Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Sonntag, 31. August bis Montag, 1. September 1817 (Nr. 86)

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Geschwind geschwind kome ich gelaufen um einen schönen guten Morgen zu sagen, und zu melden, daß der Kourier angekomen, und heute über 8 Tage schon die erste Gratulations Cour ist. Gott sei Dank ich bin froh, das weitere wird nun wohl bald entschieden werden und wir doch endlich einmal Gewißheit haben*.

Gestern nach den Proben* und dem Eßen gieng ich ins neue Quartier wo die Sachen hingebracht wurden, und pakte sie aus*. hatte meine herzliche Freude dran; sie sind wirklich recht schön besonders die gelben. ah! wie ist denn das zugegangen daß an dem einen Stuhl Polster hinten ein tiefes Loch gebrannt ist?      Vieles ist auch beschädigt, Beine der Komode ab, Stäbe zerbrochen pp doch im Ganzen genommen alles noch glüklich genug abgelaufenT. Die nächsten 14 Tage werde ich ein elendes Leben haben, nicht hier, nicht dort, immer von einem Zimmer ins andre räumen müßen da der Profeßor auch noch nicht ganz heraus ist. Nun das wird ja auch zu überstehen sein. Wie ist es denn mit dem Schreibschrank? jezt könnt ich ihn brauchen*.      Gestern Abend war Rodogüne, wo die Schröder herrlich spielte und außerordentlich gefiel, auch endlich herausgerufen wurde*.

Jezt ade, habe viel viel zu thun. So bald ich was Neues erfahre komme ich wieder. Guten Morgen und einige herzlich gute Bußen.

Ich komme vor lauter Abhaltung, Ausziehen, Störung pp gar nicht dazu mit dir zu plaudern. Heute früh Probe* und Conferenz bis 2 Uhr. dann kam Bomsel an, der mit mir im Engel aß, und wo wir tüchtig von dir plauderten kurz vor ihm kam dein lieber 86 den ich nur eiligst ein bißel beantworten will, denn Bomsel sizt auf dem Sopha, und die Post geht in einer halben Stunde.

Vor allem sei Gott gepriesen, daß du wieder ganz wohl bist, wobey dich seine Gnade erhalten möge.

Daß Zwik gefallen hat, ist mir recht herzlich lieb, gratuliere ihm dazu*. Es ist sehr Unrecht von der Grünb: sich wo zu engagieren ohne es uns vorher zu sagen, sie wird es gewiß einst bereuen, denn nicht nur daß 3000 rh: auch 15000 ƒ W. W sind, so ist damit in Wien auch nicht viel zu machen, aber freilich Sie liebt das Glänzende*. In Gottes Nahmen, Recht ist es nicht nach all der Liebe und Auszeichnung die sie hier erhalten hat. Also wieder was anderes zum Benefiçe*. Die WaschMaschine wird bestens besorgt werden, verehrteste Frau Hausfrau. daß die Sachen unterwegs sind, weis ich auch von Bomsel.

Du hast sehr Unrecht wenn du glaubst daß Geyer Ursache ist daß ich d: 25t abreisen wollte, denn nachdem ich das schon be|stimmt hatte, kam er zu mir, und ich hätte ihn Umsonst mitgenomen. da haben sich also Ew: Gnaden gewaltig blamirt wenn Sie glauben daß ich um des Geldes willen eine frohe Minute mißen möchte, da ich es nur des umgekehrten wegen, achte. Uebrigens muß Er nun doch allein reisen*, und ich auch da die Feyerlichkeiten hier erst halben 8ber sind, wie ich vor Tische erfuhr wozu ich auch noch etwas comp: muß*. ich bin wirklich in der unbehaglichsten Lage von der Welt, halb in diesem halb in jenem Quartier, die Gedanken bei dir, und die Geschäfte die sich täglich häufen und drängen, weil doch vieles zu der Reise ordentlich vorbereitet sein will.

Die Mutter wird sich nie ändern – – – – – – – Du du! Zank nicht! allerdings konnte es noch andere Briefe unter deinen geben – ich habe sie blos zusammen gelegt um sie beßer zu pakken. –

Ja wohl meine geliebte Lina, am Ziele noch Hinderniße. das mit dem Aufgebot ist höchst Unangenehm, schreibe mir nur gleich wie es ist, dann kann ich schnell in Mainz die Sache dem TribunalRath Gottfried Weber übertragen der besorgt Alles schnellstens*. oder schreibe auch du gleich an ihn das ist das kürzeste, es ist einer meiner liebsten Freunde, und erwartet uns mit Sehnsucht. Wenn du ihm gleich schreibst, ersparen wir wenigstens 8 Tage und es wird ihn sehr freuen.      Hier schikke ich dir den Brief von Louis abermals, ich hoffe am Ende auch daß die Herren sich zufrieden geben werden, so viel Rüksicht könnten Sie wohl auf Uns nehmen.      Heute habe ich eine lange Conferenz mit dem Grafen gehabt wegen meiner Lebenslänglichen Anstellung*, mehr werde ich wohl nicht kriegen – in Gottes Namen. ich bin sehr zahm geworden, und laße mir vieles gefallen. desto ruhiger wird’s im Hause sein, und zu thun wirst du noch genug finden, da sey ohne Sorgen. Der H: Profeßor Mathei hat troz seinem Versprechen das Quartier noch nicht geräumtT und ich werde Morgen Abend und die ganze Woche nicht wißen wo ich sizzen und schlafen soll*. ich könnte eigentlich recht ärgerlich sein, und habe alle Kraft nöthig mich aufrecht zu erhalten. Grüße Drs: vielmals und danke ihm für die viele Mühe.

