## Title: Gutachten zu einem Weber fälschlich zugeschriebenen Klarinetten-Konzert (Entwurf). Berlin, 6. September 1877 ## Author: Jähns, F. W. ## Version: 4.12.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A100358 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Mein Urtheil über dies angeblich von Weber#lb# componirte Concertino (Concert No III)#lb# für Clarinett mit Orchester, Es dur. 3 Sätze.Vergl. die musikal. Beilage. Daß das Concert. von C. M. v. Weber componirt sei – dieser Behauptung möchte ich auf das Entschiedenste widersprechen. Freilich ist in W.’s hinterlassenen Tagebüchern die Rede von einem Clar.-Concert, zu dessen Composition der berühmte Clarinettist Hermstedt ihn aufgefordert habe; freilich componirte W. danach am 4. Febr. 1815 an diesem Concert – aber ganz unzweifelhaft vollendete er dasselbe niemals, da zuvörderst diese Tagebuchs-Notiz in den mit großer Sorgfalt geführten Aufzeichnungen W.’s die einzige ist, die das Concert für Hermstedt bespricht, wohingegen jede Composition an all’ den Tagen, an denen er an diesen mehr oder weniger arbeitete, darin erwähnt wird. – Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist jedoch zu behaupten: daß Weber die Composition des für Hermstedt bestimmten Concerts aus verschiedenen, bei näherer Kenntniß der Verhältnisse, einleuchtenden Gründen gänzlich aufgegeben u. das dafür bereits Niedergeschriebene später zu dem am 8. Nov. 1816 vollendeten Duo concertant für Clarinette u. Pfte. op. 48 benutzt hat. Ausführlich ist dieser Gegenstand besprochen in meinem Werke: „C. M. v. Weber in seinen Werken“ Anhang No. 57 pag. 434. – Das vorliegende Concertino kann schon um deßwillen unmöglich von C. M. v. W. herrühren, weil es ganz undenkbar ist, daß W. eines der damals schon weltberühmtesten Thematen von Beethoven als den Hauptgedanken des Solo-Clarinetts im ersten Satz aufgestellt haben sollte. – Übrigens zeigt, so weit dies aus dem mir übersandeten Clavier-Auszuge zu ersehen ist, die Form des Ganzen eine geübte Musiker-Hand, wie die Formen der Einzelheiten eine im Wesen des Clarinetts durchaus gewiegte Kennerschaft so weit ich dies beurtheilen kann, die in dem vorliegenden Concerte zwar nicht ein dem Genius Weber’s gleichwerthiges Werk schaffen konnte, doch aber | eine achtbare Arbeit geliefert hat, die, für die Literatur des Instruments stets ersprießlich u. auch interessant, auch allenfalls zum Druck nicht ungeeignet erscheint, wenn sie nur nicht den bösen Makel jenes Beethovenschen Gedankens aus dessen Septuor an der Stirn trüge u. nicht etwa Weber ferner als Componist genannt würde. Ich halte sie für ein Spekulations-Opus aus der Zeit der hohen Begeisterung für Weber, mit viel Geschick u. sogar Kenntniß Weber’scher Schreibart hergestellt, ähnlich der W. als dessen op. 81 untergeschobene Fantasie „Les Adieux“ (von Fd. Burgmüller geschrieben), ferner ähnlich dem „Allegro di Bravura“, das freilich als elende Verunstaltung des Ddur-Rondo’s der Weber’schen Dmoll-Sonate op. 49, angeblich, von Czer[n]y herausgegeben wurde, und dergl. mehrerem Andern. – #lb#F. W. Jähns.#lb# Prof.#lb#Berlin. 6. Sept.#lb# 1877.