dirigirt. Der Theaterzettel sagt Nichts darüber, die Recensionen, welche ich Ihnen sende schweigen auch davon, verschiedene Zeitgenossen, welche hier noch leben, haben mir mitgetheilt, das es damals noch keine Mode war, den Componisten sein Werk selbst dirigiren zu lassen, und so können wir dreist annehmen, dass Weber nicht selbst dirigirt hat. Kapellmeister hier in Frankfurt war der seiner Zeit hoch accreditirte Musikdirector Joseph Schmidt. Zu damaliger Zeit wurde Sylvana nur einmal repetirt und zwar am 26 Sept: 1810. Ob diese Oper später nochmals gegeben wurde, darüber werde | ich Ihnen noch berichten, da ich noch nicht die Zeit hatte, die Zettelbücher aus dem 20ger Jahren durchzusehen. ‒ Ich habe in Betreff der Oper Sylvana viele Zeitschriften aus dem Jahre 1810 durchgesehen, ich fand aber auf der hiesigen Stadtbibliothek nochnur das beikommende Morgenblatt, welches sich mit der Oper beschäftigt hat. Welcher Unterschied von damals und jetzt! Und von welchen Lappalien schreiben jetzt alle Zeitungen!! Sollte Ihnen das beifolgende Morgenblatt noch nicht zu Gesicht gekommen sein, dann wird es Sie gewiß sehr interessiren, denn unter den Recensionen über beide Vorstellungen der Sylvana finden Sie noch als Beilage* ein Lied von Weber, welches Sie vielleicht?? noch nicht kennen. Ich bitte Sie, mir das Morgenblatt nach Benutzung wieder zurücksenden zu wollen, da das Buch Eigenthum der Stadtbibliothek ist. In dem Soufflirbuche des Theaters fand ich auch das beiliegende Blättchen. Ist das nicht Webers Handschrift?* Wenn dies der Fall, dann hat | Weber in diesem Soufflirbuche Manches geändert. Ich bitte Sie auch um Rücksendung dieses Blättchens. Heute nun muß ich schließen; es wird mich freuen, wenn Sie mit meinen Forschungen zufrieden sind, auch stehe ich zu weiteren Ihnen jederzeit zu Diensten.

Meine Familie läßt Ihre Grüße auf das Herzlichste erwiedern, und ich schließe mich denselben an als Ihr stets ergebener
Georg Goltermann

Editorial

Summary

mutmaßt, dass Weber die Silvana bei der UA nicht selbst dirigiert habe, da er nirgends erwähnt ist, Musikdirektor war damals Joseph Schmidt, Wiederholung war am 26. September 1810, schickt ihm leihweise das Morgenblatt aus der Stadtbibliothek mit einer Besprechung der beiden Aufführungen der Silvana; im Soufflierbuch des Theaters fand er einen Zettel mit Änderungen, von dem er annimmt, dass es Webers Hs. ist, auch diesen Zettel schickt er ihm leihweise

Incipit

Wenn ich Ihre lieben Zeilen vom 14 d erst heute beantworte

Responsibilities

Übertragung
Solveig Schreiter; Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 243

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf nachträglicher Stempel: “an Jähns”

Text Constitution

  • “noch”crossed out
  • “nur”added above
  • g“b” overwritten with “g

Commentary

  • “… finden Sie noch als Beilage”Musikbeilage zum Morgenblatt für gebildete Stände, Nr. 7 (8. Januar 1810).
  • “… Ist das nicht Webers Handschrift?”Zwei (heute verschollene) kleine autographe Zettel aus einem Silvana-Libretto wurden am 22. Mai 1909 bei Liepmannssohn (u. a. Nachlass Goltermann) und am 23. Februar 1928 bei Henrici angeboten; vermutlich standen sie mit dem hier erwähnten (ebenfalls verschollenen) Frankfurter Soufflierbuch in Zusammenhang; vgl. dazu WeGA, Bd. III/3c, S. 702 (K-tx3).

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