Gott lenkt doch endlich alles zum Besten, auf ihn vertraue ich. Er segne Dich + + + erhalte dich gesund und mir deine Liebe. dein dich innigst liebender treuer Carl.

Millionen Bußen.

Editorial

Summary

über Umzug und Auspacken, Aufführungen, Proben; Besuch von Pomsel, Weggang der Grünbaum; wegen Problemen mit Aufgebot soll sie Gottfried Weber verständigen; erwähnt Konferenz mit Vitzthum wegen lebensl. Anstellung; Probleme mit dem Auszug seines Wohnungsvorgängers

Incipit

Geschwind, geschwind kome ich gelaufen um einen

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 121

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

  • s“S” overwritten with “s
  • “… Minute mißen möchte, da ich”ein gestrichenes, unlesbares Wort

Commentary

  • “… doch endlich einmal Gewißheit haben”Die Verhandlungen bezüglich der Hochzeit von Prinzessin Maria Anna zogen sich wesentlich länger hin, als Weber vermutete. In der Allgemeinen Zeitung ist in einem Bericht vom 15. September zu lesen: „Noch ist [...] keine feierliche Erklärung der Vermählung der Prinzessin Mariane mit dem Erbgroßherzog von Toscana erfolgt, und der in dieser Angelegenheit hier anwesende Marchese und Senator Baldelli hat die lezten Schritte deswegen nicht gethan.“; vgl. Allgemeine Zeitung, Nr. 272 (29. September 1817), S. 1088. Der toskanische Kurier Mattrozzi traf erst am 2. Oktober 1817 in Dresden ein; vgl. Dresdner Anzeigen Nr. 111 (6. Oktober 1817). Den endgültigen Termin der Prokurationstrauung erfuhr Weber laut Tagebuch erst am 20. Oktober 1817 („endgültige Bestimmung“).
  • “… Gestern nach den Proben”Laut Tagebuch zu den Zwei Worten und den Vornehmen Wirthen.
  • “… wurden, und pakte sie aus”Die laut Tagebuch am 7. Mai 1817 aus Prag eingetroffenen Möbel und Kisten hatte Weber unausgepackt eingelagert; vgl. dazu seinen Brief an C. Brandt vom 6.–9. Mai 1817 (Briefteil vom 8. Mai).
  • “… jezt könnt ich ihn brauchen”Er traf laut Tagebuch am 6. Oktober 1817 ein.
  • “… gefiel, auch endlich herausgerufen wurde”Vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 10./11. September 1817.
  • “… zu plaudern. Heute früh Probe”Laut Tagebuch zu den Vornehmen Wirthen und den Zwei Worten.
  • “… herzlich lieb, gratuliere ihm dazu”Laut Tagebuch der deutschen Bühnen (1817, S. 346) gastierte Johann Zwick am Prager Ständetheater als Fritz Berg (Weltton und Herzensgüte, 26. August), Baruch (Dienstpflicht, 28. August), Baron Sturz (Beschämte Eifersucht, 29. August), Obrist (Das Kind der Liebe, 3. September) und Hausmeister (Das neue Sonntagskind, 12. September).
  • “… freilich Sie liebt das Glänzende”Therese Grünbaum hatte Vertragsverhandlungen mit der Wiener Hofoper aufgenommen, wo sie ab Juli 1818 tätig war.
  • “… wieder was anderes zum Benefiçe”Gemeint ist Caroline Brandts letztes Benefiz am Prager Ständetheater am 17. September; vgl. den Kommentar zum Brief vom 18. August 1817.
  • “… Er nun doch allein reisen”Zu Geyers Gastauftritten am Prager Ständetheater vom 30. September bis 10. Oktober 1817 vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 4. November 1817.
  • “… auch noch etwas comp: muß”Weber komponierte zur Hochzeit der Prinzessin Maria Anna Carolina die festa teatrale „L’Accoglienza“.
  • “… übertragen der besorgt Alles schnellstens”Welche Probleme es in Prag bezüglich des Aufgebots für die Hochzeit des Brautpaars gab, geht auch aus den entsprechenden Bemerkungen im nächsten Brief vom 5. September nicht hervor; somit bleibt auch unklar, wie der Jurist Gottfried Weber in Mainz hätte unterstützend eingreifen können.
  • “… gehabt wegen meiner Lebenslänglichen Anstellung”Das entsprechende Dekret erhielt Weber am 15. September 1817.
  • “… ich sizzen und schlafen soll”Im Tagebuch vermerkte Weber allerdings am Abend des 2. September die erste Übernachtung in der neuen Wohnung.

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