Carl Graf von Brühl an Carl Maria von Weber in Prag (Entwurfs-Diktat)
Berlin, Sonntag, 17. September 1815
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Hochwohℓ
Recht herzlich habe ich mich gefreut durch Herrn Beyer Ihre mir herzlich‡ sehr‡ willkomne Zuschrift erhalten zu haben, mein werther Freund‡ bester Herr von Weber‡, und d[ie] darin ausgesprochene Versicherung, daß Sie nach Beendigung Ihrer Oper selbst würden zu uns kommen wollen, um dieselbe aufzuführen, hat mir wahrhaft großes Vergnügen gemacht.‡ S‡oviel sage ich Ihnen indeß voraus, daß wenn Sie einmal hier sind, ich Sie auch nicht wieder weg laße. Ich brauche Männer von Ihrem Geiste und Kunstsinn‡ wie Sie‡, die meinen Eifer und guten Willen zu erkennen und‡ zu schätzen wißen, die den alten Schlendrian haßen und Liebe zur Kunst genug haben, um kräftig mitzuarbeiten gält es auch einige bittere Opfer. Sie können‡ kennen die hiesigen Theaterverhaltniße genug um zu wißen, daß ich hierin von keiner Seite unterstützt werde. |
Ob ich Ihnen zu dem von Gubitz versprochenen OperntextT Glück wünschen darf, wage ich nicht zu bestimmen. Nach allem, was ich von ihm gesehen, scheint er durchaus kein dramatisches Talent zu haben, da ist Wohlbrück in München ein ganz anderer Dichter
Mit Ungeduld erwarte ich deßen Athalia von Poißl komponirt. Wenn mir ein paßender Operntext unter die Augen kommt, so will‡ soll‡ ich Ihnen denselben schicken?‡
Beyer hat hier leider gar nicht gefallen*. Man ist sehr ungerecht gegen ihn gewesen und ich habe mich schon darüber geärgert; allerdings ist seine Figur zu den jugendlichen Rollen, welche er gewählt, durchaus nicht paßend und sein etwas rauhes Organ und eingermaßen fremdartige Dialect hat das Publikum so gestört, daß es ihn nicht mehr ansehen mochte. So viel ich nur konnte, so‡ habe ich für ihn Lanzen gebrochen, denn wenn er auch kein | Garrik*, ist‡ kein Fleck, kein Iffland, kein Schröder ist, so halte ich ihn doch fur einen sehr braven und denkenden Schauspieler. Er hatte das Ungluck gleich in der ersten Rolle im Carl Moor heiser zu werden, weil er sich zu viel überschrie und dadurch war er beim‡ bei‡ dem sonst schreilustigen‡ Publiko schon verloren.
Mattausch schreit auch zuweilen wie ein Adler, er‡ wird aber nicht heiser und dadurch hat er gewonnen Spiel. So sind die Menschen.
In einigen Rollen namentlich in Fridolin hat er‡ Beyer‡ auch die Lebhaftigkeit wahrhaftig‡ ernsthaft‡‡ wirklich übertrieben und bis in’s lächerliche gesteigert[.] Schade um seine wahrhaften Schauspieltalente, welche ganz verkannt worden
Erhalten Sie mir die Fortdauer Ihres freundlichen Andenkens und seyen Sie von meinem so wie von meiner herzlichsten Hochachtung überzeugt Berlin d 17 Septb 1815
Editorial
Summary
will Webers neue Oper für Berlin übernehmen und möchte ihn zur Unterstützung der eigenen Sache für Berlin gewinnen; erwähnt Opernplan Webers nach Text von Gubitz (Alfred); empfiehlt ihm Wohlbrück als Textdichter; berichtet über das wenig erfolgreiche Gastspiel des von Weber empfohlenen Franz Rudolf Bayer
Incipit
“Recht herzlich habe ich mich gefreut durch Herrn Meyer”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Thematic Commentaries
Text Constitution
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“herzlich”crossed out
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“sehr”added above
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“mein werther Freund”crossed out
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“.”“,” overwritten with “.”
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“S”“s” overwritten with “S”
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“von Ihrem Geiste und Kunstsinn”added in the margin
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“wie Sie”crossed out
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“und”added above
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“können”crossed out
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“so will”crossed out
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“soll”added above
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“beim”crossed out
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“ bei”added above
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“dem sonst schreilustigen”added in the margin
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“er”crossed out
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“er”crossed out
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“Beyer”added above
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“wahrhaftig”crossed out
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“ernsthaft”added above
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“ernsthaft”crossed out
Commentary
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“… hier leider gar nicht gefallen”F. R. Bayer gastierte an den Königlichen Schauspielen vom 6. bis 19. September 1815. Er spielte laut Anzeigen in den Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen Carl Moor in den Räubern (6. September), den Grafen von Savern in Fridolin (7. und 13. September), Major von Waller in Kabale und Liebe (11. September), Max Piccolomini in Wallensteins Tod (15. September) und Major von Tellheim in Minna von Barnhelm (19. September).
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“… wenn er auch kein Garrik”David Garrick (1717–1770) berühmter englischer Schauspieler.