## Title: „… der Bühne Vorhang fällt nun zu“. Franz Anton von Weber und das Eutiner Theater zwischen 1779 und 1785 ## Author: Ziegler, Frank ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A033217 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Zu Franz Anton von Webers Dienstpflichten als Hofkapellmeister in Eutin (ab April 1779) gehörte u. a. die musikalische Leitung der alljährlichen Theatergastspiele in Eutin; diese Tätigkeit führte er offenbar auch in den Jahren nach Auflösung der Hofkapelle (1781) weiterZu Webers Eutiner Anstellungen als Hofkapellmeister bzw. Stadtmusikant vgl. Frank Ziegler, „Wie tief nun meine Hoffnungen gesunken sind“. Franz Anton von Weber in Eutin, in: Jahrbuch für Heimatkunde Eutin, Jg. 41 (2007), in Vorbereitung.. Bislang ist Webers Wirken als Theaterdirigent in Eutin kaum beachtet worden, und obgleich Axel E. Walter 1996 in seiner Studie zur regionalen Theatergeschichte viel Quellenmaterial erschlossen hatAxel E. Walter, „Das Eutinische Theatre 1776–1785. Ein Beitrag zum Theaterleben am Hofe des Fürstbischofs von Lübeck“, in: Nordelbingen. Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte, Jg. 65 (1996), S. 41–62. Hinweise auf wesentliche Quellen zur Thematik finden sich bereits bei: Carl Stiehl, Musikgeschichte der Stadt Lübeck nebst einem Anhange zur Geschichte der Musik im Fürstenthum Lübeck, Lübeck 1891, S. 103–110; Heinrich W. Schwab, „Zur Musikkultur des Adels in Schleswig-Holstein gegen Ende des 18. Jahrhunderts“, in: Staatsdienst und Menschlichkeit. Studien zur Adelskultur des späten 18. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein und Dänemark (Kieler Studien zur deutschen Literaturgeschichte, Bd. 14), Neumünster 1980, S. 187–209 sowie bei Matthias S. Viertel, Die Musik am Eutiner Hof. Von der Reformation zur Revolution (Eutiner Bibliothekshefte, Nr. 4), Eutin 1991., bleiben noch etliche Fragen offen. Nachfolgend soll der Blick speziell auf die Theateraktivitäten der Jahre 1779 bis 1785 gelenkt und Webers möglicher Anteil an den Darbietungen des Musiktheaters diskutiert werdenMein herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Ermittlung von Originalquellen in der Landesbibliothek Eutin (nachfolgend D-EU), im Stadtarchiv Eutin sowie im Niedersächsischen Staatsarchiv in Oldenburg (nachfolgend D-OLns) gilt den Herren Dr. Frank Baudach, Rainer Millmann und Dr. Matthias Nistal.. Für Weber war die Theaterarbeit durchaus kein Neuland – als Musikdirektor der Stöfflerschen Schauspielgesellschaft hatte er spätestens ab Frühjahr 1777 den Alltag einer reisenden Theatertruppe kennengelerntVgl. Frank Ziegler, „Franz Anton von Weber und die Stöfflersche Schauspielergesellschaft. Materialsammlung zu einer Theaterchronik“, in: Weberiana 14 (2004), S. 5–33.. Möglicherweise gaben diese einschlägigen Erfahrungen sogar den Ausschlag für seine Berufung als Hofkapellmeister nach Eutin, denn der dort residierende Lübecker Fürstbischof und Herzog von Friedrich August von Holstein-Gottorp (1711–1785) zeigte neben seiner Passion für die Jagd auch lebhaftes Interesse am Theater, besonders an unterhaltenden Lust- und SingspielenZur Mitgestaltung des Eutiner Theater-Repertoires durch den Herzog vgl. Walter (wie Anm. 2), S. 50.. Im September 1776 war der Befehl an den Architekten Georg Greggenhofer ergangen, die 1772 von ihm im Eutiner Schloßgarten errichtete Orangerie zu einem „Comoedien-Hause“ auszubauenVgl. Gisela Thietje, Der Eutiner Schloßgarten. Gestalt, Geschichte und Bedeutung im Wandel der Jahrhunderte (Studien zur schleswig-holsteinischen Kunstgeschichte, Bd. 17), Neumünster 1994, S. 125–127., nachdem zuvor der Tanzsaal des Eutiner Schlosses als Raum für Theater-Aufführungen gedient hatteAnläßlich der Darbietung einer französischen Komödie am 2. November 1769 war Georg Greggenhofer beauftragt worden, diesen Saal entsprechend herzurichten; vgl. Ulrich Pietsch, Georg Greggenhofer 1719–1779. Fürstbischöflicher Baumeister an der Residenz Eutin. Ein Beitrag zum Backsteinbarock in Schleswig-Holstein, Dissertation Kiel 1977, S. 112.. Die Orangerie im Eutiner Schloßgarten, 1777 bis 1785 nach Umbauten als Theater genutzt, Fotos von Frank Ziegler (2005) Das nunmehr entstandene Theater – Webers Wirkungsstätte ab 1779 – wird als klein, jedoch „gut eingerichtet“ beschriebenVgl. Geographisch- und Staatistische Beschreibung des Herzogthums Holstein, Bisthums Lübek, der Insel Femern, der Hauptstadt Dänemarks, und der freyen Reichsstädte Hamburg und Lübek. Ein nicht unwichtiger Beytrag zur Länder- und Völkerkunde, Altona [i. e. Regensburg] 1790, S. 64.. Abbildungen oder Pläne blieben zwar nicht erhalten, aber aus Rechnungen und Inventaren ergibt sich ein ungefähres Bild des Hauses: ein Parterre mit 18 Bänken, darüber eine Reihe von drei Logen mit insgesamt 66 Stühlen (36 davon in der fürstbischöflichen Loge), vor der Bühne ein kleiner Orchesterplatz mit zwei Sitzbänken für die Musiker, dazu eine recht bescheidene Ausstattung mit Dekorationen für die KulissenbühneVgl. Pietsch (wie Anm. 7), S. 113f. sowie Walter (wie Anm. 2), S. 41–44.. Insgesamt dürfte das Haus ca. 250 Personen gefaßt haben. Zur Verfügung stand im Schloßgarten zudem das um 1720 errichtete HeckentheaterVgl. Thietje (wie Anm. 6), S. 87-89. Diese Anlage ist noch auf dem von Daniel Rastedt 1780 gezeichneten Plan des Eutiner Schloßgartens erkennbar (ebd., S. 127)., das zu dieser Zeit allerdings wohl nicht mehr für Theateraufführungen genutzt wurde. Die ab 1777 nachweisbare alljährliche Theatersaison, die von wechselnden, befristet konzessionierten Ensembles ausgerichtet wurde, fand immer im Winter statt, sie dauerte „gewöhnlich vom 31. Oktober jedes Jahres bis gegen den Schluß der Fasten“Vgl. „Theaterwesen zu Eutin“, in: Ephemeriden der Litteratur und des Theaters, Berlin, Jg. 2, Bd. 3, Nr. 8 (25. Februar 1786), S. 115.. Die Eröffnungsvorstellung diente dabei gleichzeitig als festlicher Rahmen für die Geburtstagsfeier der Herzogin Ulrike Friederike Wilhelmine (1722–1787); aus dem Herbst 1777 ist beispielsweise das Manuskript mit den Texten der musikalischen Nummern eines entsprechenden Fest-Prologs überliefertVgl. Walter (wie Anm. 2), S. 45.. Die engagierten Gesellschaften, die in diesen vier bis fünf Monaten „gewöhnlich dreymal die Woche“ spielten, erhielten „vom Hofe ein gewisses Gehalt“ (1784/85 sind pro Woche 100 Taler Hamburger Courant nachgewiesen; s. u.), durften aber gleichzeitig „von übrigen Zuschauern aus der Stadt und von Fremden Zahlung“ nehmen Geographisch- und Staatistische Beschreibung (wie Anm. 8), S. 64f. Die Angaben beziehen sich auf die Zeit bis 1785; danach wurden die Vorstellungen eingestellt., eine Art Mischfinanzierung also, die den Etat des Hofes entlastete. Ulrike Friederike, Gemahlin von Friedrich August (ca. 1767?) Gemälde von Justus Juncker In der Geographisch- und Staatistischen Beschreibung des Herzogthums Holstein liest man über das Eutiner Theater, es würde „beständig darauf gesehen, daß eine gute Schauspielergesellschaft sich dort aufhalte“Ebd., S. 64.. Tatsächlich sind