Carl Maria von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Dresden, Montag, 2. Mai 1825
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- 1825-05-14: from Lichtenstein
S: Wohlgebohren
dem Herrn Profeßor
Director des zoologischen Museums
pp
Frey.
Zürne nicht, mein geliebter Bruder wenn ich erst Heute dazu komme deine lieben Briefe vom 12t und 17t Aprill zu beantworten. Mancherley Gastrollen*, die baldige Abreise meines Cheffs, mein Ziehen auf den Koselschen Garten vor dem schwarzen ThoreT, und – eine abscheuliche für alles abstumpfende täglich mehr um sich greiffende Melancholie, haben mich abgehalten. Nun, – die ersteren Ursachen sind vorübergegangen, die lezte wird es wohl auch thun. —
Die wahrhaft freundschaftliche Wärme und Thätigkeit des verehrten Logiers hat mich sehr erfreulich bewegt. sage ihm dafür meinen herzlichsten Dank. daran liegt es eben in der Welt, daß die ehrlichen Leute nie so zusammenstehn, wie die Spizbuben es thun. — traurig genug. ich billige höchlichst alles was du und Er gethan, und thun werdet. und bin sehr erbötig anfangs Juny, oder wann es eben ist, kurz vor Logiers Abreise nach England, zu einer mündlichen Conferenz nach Berlin zu kommen, und meine ganze Angelegenheit mit unbedingten Vertrauen in seine Hände zu legen*. Aus oben berührten Ursachen habe ich noch nicht wieder an Kemble geschrieben. er mag warten, er hat es mir nicht beßer gemacht. doch werde ich es in diesen Tagen thun, und zwar ganz in der Weise die du vorschlägst, hinhaltend und unbestimmt.
Der Tod unsers geliebten Lauska, hat mich tief erschüttert — Friede seiner Asche!! — Wenn du die arme Wittwe siehst, so versichere sie meiner innigsten Theilnahme. Gestern und Vorgestern, war die Mutter Beer mit Wilhelm und Kunowsky hier, und sahen die Margheritta von Meyerbeer, die Euryanthe sollte Heute sein, es wurde aber nichts draus. da bin ich etwas in die Enge getrieben worden die Pintos dem Königsstädter Theater zu geben. ich sagte, kömt Zeit kömt Rath. Spontini hat der Beer versichert daß Euryanthe d: 3t August gegeben werden solle. aber was ist mir Sp: Versicherung andres, als ein schlechter Hauch im verwehenden Wind. von Brühl höre und sehe ich nichts. Vielleicht wartet er Sp: Abreise ab, die sogleich nach der Aufführung des Alcidor Ende dieses Monats statt finden soll. da käme ich dann in kurzer Frist 2 mal nach Berlin. zu Euch Ihr Lieben. Gebe Gott daß dieß meinem Gemüth wieder auf die Beine hilft. einen Antrag nach Leipzig zu kommen, und dort d: 20t huj. die Euryanthe aufzuführen, schlage ich rund ab. ich habe Dispensation vom Dienst um mich zu erholen, und werde mich nicht des Leipz: Theaters wegen abhezzen.
Gott lob daß bei dir alles Gesund ist daßelbe darf ich von den Meinigen sagen. ärgere dich nur nicht zu sehr bei deinem Bau, das ist ein fatales Geschäft*. nun ich hoff dich in Berlin zu umarmen, tröste ich mich daß du festgehalten bist, so ist der Wunsch, alles Egoismus.
Nun, der Brief muß in die Stadt, also, so Gott will, auf baldigs Sehn, wie freue ich mich darauf!!! Alles Erdenkliche an deine liebe Victoire und die Kinder, innigen Dank dem trefflichen Logier, und dir die alte Liebe und Treue deines Webers Dresden d: 2t May 1825.
Editorial
Summary
Arbeit und melancholische Stimmung halten ihn vom Schreiben ab; dankt für Logiers Einsatz; erwähnt Verhandlungen mit Kemble, dem er hinhaltend schreiben will; betr. Tod Lauskas; Besuch der Mutter Beer mit Wilhelm und Kunowsky; Spontini; Aufführung der Pintos bzw. der Euryanthe in Berlin; Freude auf baldiges Wiedersehen
Incipit
“Zürne nicht, mein geliebter Bruder, wenn ich”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Leipzig (D), Leipziger Stadtbibliothek – Musikbibliothek (D-LEm)
Shelf mark: PB 37 (Nr. 71)Physical Description
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- PSt: DRESDEN | 2. Mai 25.
Corresponding sources
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Rudorff: Westermanns illustrierte deutsche Monats-Hefte, 44. Jg. (1899), 87. Bd., S. 388–389
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Rudorff 1900, S. 226–228
Thematic Commentaries
Commentary
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“… Aprill zu beantworten. Mancherley Gastrollen”In der zweiten Hälfte des Monats April sowie Anfang Mai 1825 gastierte am Dresdner Hoftheater lediglich Franz Hauser, vgl. die Tagebuchnotizen vom 19., 21., 24. und 26. April sowie 2. Mai.
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“… das ist ein fatales Geschäft”Möglicherweise bezogen auf die zoologischen Sammlungen der Universität, die Lichtenstein bis 1857 als Direktor betreute. Infolge der Bestandsvermehrung wuchs der Raumbedarf mehr und mehr. Standen 1816 neun Räume für das Musem zur Verfügung, so waren es 1825 bereits 22. Ein grundlegender Umbau fand allerdings erst 1836 bis 1842 statt; danach diente der gesamte Westflügel des Universitätsgebäudes als zoologisches Museum. Der Neubau des heutigen Naturkundemuseums entstand erst zwischen 1883 und 1889.