Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Mittwoch, 21. Mai bis Freitag, 23. Mai 1817 (Nr. 50)
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- 1817-05-26: from Weber
An Mademoiselle
MitGlied des Ständischen
Theaters
zu
Prag.
Wohnhaft, am KohlMarkt
No: 514 im 2t Stok.
Heute habe ich seit langer Zeit endlich einen Nachmittag der mein gehört, und da muß ich denn gleich damit beginnen, den besten Theil deßelben meinem Muks zu widmen, zumal da ich den lezten Posttag mich so hezzen muste den Brief nur auf die Post zu bringen. und dann sogleich ins Antiken Kabinet und Japansche Palais gehen mußte, wo uns* Böttger gar herrlich den Cicerone machte. den Abend verplauderte ich noch mit Weinbrenner, über den Bau der Theater in Hinsicht auf Musik, welches mir höchst angenehm und merkwürdig war. d: 20t wurde mir der ganze Vormittag von Besuchen gestohlen*, worüber ich sehr ärgerlich war, Mittag im Engel, dann zu Kuhn, und Abends zum 2t mal Blaubart, gieng wieder vortrefflich, gefiel noch mehr, und die Grünb: wurde herausgerufen*. nach der Oper war Baßy und ich noch da, und heute früh um 10 Uhr, sind sie nach Berlin abgereißt. So wie sie in den Wagen gestiegen waren gieng ich zu Kind, und da saßen wir über der Jägersbraut bis 1 Uhr. aber Nun! hoffe ich, kriegt sie ein ander Gesicht, und wird gewiß viel Wirkung thun, auch der Schluß wird etwas anderst und beßer. Diese Verbeßerung habe ich dir mein guter Schneefuß eigentlich zu danken; denn du fastest zuerst den kühnen Gedanken, den ganzen ersten Akt wegzuwerfen, und auch den Einsiedler* – wett! wett! schriest du immerT. Nun ist er zwar nicht ganz wett! Aber er erscheint erst wo Agathe vom Schuße scheinbar getroffen in seine Arme sinkt, und versöhnt und heilet das Ganze. Kind geht nun frisch drüber her, und ich dann auch. ich sammle schon allerley Ideen die ihre Schuldigkeit thun sollen. Winkler hat auch nach einer recht hübschen Erzählung eine Oper skizzirtT, ich muß nur noch ausführlicher und ordentlich mit ihm darüber sprechen. So komt denn der Opern Seegen auf einmal nach dem ich so lange umsonst geharrt hatte, und nun gebe Gott nur daß auch das Sprichwort eintrifft was lange währt, wird gut. Doch nun muß ich zu deinem gar herzlieben guten Brief No: 53 zurük der mir gar viele Freude machte. desto mehr graut mir aber vor dem der Morgen kommen muß, und von dem ich fürchten kann daß er mich recht betrübt. ist das aber nicht, so ist meine Freude auch 10 fach, und ich sehe daß meine geliebte Lina fest stehet auf eigner Ueberzeugung und Willen des Guten, zu deßen Verkennen oder bezweifeln, man wohl schmerzlich lächeln kann, aber doch Lächeln, und das beruhigt dann wahrhaft den Gegenüberstehenden. – Wie schön und unverhofft belohnt es sich doch oft wenn man seine Pflicht als Mensch thut, lieber und erfreulicher konnte mir diese an Gned erfüllte nicht vergolten werden, als dadurch daß Sie dir so viele Freude machte, und was mir so ganz unerwartet kam. Also du hast dich deines Muks gefreut, und ihr habt ein bißel geflennt, o du alter Schloßhunder* gleich müßen die da sein. Nun, wenn sie immer so kommen, werden sie nicht schaden, sondern stärken. Es war mir recht lieb daß du selbst wieder die Drs: Geschichte berührt hast, es war doch nur ein unterdrüktes Glimmen. ich habe lange nichts mit so gespannter Erwartung entgegen gesehen als deinem Brief morgen, der mir vollends beweisen wird, ob die Sache wirklich im Reinen, und ihr alle ruhig und rein vertrauend seid. Es ist ein gar entsezlich peinliches Gefühl, wenn Menschen die eigentlich gut und brav sind, wegen einzelnen leidenschaftlichen Ausbrüchen oder MißVerständnißen sich von einander entfernen, das erhizt sich dann innerlich und von selbst immer mehr, wird es nicht recht gründlich ausgemerzt. – –
