Hans Michel Schletterer to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Augsburg, Thursday, May 22, 1879

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Hochgeehrter Herr!

Zum wärmsten Dank sehe ich mich Ihnen für die Güte u. das Zutrauen verpflichtet, mit denen Sie meinen Wünschen entgegenkamen. Leider waren meine Textmanuscripte, als Ihre schätzbare Sendung eintraf, bereits nach Leipzig abgegangen u. ich mußte sie mir daher erst von dort zurückerbitten, um die mir jetzt ermöglichten Nachträge u. Verbesserungen machen zu können. Das der Grund, warum ich Ihnen die Textbücher nicht schon zurückgeschickt habe. Die Rücksendung wird aber in den nächsten Tagen erfolgen können.

Dann lege ich auch das Unikum, den Peter Schmoll bei, oder folgt es sicher bald nach; ich möchte nach diesem Original die Korrektur des neuen Textbuchs* noch lesen können. Ich kann mir wohl denken, | daß dieses Heftchen großes Interesse für Sie hat, denn in Ihrer Weberbibliothek sollte es nicht fehlen. Es gewährt mir daher ein großes Vergnügen, Ihnen dasselbe anbieten zu können u. Sie zu bitten es Ihrer Sammlung einzuverleiben*. Obwohl ich kein Sammlung Sammler von literarischen Seltenheiten bin, so bin ich doch Bibliomane genug, um Sie zu versichern, dass ich keinem Andren als einem um den lieben Meister Weber so hochverdienten Manne diese Rarität überlassen würde.
Ein hübsches Freischütztextbuch v. J. 1822 (o. O.) habe ich doppelt; es beginnt mit der Eremitenscene; Samiel schreibt sich darin Sammiel. Sollten Sie diese Ausgabe nicht besitzen, so steht Ihnen gerne ein Exemplar zur Verfügung*.

Und nun habe ich doch wieder eine Bitte. So viel ich mich erinnere spre erscheint in Ihrem Weberbuche auch ein gewisser Prof. Lichtenthal (oder sollte er Lichtenstein sein heißen?). Derselbe lieferte eine Verballhornung des Idomeneotextes*. Ist Ihnen dieses Buch wohl | bekannt geworden? Wenn ja, wollten Sie nicht die Güte haben mir freundliche Mittheilung zukommen zu lassen, wo es vielleicht zu finden wäre? Ferner suche ich einen zuverlässigen, billigen Abschreiber in Berlin, der mir von der ersten Don Juan-Übersetzung (von Neefe), die im Manuscript auf der Berliner Bibliothek sich findet*, eine Copie nehmen könnte. Wäre es Ihnen möglich, mir hier Jemanden zu empfehlen? Oder einem Ihnen bekannten Manne den Auftrag zu geben, für meine Rechnung die betr. Copie in der Bibliothek selbst zu nehmen? Fände sich das Lichtenthal’sche Idomeneobuch ebenfalls im besitze der k. Bibliothek, dann könnte man die Arbeit auch auf dieses ausdehnen. Sehr wichtig wäre mir auch, zu erfahren, welche Don Juan-Übersetzungen die k. Bibliothek ferner noch besitzt.

Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen hier Zumuthungen stelle, u. Bitten u. Wünsche vor Sie bringe, die vielleicht ganz außer Ihrem Kreise liegen. Sagen Sie mir in diesem Falle nur ein kurzes | Nein! Wäre ich nicht so sehr an die Scholle gebunden, würde ich schon längst nach B. gekommen sein um dieses u. andere Bedürfnisse im Interesse meiner Arbeiten zu befriedigen.

Nochmals wärmsten Dank sagend, hochachtungsvoll ergebenst Dr. H.M.Schletterer.

Editorial

Summary

dankt für die Auskünfte im Hinblick auf die Textbücher Weberscher Opern, schenkt ihm das Textbuch zu Peter Schmoll von 1802 und zum Freischütz von 1822 und bittet ihn um Recherchen auf der Kgl. Bibliothek in Sachen Mozart und fragt, ob er ihm einen Kopisten nennen könne

Incipit

Zum wärmsten Dank sehe ich mich Ihnen für die Güte

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 562

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf gestempelt: “an Jähns”

Text Constitution

  • “des neuen Textbuchs”added above
  • “Sammlung”crossed out
  • “Sammler”added above
  • “… versichern, dass ich keinem A”a überschrieben mit A
  • r“m” overwritten with “r
  • “spre”crossed out
  • r“s” overwritten with “r
  • “sein”crossed out
  • “heißen?”added above

Commentary

  • “… des neuen Textbuchs”Neuausgabe des Textes von Peter Schmoll in Breitkopf und Härtel’s Textbibliothek als Nr. 94.
  • “… bitten es Ihrer Sammlung einzuverleiben”Der Erstdruck des Textes (ohne Dialoge) ging wenig später in die Sammlung von Jähns ein, heute D-B, Weberiana, Cl. VI [Kasten 1], Nr. 1. Übersendung mit dem Brief vom 22. Juni 1879.
  • “… gerne ein Exemplar zur Verfügung”Auch dieser Librettodruck wurde mit dem Brief vom 22. Juni 1879 übersandt und ging in die Sammlung von Jähns ein, heute D-B, Weberiana, Cl. VI [Kasten 2], Nr. 9b.
  • “… eine Verballhornung des Idomeneo textes”Die zweiaktige Adaption des Idomeneo aus dem Jahr 1843 stammt von Peter Lichtenthal (1780–1853), nicht von Hinrich Lichtenstein.
  • “… der Berliner Bibliothek sich findet”Zur Quellenlage vgl. ausführlich Kurt Helmut Oehl, Die Don Giovanni-Übersetzung von Christian Gottlob Neefe, in: Mozart-Jahrbuch 1962/63 (1964), S. 248‒255.

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