Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher
Prag, Freitag, 10. September 1813
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Absolute Chronology
Preceding
- 1813-08-24: to Weber
- 1813-09-01: from Gänsbacher
Following
- 1813-09-15: to Weber
- 1813-10-02: from Türcke
Direct Context
Preceding
- 1813-07-28: to Gänsbacher
- 1813-09-01: from Gänsbacher
Following
- 1814-03-05: to Gänsbacher
- 1813-11-07: from Gänsbacher
Herrn
In höchster Eile schreibe ich dir diese paar Zeilen die mir deine verehrte Gräfin beyzulegen erlaubt hat, um dir meine Freude über deine glükliche Ankunft*, und den Empfang deines Briefes vom 1t huj: zu bezeigen. deine Comissionen an Capp und Jung sind besorgt. leztere grüßen die‡ 1000 mal so viele alle Bekannten, denn Jedermann nimmt recht warmen Antheil an deinem Schiksale, besonders auch die guten Liebichs. Von dir selbst schreibst du gar wenig, und ich bin noch gar nicht im Reinen mit deiner Anstellung und Verhältnißen, beruhige mich doch baldigst hierüber. Mit mir geht es so ziemlich. Gestern war zum erstenmale Cortez. gieng vortrefflich, und gefiel so, wie etwas diesen kalten Seelen gefallen kann. das Orchester und die Chöre thaten alles mögliche und ich war sehr zufrieden. die Overture wurde sehr aplaudirt, und auch mir geschah diese Ehre nach dem 1ten Akt. Mohrhard aus Wien hat den Alvar gesungen, und sehr gefallen, Er schlägt höchst warscheinlich den andern*. von Dölle ist nichts zu sehen und zu hörenT. Wie sehr fehltest du mir gestern, da hätte ich doch eine Seele gehabt, die wahren Antheil genommen hätte, und begreiffen und fühlen konnte was geleistet wurde. manches gieng wirklich ganz trefflich. Dienstag d: 14t gebe ich ein Concert für die armen BleßirtenT von denen unsre ganze Stadt voll liegt. ich hoffe dadurch dem hohen Adel eine Gelegenheit zu geben, seine Freygebigkeit und Wohlthätigkeit zu zeigen. Schreibe mir ja so bald als möglich wieder, ich habe deinen Brief wohl 10 mal überlesen, jeden Augenblik fehlst du mir. So allein wie ich jezt stehe, habe ich lange nicht gestanden. Wie Gott will, ich habe Kraft zur Ausdauer, und stürze mich in einen Strudel von Arbeit der mich betäuben soll. Gesund bin ich ziemlich. Etwas angreiffend ist es immer.
nun lebe wohl liebster Bruder,
ein schüzzender Engel schwebe um dich und erhalte dein theures Leb[en] und Gesundheit, deinem dich ewig
treust liebenden Bruder
Weber
Editorial
Summary
dankt für Brief; bittet um baldige Nachricht über Gänsbachers Verhältnisse; Bericht über Prager Cortez-Aufführung; erwähnt Konzert zugunsten Kriegsverletzter
Incipit
“In höchster Eile schreibe ich dir”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
Shelf mark: Weber an Gänsbacher 30Physical Description
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- am rechen oberen Rand der Adressenseite Anmerkung von Gänsbacher (Tinte): “Beilage No: 12”
- am linken unteren Rand der Adressenseite Echtheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): “Eigenhändig von C. M. v. Weber.”
Thematic Commentaries
Commentary
-
“… Freude über deine glükliche Ankunft”Gänsbacher war am 31. August 1813 in Klagenfurt angekommen, von wo aus er am 8. September nach Lienz abmarschierte; vgl. Denkwürdigkeiten, S. 47f.
-
“die”recte “dich”.
-
“… schlägt höchst warscheinlich den andern”Fraglich, auf welchen anderen Tenor bezogen, vermutlich nicht auf J. C. Grünbaum, sondern eher auf den nach Prag verpflichteten (jedoch statt dessen 1814 von Augsburg nach Nürnberg wechselnden) C. A. Dölle.