bereits vor Webers Amtsantritt Gastspiele von zwei Gesellschaften in Eutin nachweisbar. Um den Jahreswechsel 1777/78 trat die Truppe von Christian Joseph Anton Jüngling im herzoglichen Komödienhaus auf, allerdings mit wenig Glück. Zur Fastenzeit sah sich der Prinzipal aufgrund von „Cabalen“ gezwungen, seine Gesellschaft hier zu verabschieden; er selbst zog sich vom Theater zurück und fand als Bierbrauer in Lübeck ein besseres AuskommenVgl. Taschenbuch für Schauspieler und Schauspielliebhaber, Offenbach am Main 1779, S. 446; s. a. Theater-Kalender, auf das Jahr 1782, hg. von Heinrich August Ottokar Reichard [nachfolgend TK], Gotha 1781, S. 140 (innerhalb der Geschichte der deutschen Bühne). Zum Personal der Gesellschaft Vgl. TK 1778, Gotha 1777, S. 209f.. Für die nächste Saison 1778/79 war zunächst die „Hentschelische Gesellschaft“ angekündigtVgl. TK 1779, Gotha 1778, Anh., S. XII., die allerdings nicht nach Eutin kam. In einem Bericht von 1779 heißt es dazu: „die Gesellschaft ward durch den Abgang einiger ihrer besten Mitglieder, mit denen der Direkteur in Streit gerathen war, geschwächt, und die Theminische Truppe erhielt statt ihrer die Erlaubniß den Winter in Eutin zu spielen“Vgl. Theater-Journal für Deutschland, hg. von H. A. O. Reichard, 15. Stück, Gotha 1780, S. 130.. Die letztgenannte Truppe – die „Herzoglich Holstein-Eutinische Schauspieler-Gesellschaft“ von Martin Jakob ThimmVgl. Gottfried Junge, Die Geschichte des Theaters in Kiel unter der dänischen Herrschaft bis zur Errichtung einer stehenden Bühne (1774–1841) (Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Nr. 34), Kiel 1928, S. 167. Die Theater-Kalender für 1780 und 1781 bringen keine detaillierteren Angaben zu Thimms Gesellschaft. – kam, wohl durch die nachträgliche Konzessionserteilung, verspätet in die holsteinische Residenz. Der Fürstbischof vermerkte in seinem Journal den „Comoedie Anfang“, d. h. den Beginn der Spielzeit, erst für den 18. Januar 1779 D-EU, Ms 68 (handschriftliches Journal des Herzogs Friedrich August), Bl. 126r.. Die an diesem Tag von Constantia Thimm, der Ehefrau des Prinzipals, gesprochene Antrittsrede hat sich in der Eutiner Landesbibliothek erhalten D-EU, S 275; vgl. auch Walter (wie Anm. 2), S. 45.. Dieselbe Gesellschaft spielte nach Aufenthalten u. a. in Plön (April 1779), in Burg auf Fehmarn (Mai/Juni 1779) und in Itzehoe (Juni/Juli 1779) in der Wintersaison, also nach dem Engagement Webers als Hofkapellmeister, wiederum in EutinStiehl, Musikgeschichte (wie Anm. 2, S. 105) behauptet fälschlich, 1780 hätte in Eutin die Gesellschaft von Jean Tilly gespielt. Tatsächlich übernahm Tilly erst 1781 eine eigene Gesellschaft (vgl. w. u.). Zu Thimms Stationen vgl. Eike Pies, Das Theater in Schleswig 1618–1839 (Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft, Neue Folge, Bd. 53), Kiel 1970, S. 53, 182f., 187 und 189., allerdings liegt diese Spielzeit weitgehend im Dunkeln. Bekannt ist, daß sowohl von Thimm selbst als auch von seinem Schauspieler Bock eingereichte Anträge auf Verlängerung der Schauspiel-Saison abschlägig beschieden wurden. Auf Bocks Anfrage nach drei zusätzlichen Vorstellungen (vermutlich als Benefiz) reagierte der Herzog eher ungehalten. Hofmarschall Karl von Both hatte dem Bittsteller laut Bescheid vom 15. Februar 1780 mitzuteilen: D-OLns, Best. 30-3-30, Nr. 8. Friedrich August, Herzog von Oldenburg, Fürstbischof von Lübeck (1781) Gemälde von Theodor Friedrich Stein „daß so wenig dem Schauspieler Directeur Thimm selbst auf sein Ansuchen die