Aufforderung an die Künstler Berlins zu Wohltätigkeitsveranstaltungen für die Hinterbliebenen Webers
Aus Berlin.
Man ehrt große Geister wohl am Schönsten durch die Theilnahme, die man ihren Hinterlassenen schenkt. Solche Geister, die wie einzelne Fackeln über das öde Menschengewirr hervorragen, sterben in der Regel arm. Der Zahlensinn fehlt ihnen, um mit Gall zu reden. Auch Carl Maria von Weber starb in dürftigen Umständen, und die Hinterlassenen haben also Ansprüche an die Mitwelt zu machen, um diese Achtung entgegen zu nehmen, welche der edle Verstorbene durch seine meisterhaften Werke verdiente und nun nicht mehr die Beweise derselben empfangen kann. – Als Frau von Weber die Nachricht von dem Tode Ihres von ihr heißgeliebten, von der Welt bewunderten Gemahls, und zugleich Kunde von den im reichen England gescheiterten Hoffnungen erhielt, verließ sie sogleich ihre große Wohnung, in der sie mit ihrem Gatten so glücklich gelebt hatte, und zog auf das Land. Frau von Weber erhält, wie ein so eben aus Dresden angekommener Fremder mich versichert – eine monatliche Pension von zwölf Thalern!! Vermögen sei durchaus nicht vorhanden! – Als der wackere Andreas Romberg in Gotha starb, der zehn Kinder in dürftigen Umständen hinterließ, forderte ich öffentlich die großen Tonkünstler Berlin auf, sich der Wittwen und Waisen anzunehmen; ich nannte vorzugsweise und ehrfurchtsvoll unsern braven Zelter – ich nenne den Namen des gefeierten Mannes wieder. (Spontini war, seiner Größe als Künstler und Mensch gemäß, so wie seiner Stellung, der Erste, der für die Hinterlassenen schon Sorge trug.) Aber wir haben noch andere Künstler, die durch C. M. v. Webers Harmonieen tausendmal Tausende von Zuhörern begeisterten – unsere trefflichen Hautboisten der Garde-Regimenter. Wie bereitwillig würde der geschätzte Herr Buchhändler Reimer seinen schönen Garten, in welchem unser Möser einen Kunsttriumph feierte, der ihm, so wie dem höchst achtenswerthen Besitzer dieses anmuthigen Lokals, die größte Ehre machte, wieder zu einem solchen Zwecke hergeben, oder Herr Hoftraiteur Jagor seinen glänzenden Saal. Concerte für Webers Hinterlassene, sämmtliche Musikstücke darin von dem Meister – unter Direktion eines Neithardt, Weller u.s.w., die Gesang-Parthieen unter der unsers braven Chor-Direktors Leidel, würden ¦ unter die schönsten und besuchtesten zu zählen sein. Ich kenne darin Berlin. Es steht höher, als das gewinnsüchtige England, das ja in Buttler einen seiner ersten Dichter verhungern ließ!!
Kuhn.Editorial
Summary
Artikel über die Umstände der Witwe Webers, ihrer monatlichen Pensionszahlung von 12 Talern, des notwendig gewordenen Umzugs; Verweis auf Zelters und Spontinis Verdienste und Aufforderung, weitere Veranstaltungen für die Hinterlassenen Webers zu veranstalten
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Schreiter, Solveig
Tradition
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Text Source: Der Freimüthige oder Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser, vol. 23, Nr. 161 (14. August 1826), pp. 643