Die Silvana muß eine schöne extra Vorstellung gewesen sein*. du sagst zwar du hättest sehr darüber gelacht, mir scheint aber du hast dich auch ein bischen geärgert, was übrigens nicht der Mühe werth war, denn wenn es einmal so toll wird, ist es zu schlecht zum Ärgern, und wird wirklich komisch. Es | ist mir dabey nur lieb, daß du immer mehr dich von der Richtigkeit meiner WeltKenntniß überzeugst, und dadurch immer zufriedener deinem neuen Leben entgegen gehst. die Grünb: wollte zwar neulich ihren Kopf wetten, daß du nach einem Jahre, gewiß wieder beim Theater wärst, ich hoffe aber zu Gott, ihr Kopf wäre verlohren,?‡ gelte? Hier ist es freilich gegen Prag ein Theater Himmel, aber es bleibt doch immer – Theater. – und ich will Muks für miß haben, und bin ich glüklich und froh, will ich ihr schon auch Ruhe und Ehre verschaffen. Es ist gewiß für ein Weib ein beglükendes Gefühl auf Ihren Mann stolz sein zu können, so wie gewiß das traurigste im umgekehrten Falle. ich habe hier manchmal den guten Gr: bedauert, wie er so ganz übersehen wurde, und deßhalb auch in seinem HausWesen nicht mit Kraft auf Ordnung halten kann, da sie ihm nur zu schnell entgegen sezt, das ist mein Geld, das verdiene ich – – o weh! Vielleicht fühlt er es nicht so, und dann wohl ihm. für mich wäre das nitz! Mein Hamster wird jezt auch andere Talente genug zu entwikkeln haben, durch die Sie‡ sich hervorthun kann. du wirst Zeichnen, stikken, und – die Kinder buchstabiren lehren. – gelt du lachst, Spißbub!
Die Grünb: hat freilich die Sandr: todt gesungen*, aber gestorben ist sie nicht. Sie hat durchaus sehr gefallen, und wäre es nicht gegen alle Sitte, die ersten 3–4 Wochen Oper in Pillnitz zu haben, hätte Sie der König gewiß hinaus geholt‡ kommen laßen.
Die Uhr thut ihre vollkomene Schuldigkeit, und schlägt wie ein Oz. 6 Vorhänge habe ich in die Wäsche und Bleiche gegeben. Bei Wäsche fällt mir ein daß du dich ja recht mit dem Gebrauch der Waschmaschine vertraut machen sollst, damit wir sie gehörig benuzzen können.
Ich bin ganz mit dir einverstanden. so wenig als möglich Umgang mit den Leuten vom Theater zu haben, gerade so viel als nöthig ist, um nicht feindselig zu erscheinen. das wird sich alles finden. Gewiß wird uns in unserm guten Neste am wohlsten sein, wenn ich so alle Arbeit abgeschüttelt habe und zu meiner guten Mukin komme, die dann auf der Stelle in Ett geht. ich freue mich recht herzinniglich darauf.
Jezt ade, liebe Lina, muß nun in den AktenStaub mich stürzen, und machen daß ich sie los werde*. Gott behüte und seegne dich + + + Sey brav heiter und froh. gute, gute Nacht. alter Schneefuß, Ewig dein Carl.
Meine gute* vielgeliebte theure Braut!
Der heutige Tag hat mich recht gespannt. statt das sonst schon um Mittag deine Briefe kommen, war um 3 Uhr noch nichts da, alles schikken nach der Post half nichts, und ich peinigte mich nun 3 Stunden mit den ängstlichsten Gedanken daß, du mir gar nicht geschrieben habest, oder krank seist – ich wäre lieber gleich fortgelaufen um nachzusehen. Endlich – Gott sey Dank, kam der Postbote, und mit ihm Beruhigung, Freude, Stolz, und doch bin ich recht weich geworden. Ich weiß was dich das gekostet hat, und habe mit herzlicher tiefer Rührung und freudiger Wehmuth, die Spuren der lieben Thränen geküßt die dein so lieber braver Brief trägt. Ich kann dir nicht sagen wie breit es mir die Brust hebt, daß du mich so verstanden, so ganz empfunden hast, und kannst du mir in deinem nächsten Briefe recht ehrlich sagen daß du keine Spur von Bitterkeit gegen mich in dir fühltest, wie du meinen erhieltest, so ist wahrhaft die Wurzel des Uebels schon verschwunden.
