Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: “Die Braut von Messina” von Schiller am 13. Juli 1819 (Teil 3 von 3)
Die Braut von Messina.
(Beschluß.)
Zwei Bemerkungen mögen hier noch über ihre Declamation stehn. Ein ehrenwerther Recensent in den Originalien bemerkt über ihr Spiel der Isabelle in Hamburg im Sommer 1817, daß sie in der Anrede an die Aeltesten von Messina, da wo sie die harte Rede derselben selbst wiederholt, darin selbst den Ton, in dem der Aelteste sie gesprochen, nachgeahmt habe, und tadelt dieß als völlig unstatthaft. Es kommt alles darauf an, wie weit diese Nachahmung ging. Doch wohl nicht bis zur Parodie zürnender Gemeinheit! Wir haben den Ton dieser angeführten Rede grade so fein nüancirt gefunden, als es mit der etwas gereizten Stimmung vereinbar ist, in die sie sich durch die Anmaßungen der Aeltesten versetzt findet. Aber sehr brav und aus dem Innern der Situation gegriffen, gab sie in der zweiten Wiederholung der trügerischen Orakel an den sie umstehenden Chor die schon früher da gewesene Erzählung so, daß sie solche schnell von der Zunge abrollen ließ, in beschleunigender Hast, nicht anders, als wenn sich die Worte in sich selbst verwickeln müßten. Sie kann’s ja im Affect und Unmuth gegen die Lügenorakel nicht schnell genug herausbringen. Es machte eine vortreffliche Wirkung. Jedermann fühlt: so muß es seyn. Die ganze Stelle wegzulassen – der Weg der Theaterfaulheit und aller trägen Thiere de tons les anes – ist Frevel gegen den Dichter; sie zu declamiren, Unsinn. So müssen ja, wie Cesarotti einmal in seiner Erklärung zu Aristoteles Dichtkunst angemerkt hat, auch die so oft wiederkehrenden Reden in Homer, buchstäblich dieselben in mehren Versen hintereinander, schnell von den Rhapsoden abgesungen gedacht werden.
In dieser Rolle mag selbst das Costüm für wichtiger gehalten werden, da es wegen der viel zu sehr getadelten, in der Natur des ganzen Versuchs liegenden Unbestimmtheit des Ueblichen im ganzen Stück auch bloß von der Fantasie der Künstlerin geschaffen werden muß. Die einst in dieser Rolle hochstehende Bethmann sehen wir in den Berliner Theaterkostüms (Heft XIV., 4.) ganz schwarz, aber sehr modern, wie jetzt noch jede Witwe trauern könnte, ¦ kostümirt. Nach Schillers eigener Angabe sollte sie unter einer, vorn etwas aufgeschürzten, mit einem weißen Gürtel gefaßten, schwarzen Tunika, einen glänzend weißen, bis auf die Fußspitzen herabfließenden Leibrock tragen, und so ist sie auch von Ramberg in der Gallerie zu diesem Stücke vorgestellt worden. Die volle Trauer weicht dem heutigen Freudentage. Mad. Schröder hatte ihr eigenthümliches Costüm dazu nicht mitgebracht.
Von den verdienstlichen Leistungen der Mitspielenden ist schon die Rede gewesen. Schonung verbietet uns das mißlungene Wagestück eines Gastes genauer zu bezeichnen. Mad. Schröder ließ sich jede Ungehörigkeit wenig irren, oder sie sah auch wohl in ihrer geistigen Anschauung einen ganz andern Don Cesar vor sich, und würde auf Befragen gerade so geantwortet haben, wie die Künstlerin, von welcher Müllner in seinem ersten Almanach für Privatbühnen (S. 321) erzählt. Daß sie am Schluß auch dießmal herausgerufen wurde, versteht sich.
Böttiger.Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: “Die Braut von Messina” von Schiller (Teil 3 von 3)
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Fukerider, Andreas
Tradition
-
Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 177 (26. Juli 1819), f 2v