Bericht über Webers Aufenthalt in London
Miscellen aus England,
im Mai 1826.
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Um dem Coventgarden-Theater, wo Maria v. Webers allgefeierter Oberon bereits 18 ununterbrochene, stets bei überfließendem Hause gegebene Vorstellungen erlebte, Abbruch zu thun, hatte das wetteifernde Drurylane-Theater am 29 April zum erstenmal eine gewaltige neue Zauberoper, Aladdins Lampe, aus der 1001 Nacht, auf die Bühne gebracht. Der berühmte englische Tonsetzer und Musikdirektor Bishop hatte mehrere Monate alle seine Kräfte aufgeboten, um Webers Tonsatz zu überbieten. Allein obgleich die gefeierte Mrs. Stephens den Aladdin eben so lieblich spielte als sang, und eine neue, sehr schöne Schauspielerin, Mrs. Johnson, von der Stephens unterrichtet*, die Nurmahal gab, auch einzelne Arien und Chöre, so wie die Ouvertüre selbst, trotz ihrer Anklänge an Kirchenmusik, (Bishops eigenthümliches Genre) wiederholt werden mußten, so ist doch schon das Verdammungsurtheil darüber gesprochen, und schon nach der dritten Vorstellung, der Weber in einer Seitenloge beiwohnte*, und als man ihn entdekte, mit allgemeinem Beifall begrüßt wurde, mußte die weitere Vorstellung ausgesetzt werden*. Man hatte sich in Decorationen erschöpft, allein bei der Aufführung selbst ging auch das Maschinenwesen sehr verwirrt, und brachte große Störung in die Vorstellung. Weber ist und bleibt an der Tagesordnung. Ob es gleich jetzt alle Tage große Concerte gibt, und die Zeitumstände nicht die günstigsten sind, so darf doch Weber bei seinem schon seit 14 Tagen angekündigten großen Concert in den Royal musical rooms in Argylestreet, am 26 Mai (also den Tag nach der wahrscheinlichen Auflösung des Parlaments, wo doch alles noch in der Stadt ist) um so mehr halbe und ganze Guineen erwarten (eine halbe Guinee ist das bestimmte Legegeld), als er dort die in England noch gar nicht bekannte große Cantate auf die Schlacht bei Wa|terloo‡ unter des königlichen Kapellmeisters‡ Cramer Leitung, und unter seiner eigenen Direktion, aufführen wird*. Er schikte sie bald nach ihrer Vollendung an den König von England*, und erhielt damals durch Mißverständnisse, die in den Umgebungen des Königs lagen, keine Antwort. Dis‡ wird ihm nun jetzt, sobald nur der König ganz wiederhergestellt ist, doppelt vergolten werden. Das Copyright für den bloßen Klavierauszug des Oberon ist an den Kunsthändler Hawes für 1000 Pf. verkauft worden, ob durch Kemble oder ihn, ist zweifelhaft. Aber allgemein sagt man, daß Weber von Carl Kemble nicht sehr freigebig belohnt worden sey. […]
Editorial
General Remark
Autorenzuweisung nach dem Beiträger-Register der Allgemeinen Zeitung, hg. von Bernhard Fischer, München 2003 (lt. hs. Randnotiz im Cottaschen Redaktionsexemplar)
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Ziegler, Frank
Tradition
Text Constitution
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“Dis”sic!
Commentary
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“… , von der Stephens unterrichtet”In The Literary Gazette, and Journal of Belles Lettres, Arts, Sciences, &., Nr. 484 (29. April 1826), S. 269 heißt es: „‚The young lady‘ announced for a ‚first appearance‘ in the new opera of Aladdin, is Miss Johnson, the niece and pupil of Miss Stephens.“
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“… die weitere Vorstellung ausgesetzt werden”Nach der Premiere gab es laut Theatrical Observer weitere Vorstellungen am 1., 2., 4., 5., 9., 12., 20., 23. und 30. Mai 1826.
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“Kapellmeisters”recte “Konzertmeisters”.
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“… seiner eigenen Direktion, aufführen wird”Im genannten Konzert wurde nicht die in London bereits mehrfach (1825 im Drury Lane Theatre) aufgeführte Kantate Kampf und Sieg, sondern die in London tatsächlich noch unbekannte Jubel-Kantate (in der englischen Adaption als The Festival of Peace) gegeben.
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“… an den König von England”Die Übersendung erfolgte nicht an den damaligen König, sondern an den Prinzregenten.