## Title: Gedicht von Theodor Hell [Karl Theodor Winkler] “Der ächte Freischütz” ## Author: Th. Hell [Karl Theodor Winkler] ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030902 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Der ächte Freischütz.Röschens Geständniß und Klage.Ihr denkt wohl nun, da Friedrich Kind Und Karl Maria Weber Vereint bemüht gewesen sind Als wahre Schatzerheber, Den Freischütz wie er leibt und lebt Der Bühnenwelt zu zeigen, Das ächte sei nunmehr erstrebt, Und alle müßten schweigen? - Ja, schönen Dank, da weiß ich doch Das Ding ein wenig besser, Steht selbst mir, so zu sagen, noch Jetzt an der Kehl' das Messer; Zum Frommen, Schwestern, denn für Euch, Die auch gleich mir ohn' Arges, Will ich's erzählen alsogleich, Obwohl ich sonst verbarg es. Sind's seit dem dreißigjähr'gen Krieg Doch nun zweihundert Jahre, Da denkt man doch, daß jetzt zum Sieg Die Tugend Gott bewahre, Und hoffet, daß vor der Gefahr Der Himmel Schutz verleih' uns! Ja, denkt es nur! – Es spukt fürwahr Noch stets der Gott sey bei uns. Ich sitze da, ganz still und fromm, Vor meines Hauses Pförtchen, Und denk' des Nachbars Lieschen komm Und schwatz' mit mir ein Wörtchen, Da steht, denkt Euch, ein Mann vor mir, - Nun, jeglichen in Ehren, Doch keine säß mehr ruhig hier Wenn alle so sie wären. Er sieht mich an, ich schlage schnell Die Augen schicklich nieder; Dann, denk' ich still; nun, der Gesell, Er ging ja wohl schon wieder, Und schlag' sie wieder auf; der Dieb! Da hatt' er mich beim Kragen, Ich konnte sie – so sehr ich's trieb - Nicht wieder niederschlagen. Und immer feuriger auch sah Sein Aug' ich gegenüber, Ich wußte nicht, wie mir geschah, Gelaufen wär' ich lieber, Doch plötzlich schoß daraus ein Strahl, Gar nicht mit rechten Dingen, Und in das Herz mit einem Mal Fühlt' einen Pfeil ich drinnen. Er aber langsam weiter schritt Bis ihn der Wald verdecket, Und nahm den Pfeil nicht wieder mit, Der noch im Herzen stecket! Nun, Schwestern, sagt mir selbst ob das Ein Freischütz nicht gewesen, Gefährlicher als alles, was Gehört wir und gelesen. Denn keine große Kunst ist's ja Wie der von Kind zu schießen, War Flinte doch und Pulver da Und Kugel noch vom Gießen, Doch dieser ohn' Gewehr, und schier So fromm als ob er schliefe, Sieht Auge nur in Auge mir Und trifft des Herzens Tiefe. Und doch kann ich ihn hassen nicht Den schönen Hexenmeister, Auch sagt man, sey es Christenpflicht Zu bannen solche Geister. Drum, kommt er wiederum herbei Mit Gott ich es probire, Daß er nicht mehr ein Freischütz sey Und sein bleib' im Reviere. Th. Hell.