Könnte ich dich nur eine 4tel‡ Stunde an mein dich so so‡ wahrhaft‡ innig, liebendes | Herz drükken, um dich in meinen Augen lesen zu laßen, wie tief und freudig und trostvoll du mich ergriffen hast, und wie deines Carls Herz nie an dir zweifelte. – ich muß nur gleich wieder mit dir zanken, du hast wieder was herausstudirt aus meinem Brief was ich gewiß nicht so gemeint habe, mit dem „glaube dich zu kennen“ ja, bei Gott ich kenne dich, und baue ja darauf mein ganzes LebensGlük. Könnte ich hier mich geirrt haben, ich wäre ein verlohrener Mensch auf ewig, denn ich würde den Glauben an Alles, und auch an mich verliehren. Ich muß ein bischen Luft schöpfen. du liebes gutes Leben, wenn du jezt nur wieder ruhig bist? aber das Bewußtsein des festen Willens zum Guten stärkt sehr, nicht wahr? ach wohl that es deinem Carl wehe, recht wehe. – nun vielleicht mußt es auch noch sein. der lezte Tropfen. – – und nun gut! gut! gut! – –
Mein Herz ist recht voll. Wie arm ist das Wort so etwas auszusprechen. – ich habe einen Augenblik am Fenster Luft geschöpft. Ein heftiger GewitterRegen strömt herab, er thut mir wohl. er ist Beruhiger in der Natur wie dein Brief in meiner Seele. Kom! gieb mir einen Kuß! recht herzlich, wie die ewige Gefährtin dem ewigen Gefährten. – O Gott segne uns + + +
Ich will es nun versuchen deinen lieben Brief zu beantworten. Geliebte Lina, glaube mir ich durchschaue die Sache gewiß wahrhaft wie sie ist, denn ich kenne Alle dabei intereßirten zu genau. Auch du selbst hast sie wieder ganz richtig ausgesprochen. in des Drs: Empfindungs Weise, kannst du die deinige sehr oft wiederfinden. einmal gewiß taucht ihr Beide gerne alles in Schwarz. du hast recht daß Er sich entschuldigen muste, auch‡ und‡ ist es wohl möglich daß ich es auch gethan hätte. ich habe ihm noch nicht geantwortet, weil ich nicht umhin kann ihm eben so offen manches zu sagen was mir an ihm nicht Recht war, ohne dir deßhalb die Schuld abzunehmen. auf jezt will ich noch einen Posttag vorbey gehen laßen, um ihm und mir Zeit zu der nöthigen Faßung und Ruhe zu geben, die uns allein wirksam handeln läßt, und wo die Wallung des Augenbliks nicht die Gesezze vorschreibt. Lieber Muks, darin liegt allerdings die härteste Strafe, und eine Art Fluch der auf dem Stande ruht, daß er immer allen Menschen den Begriff und die Furcht vor Komödie spielen aufdrängt, dieß muß eine Ursache sein, um derentwillen du noch vieles in der Welt verzeihen wirst müßen. Ja, jedes schöne Gefühl, alles wird nur zu oft für theatralischen Ausbruch gehalten. Aber, liebe Lina, es ist auch so leicht und schön zu verzeihen der Irrthum, wenn man nur selbst von der inneren Wahrheit überzeugt ist, und die Zeit ist da der beste Aliirte. aber freylich mit der grösten Vorsicht und Wachsamkeit über sich selbst; denn einmal Anlaß zu diesem Vorurtheil gegeben, erwacht es bei der geringsten Veranlaßung mit alter Stärke wieder, und braucht dann wieder doppelt so lange, um aufs neue vernichtet und bekämpft zu werden. Du hast jezt ein redendes hartes Beispiel davon. Drs: hatten dich gewiß wahrhaft lieb gewonnen. du warst ihnen Bedürfniß geworden, und ich werde nie vergeßen mit welcher innigen