Fortsetzung der Schauspiele verstattet worden, auf ihre gegenwärtige Bitte die mindeste Rücksicht genommen werden könnte, vielmehr sie damit schlechterdings abgewiesen würde. Ferner hat […] Hofmarschall dem Supplikanten zu bedeuten, daß Wir von ihnen als gantz fremde Leute, die sich allhier so wenig durch ihre Aufführung als durch ihre Talente ausgezeichnet hätten, durchaus nicht behelligt seyn wollten, noch Uns verbunden erachteten, den Verlust den sie aus ihren privat eng[a]gements mit ihrem vorigen Directeur vorgeblich litten auf Unsern eignen oder des hiesigen Publici Kosten ersetzen zu laßen.“ Es bleibt unklar, ob sich das Mißfallen allein auf den Schauspieler bzw. das Ehepaar Bock oder aber auf die gesamte Gesellschaft bezog; die Zeugnisse, die Thimm Anfang März 1780 von Eutin aus nach Lüneburg sandte, um die dortige Theaterkonzession zu erhalten, lauteten jedenfalls „für ihn und seine Gesellschaft gantz vortheilhafft“Peter A. von Magnus, Die Geschichte des Theaters in Lüneburg bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Lüneburg 1961, S. 335. Thimm ging von Eutin zunächst nach Ratzeburg, dann nach Lüneburg (ebd., S. 335–338).. Allerdings spielte die Truppe Anfang 1780 letztmalig in Eutin. Webers Beteiligung an den Aufführungen dieses Winters wie auch der nachfolgenden Saison 1780/81 steht außer Frage, da sie zu seinen dienstlichen Verpflichtungen als Hofkapellmeister gehörte. Wandertruppen führten kaum musikalisches Personal mit sich und griffen üblicherweise auf die vor Ort befindlichen Musiker zurück – im Falle Eutins immerhin eine Hofkapelle mit ca. 15, allerhöchstens 20 MusikernVgl. „Hoffnungen“ (wie Ziegler, Anm. 1). Webers Aktivitäten bezüglich Gründung eines fest engagierten Chores waren allerdings ergebnislos geblieben (vgl. ebd.).. Leider gibt es keinerlei Beschreibungen der Aufführungen in diesen beiden Spielzeiten, die uns über die Qualität der musikalischen Darbietungen und die Besetzungsstärke des musikalischen Apparats Auskunft geben könnten. Sicher ist lediglich, daß Weber im Herbst 1780 alte Bekannte wiedertraf, schließlich war die neu engagierte Gesellschaft deutscher Schauspieler unter der Direktion von Gottfried Heinrich Schmidt (1744–nach 1796) eine Nachfolge-Gesellschaft der Stöfflerschen Truppe, mit der Weber bis 1779 selbst auf Tour gewesen war. Persönliche Kontakte bestanden somit zur Genüge. Das Ensemble besaß zu diesem Zeitpunkt vermutlich keinen eigenen Musikdirektor; der „Theater-Kalender“ 1781 erwähnt mit Blick auf das Jahr 1780 lediglich einen Herrn Dux als Korrepetitor „TK 1781“, Gotha 1780, S. CLXXIII.. Webers Stellung als musikalischer Leiter war also nicht in Frage gestellt. Schmidts Gesellschaft deutscher Schauspieler stand in direkter Stöfflerscher Tradition: Dessen Truppe hatte Anfang 1780, ein knappes Jahr nachdem Weber Stöffler verlassen hatte, in Stralsund vor dem finanziellen Zusammenbruch gestanden, worauf Schmidt sich mit einem Teil der Schauspieler selbständig machteVgl. Ziegler, Stöffler (wie Anm. 4), S. 32.. Dabei vertrauten viele Schauspieler ihrem Kollegen Schmidt, der sich zuvor auf Reisen bereits als Co-Direktor neben Stöffler bewährt hatte, wohl mehr als ihrem alten Prinzipal und gingen mit ihm nach Rostock, um dort am 28. April 1780 die Theatersaison zu eröffnenZur Rostocker Spielzeit incl. Personal und Repertoire vgl. Johann Christian Koppe, „Ueber die Schmidtsche Gesellschaft in Rostock“, in: Theater-Journal für Deutschland, 18. Stück, Gotha 1781, S. 45–67 sowie TK 1781, Gotha 