Friedrich Wilhelm Jähns an Robert Musiol in Röhrsdorf
Berlin, Samstag, 2. September 1876
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Schönen Dank für Ihren lieben Brief! Erlauben Sie mir einige Bemerkungen dazu.
1.) Es bleibt also dabei, daß der Weber-Artikel von mir durchaus unverkürzt im Schuberth-Lexikon in 10ter Auflage erscheint – und – daß ich Correctur bekomme.
2.) Sie rathen richtig: Taubert ist einer meiner ältesten Jugendfrunde; wir fanden uns zusammen als er 10, ich 12 Jahre zählte u. das langjährige Freundschaftsverhältniß besteht in ungetrübter Frische. Er ist ein hochfeiner Geist! — Dank für den lieben u. schönen Platz, den Sie Ihm gegenüber meinem Bilde bei Sich anwiesen. |
3.) Das Portrait von Weber, welches Sie besitzen, kenne ich nur zu gut. Es ist eine pure Composition von so höchst widerlicher gemachter Sentimentalität, daß ich es nicht ausstehen mag. Ihm so einen Mantel so affectirt umzuhängen. Ja, er war grade so Einer, der sich so in den Wald hinpflanzte, um ex professo über den Freischütz loszusinniren. Wie weit war dieser rein innerliche Mensch von solcher Komödie!!* – – Ein vollkommen gutes Bild von ihm giebt es leider nicht. Erreiche ich einmal etwas annähernd Gutes, so sende ich es Ihnen. Für heut sende ich Ihnen einige im Handel nicht erreichbare Curiosa. 1.) Eine Photographie von C. M. v. Weber nach einer Zeichnung aus Weber’s Erstem Lebensjahre. 2.) Photographie nach einer Silhouette, befindlich im Stammbuche C. M. v. Weber’s, dessen Vater Franz Anton v. Weber darstellend. – | 3.) Eine Photographie der Votiv-Tafel am Weber-Häuschen in Klein-Hosterwitz bei Pillnitz 4.) Eine Photographie des Weberhäuschens i. Kl: Hosterwitz, wo er Euryanthe, Aufforderung z. T, E dur Polon. und viele seiner bedeutendsten Werke schrieb. In dem kleinen Zimmer hinter dem einen Fenster im Winkel (worüber oben das kleine +) arbeitete er.
4.) Sie sprechen von biographischen Fragmenten über W. in Hoffmann’s Schles. Tonkünstler-Lexikon. Ich danke für diese Notiz. Ich, der ich so ziemlich alles zu kennen glaubte, kenne sie nicht. Hoffentlich hat sie unsre Königl: Bibliothek.
5.) Den Aufsatz von Lobe kenne ich, aber ich vermisse ihn in meinem Archive. Ist es Ihnen nicht zu umständlich, so bitte senden Sie mir doch Ihre Abschrift. Ich werde Ihnen dagegen senden: „Gespräche mit Weber[“] von J. C. Lobe. Bitte, schreiben Sie mir, ob Sie sie kennen! Das ist eine tolle Geschichte, die Sie aufs Höchste amüsiren wird‡, wenn ich Ihnen | den Schlüssel zu dem Curiosum gebe, u. Sie die „Gespräche“ u. den „Schlüssel“ nicht etwa schon kennen. Sie standen in „Fliegende Blätter für Musik“ – Erstes Heft pag. 27–34; Zweites Heft pag. 110–122. Pag. 119 bringt das Curiosum; Curiosum deshalb, weil man einen hochachtungswerthen Mann u. Künstler auf einem Irrthum haften sieht, dem zu Liebe er sich eine Blöße giebt, die andern Menschen auch passiren kann, die aber durch den Apparat, sie verdecken zu wollen, gradezu komische‡ wirkt, kurz, wieder eine von den „unwahren“ Anecdoten über W., höchst unvorsichtig zu Tage ge‡fördert.
6.) Wie man auf den 6. oder 7. Juli als Todestag W.’s verfallen sein mag? – Ja, mein Gott, worauf fällt die Oberflächlichkeit, Gleichgültigkeit nicht alles! Es bedarf keines Todtenscheins von Moorfields’s Chapel. Was den Tag u. einige Tage nach dem 5. Juni alle Londoner u. alle Blätter der civilisirten Welt besprachen, Weber’s Tod am 5. Juni, kann wohl nicht am 6. oder 7. Juli passirt sein. Was läßt sich da sagen?!! – Besten Gruß Ihres ergebenen F. W. Jähns
Editorial
Summary
berichtet von seiner Freundschaft mit Wilhelm Taubert, äußert sich über Weber-Bildnisse und meint, dass es überhaupt kein gutes gäbe; schickt ihm verschiedene Fotos (Weber im 1. Lebensjahr, Silhouette Franz Anton, Hosterwitz, Votivtafel dort); dankt für Hinweis auf Hoffmanns Tonkünstlerlexikon und lässt sich über Lobe's Gespräche mit Weber aus
Incipit
“Schönen Dank für Ihren lieben Brief”
Responsibilities
- Übertragung
- Frank Ziegler
Tradition
Text Constitution
-
“wird”added above
-
“e”crossed out
-
“ge”added above
Commentary
-
“… Mensch von solcher Komödie !!”Gemeint ist das Weber-Bildnis (der Komponist, angelehnt an einen Baum, mit übergeworfenem Umhang) von Edouard Jean Conrad Hamman (1819–1888). Vom selben Künstler stammt auch das noch theatralischere Bildnis La dernière pensée de Weber.