Wärme der Dr. mir deine Veränderung prieß, und wie vieles herrliche er in dir gefunden, und wie glüklich ich mit dir sein werde. Eine einzige häßliche Aufwallung, die zum Unglük | auch gerade die heiligste und empfindlichste Seite dieser Menschen traf, warf alles über den Haufen, und natürlich war der Rükfall desto größer, je unerwarteter der Kontrast sich zeigte. Rezitive sind immer gefährlicher als die erste Krankheit. Nun mein lieber Mukes, sammle du nur an deinem Schazze und glaube daß dein Karl jedes Körnchen deßelben mit freudigem Stolze erkennt. Gewiß konnte es mir nichts schmerzlicheres geben, als dir wehe zu thun, und das wieder nur aus dem Grunde, weil ich befürchten muste, du könntest glauben, auch ich wanke in meinem Glauben an deinen festen Willen. Nein, bei Gott nicht. Aber ich muste dir es offen sagen, und es wird gut sein. Nein! nein! meine Lina braucht den Weg zu ihres Carls Herzen nicht erst zu suchen, nicht einen Augenblik ist sie aus seinem Innersten gewichen. Mein Gott, war ich denn wirklich so hart in meinem Briefe daß dir nur so ein Gedanke kommen kann? ich schrieb doch aus wahrhaft liebevollem und recht weich und schmerzlich bewegten Gefühl und Herzen. Aber du sollst dich auch nicht zu viel anklagen, und dir auch gegen Drs: keine Gewalt anthun, komt der frohe wahre Freundschafts Ton nicht von selbst wieder, was ich wohl fühlen werde auch in der Ferne, oder auch erst wenn ich da bin, so feyern wir den heiligen Tag allein. Wenn auch mitgetheilte Freude doppelt froh macht, so soll doch lieber eine stille Freude diesen Tag bezeichnen, als daß uns ein leises Wölkchen von Verstimmung sich hineinmischen dürfte. Dein Vorsaz der Drs: Achtung durch dein Betragen zu erzwingen ist würdig und schön. aber du sollst nicht um ihre Liebe buhlen, die muß sich von selbst finden, auch würde mich das nicht freuen denn wer dir zu Nahe tritt, entfernt sich eben so weit aus meinem Herzen. Aber so ist auch meine Handlungsweise; sei gut, brav, liebevoll und freundlich erringe ihre höchste Achtung und Liebe, und laße es sie dann selbst einst schmerzlich bereuen, einen Fehltritt deiner Heftigkeit auch für nichts‡ etwas‡ anderes genommen zu haben. Lieber Muks, so ist der Mensch, habe ich mit Ungeduld auf diesen Brief gewartet, so thue ich es nun mit noch größerer auf deinen nächsten, aus dem ich hoffentlich ersehen werde daß du wieder heiter und froh, und ganz überzeugt bist daß dein Carl dich nicht verkennen konnte, aber dir doch Haue geben muste wenn du ein Oz bist. Es thut mir so weh daß du glauben kannst dich von deinem schönen Ziel entfernt zu haben, ich kenne dies Gefühl, es ist das traurigste wenn man befürchten muß in den Augen deßjenigen den man liebt und achtet, verlohren zu haben. Nein, Nein, Nein, und 100000 Nein. ich habe Muks lieb! äußerst sehr lieb‡, und Muks wird brav sein und gut, und nun buß ich ihm die Schloßhunde* aus den Augen, und er gutt mich an, sagt ja! und geht ganz bewegt in Ett. Sieh, da habe ich mich ganz froh geplaudert, indem ich das so lebendig vor mir seh. Vertraue auf Gott, auf deinen festen Willen zum Guten und auf die Liebe deines Carls, die dich vor der ganzen Welt verfechten wird.
Gott segne dich, ich umarme dich aufs innigste theure vielgeliebte Braut. ich muß dein Gesicht in der Schachtel bußen. So! nun gute Nacht. Ewig dein dich über alles liebender treuer Carl. |
Guten, guten! Morgen meine gute liebe Mukkin! Wie geht es dir bist du heiter und gut aufgestanden? Ach ja, ich hoffe es denn mein Brief No. 49 hat gewiß deine richtige Vermuthung bestätigt, daß ich nie böse, höchstens betrübt war, und ich wollte ich könnte diesem Flügel geben, damit er dich auch so bald als möglich von meiner gänzlich zurükgekehrten Heiterkeit überzeugen könne. ich muß freilich noch einige Tage warten ehe ich daßelbe von dir weiß, aber ich tröste mich mit der beinah sichern Hoffnung daß es so ist, weil ich weiß daß nichts in der Welt mehr erhebt und ertragen läßt als die innere Ueberzeugung und das Bewußtsein recht handeln zu wollen. Sollte es übrigens vollends wahr sein, daß ihr ganz miteinander auf dem alten Fuße wärt, was wohl möglich ist, ich aber doch erst von dir und ihnen hören muß um es ganz gewiß zu sein, so bin ich dann gänzlich von deiner zurükgekehrten Ruhe gewiß.
Armer Mukerl, dauerst mich recht. mußt den ganzen schönen Sommer in einem so elenden engen Looß, mit der Mutter und vielleicht gar der Magd, in einem Nest hotten, ach du armer armer Hamster. Wirst wohl fleißig spazieren gehn, zu Kleinwächters in Garten pp. Eigentlich habe ich es recht leicht hernach, wenn du so lange im Fegefeuer hast braten müßen, wenn es dir dann nur ein bißel gut geht, wirst du schon glauben du wärst im Himmel. wenn, notabene deine geschäftige Phantasie dir nicht voraus schon alles zu schön mahlt, und dann das nicht findet. – also denke dir’s nur nicht zu gut bei mir, denk immer an den Brumbär, an die Einsamkeit in der ich dich oft werde müßen hotten laßen, und an die Wirthschaftssorgen. Ja, Mukkes, nun unser Gemüth wieder beruhigt ist, müßen wir gleich wieder von Möbeln reden. ich habe noch 6 Kaffeelöffelchen bestellt beim Silberarbeiter, und eine Fischkelle. dann wird wohl zunächst das nöthigste das Tisch Geschirr sein. mit dem Küchen Geräthe will ich es dem Zufall überlaßen. bekome ich vor Michaeli eine gute Köchin, so kaufe ich das Nöthigste, ist das nicht der Fall, je nun so müßen wir uns die erste Zeit aus dem Engel füttern laßen. das ist freilich nicht sehr angenehm, wird sich aber alles finden. Ach es wird noch so viel zu kaufen geben – so viel! ich weiß schon was ich thue, ich kauf jezt nitz, sondern spare so viel als möglich und dann wenn die Hausfrau da ist und man braucht was, so holt man es frisch wett. Aber mit dem sparen ists so eine Sache. ich brauch entsezlich viel. alle Augenblik komt so eine extra Ausgabe gegangen. des Bedienten Livreè kostet viel, und da ich ihn equipirt habe kann ich mich nicht entschließen, auch etwas an mich zu wenden, und ich gehe bald herum mit Respekt zu sagen wie ein Lump. brauche einen Ueberrok, schwarzen Frak und Hosen, eine Geschichte von 100 Thalern – ich will aber doch sehen daß ich mich den Sommer so fort schleppe, und erst gegen den Winter zu die Sachen machen laße. vielleicht verdiene ich auch bis dahin etwas. Errinner doch die Liebich an die 7 # für den Vandyk. ich mag nicht eine 2t Geschichte wie mit Reinbek erleben. auch hat Sie schon überall allen Kredit verlohren. Wie ist es denn mit der Waldmüller? darauf hast du mir noch gar nicht geantwortet, auf die bestimten Fragen die ich dir deßhalb schrieb. ich bitte dich mach ein bischen meinen Komißionär, denn ich brauche es nothwendig. Aber Sie ist ja schwanger? und würde wohl auch jezt nicht abkommen können zu ein paar Gastrollen hier? Nun guter lieber Schneefuß leb wohl! sei heiter und vergnügt und glaube daß dein Carl es recht von Herzen ist. der arme Baßy schreibt mir eben und grüßt dich, er hat noch Fieber und hütet das Bett, es geht aber beßer, dein Muks aber ist wohlauf und freßt vielen Spargel, wobey er immer wünscht daß du ihn mitfreßerln möchtest. das ist doch alles bei weitem beßer und leichter zu haben als in dem guten Prag. Jezt stürz ich mich wieder in die Akten, und schreib auch noch einige Briefe.
Grüß mir die Mutter und Drs aufs freundlichste, sei brav und erfreue deinen Carl bald wieder durch Briefe aus denen ein frohes zufriedenes Gesicht entgegen lacht. in Ermangelung anderer schikke ich dir hier eine Million Papier Bußen, bis die wirklichen kommen, nun immer näher komt die Zeit.– Gott segne dich + + + Ewig dein dich unendlich liebender Carl.
Editorial
Summary
Tagebuch 19.–21. Mai; habe gemeinsam mit Kind Änderungen an der “Jägersbraut” vorgenommen (vor allem den Schluss betreffend); erwähnt Verbesserungsvorschläge von Carolinen Brandt; werde sich, sobald Kind den Text überarbeitet habe, an die Komposition machen; erwähnt Opernskizzen Winklers; betr. Streit zwischen Caroline und Junghs; private Unstimmigkeiten; Brief von Caroline berichtet von Aussöhnung mit Junghs, Anschaffungen für die Wirtschaft, will die Waldmüller zu Gastrollen verpflichten, sie ist aber schwanger, erinnert an Bericht in dieser Angelegenheit
Incipit
“Heute habe ich seit langer Zeit endlich einen Nachmittag”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
-
1. Fragment: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 96Physical Description
- 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
- Rötel- und Bleistiftmarkierungen von Max Maria von Weber
-
2. Fragment: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Weberiana Cl. II A a 2, 9Physical Description
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- von F. W. Jähns am unteren Rand der Adressenseite mit Tinte: “Carl Maria von Weber an seine Braut. Eigenhändig.”, auf der Rectoseite am oberen Rand rechts mit Tinte: “(Zu No. 50 21. Mai 1817. gehörig)”, links bei Datum mit Bleistift: “Dresden.”
Provenance
- vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403
Thematic Commentaries
Text Constitution
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“… ihr Kopf wäre verlohren ,?”Fragezeichen ist verwischt. gelöscht?
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“Sie”added above
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“geholt”crossed out
-
“eine 4 tel”vierfach unterstrichen
-
“so”crossed out
-
“wahrhaft”dreifach unterstrichen
-
“auch”overwritten
-
“und”added above
-
“nichts”overwritten
-
“etwas”added above
-
“äußerst sehr lieb”dreifach unterstrichen
Commentary
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“… Palais gehen mußte, wo uns”Laut Tagebuch galt die Führung in erster Linie wohl dem Gast F. Weinbrenner, der von Graf Vitzthum und Weber begleitet wurde.
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“… ganze Vormittag von Besuchen gestohlen”Laut Tagebuch wurde Weber von A. Grünbaum, F. Schneider und A. G. Klengel besucht.
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“… wegzuwerfen, und auch den Einsiedler”Rolle heißt in der endgültigen Fassung „Ein Eremit“.
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“… geflennt, o du alter Schloßhunder”Gemeint ist eine Person, die viel weint.
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“… daß ich sie los werde”Laut Webers Brief an C. Brandt vom 6.–9. Mai 1817 (Briefteil vom 8. Mai) hatte er in der Konferenz am 7. Mai den Auftrag erhalten, nach Auswertung der Akten eine Bestandsaufnahme zur deutschen Operngesellschaft in Dresden zu verfassen; sie entstand laut Tagebuch am 22. Mai 1817.
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“… Meine gute”Original „Mein gutes“ oder „Mein guter“; Kasus der folgenden Adjektive vermutlich im Schreibvorgang gewechselt.
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“… buß ich ihm die Schloßhunde”Tränen.