1780, S. CLXXIIf.; auch Hans Wilhelm Bärensprung, Versuch einer Geschichte des Theaters in Meklenburg-Schwerin, Schwerin 1837, S. 94–96.. Zum Personal der neuen Gesellschaft gehörten neben dem Direktor und seiner Frau Anna Maria Kunigunde Schmidt weitere „Stöffler-Veteranen“: die Herren Normann, Wilhelmi und J. G. Rhake, außerdem B. L. Schumann (der vormalige „Partienschreiber“ bei Stöffler), aber auch Schauspieler, die Stöffler erst um die Jahreswende 1779/80 neu engagiert hatteVgl. die Stralsunder Personalübersicht in: Theater-Journal für Deutschland, 17. Stück, Gotha 1781, S. 103 (Brief aus Stralsund vom 23. März 1780), S. 102f.. Auf dem Spielplan stand die übliche Mischung aus Schauspiel (u. a. Macbeth am 18. Mai), Oper (u. a. Schmittbauers Lindor und Ismene am 17. Mai) und Ballett (u. a. Incle und Yariko von Rathje mit Musik von Dittersdorf am 31. Mai), wobei der Rezensent Koppe „die Abschaffung derselben bey dieser Truppe“ empfahl, „weil die Tänzer und Tänzerinnen, selbst den Hrn. Balletmeister Rathje nicht ausgenommen, kaum mittelmäßig sind.“Vgl. Koppe (wie Anm. 27), S. 51. Nach der letzten Vorstellung (2. Juni 1780) zog Schmidt am 3. Juni 1780 weiter nach Wismar, wo er sechs Wochen zu bleiben beabsichtigteEbd., S. 66f.. Über Lübeck, das als bekanntermaßen besonders einträglicher OrtVgl. „Verzeichniß der Städte, in welchen gewöhnlich deutsches Schauspiel ist“ in: Theaterwochenblatt für Salzburg, Nr. 16 (10. Januar 1776), S. 191: „Lübek, eine reiche Handelsstadt […]. Groß, schön, einträglich, der Schauplatz ist geräumig, die Bürger haben Geschmack, sie lieben die Schauspiele, bezahlen sie gut, schätzen den Schauspieler“. sozusagen das Zentrum von Schmidts Unternehmungen bildete, kam die Truppe schließlich nach EutinIm TK 1781 (Gotha 1780, S. CLXXIII) liest man zu Schmidts Truppe: „Diese Gesellschaft spielt bey Winterszeit in Lübeck und Eutin abwechselnd, und im Sommer in den Schwedischpommerischen Städten.“ Der TK 1782 (Gotha 1781, S. 258 und 260) schränkt die Spielorte auf Lübeck, Wismar und Eutin ein; zur fraglichen Direktion vgl. die Richtigstellung im TK 1783 (Gotha 1782) in Reichards Vorrede „An das Publikum“.; vorher hatte sich der dort residierende Fürstbischof Friedrich August zwei Vorstellungen in Lübeck angesehenJournal (wie Anm. 19), Bl. 140r: am 11. Oktober 1780 „Nach Lubeck gefahren, […] in die Comedie gegangen“, am 13. Oktober „Abends nach Lubec in die Comedie“.. Zu den Eutiner Auftritten 1780/81 blieben kaum informative Quellen erhalten. In Eutin sind immerhin zwei im Jahr 1780 für die Schmidtsche Gesellschaft gedruckte Libretti zu Hollys Bassa von Tunis bzw. zu Schmittbauers Lindor und Ismene überliefert D-EU, S 224 bzw. S 227. Dabei könnte es sich möglicherweise auch um Bücher zu den beiden in Lübeck besuchten Vorstellungen (vgl. Anm. 33) handeln. – beides schon bei Stöffler Repertoirestücke –, allerdings enthalten sie keinen eindeutigen Hinweis auf Aufführungen der Opern während dieser Saison. Druck- und Aufführungsort werden nicht genannt, die Besetzung ist nicht angegeben – ganz offensichtlich sollten die Drucke mehrfach verwendet werden und sind nicht mit bestimmten Aufführungen in Verbindung zu bringen. Einen ungefähren Überblick über das Personal jener Zeit erlaubt der Theater-Kalender für 1781, danach gab es gegenüber der Rostocker Saison vom Frühjahr 1780 kaum Veränderungen in der Besetzung der Truppe TK 1781, Gotha 1780, S. CLXXIIf. (vgl. Anh.). Die Schmidtsche Gesellschaft besuchte Eutin noch zweimal: jeweils um den Jahreswechsel 1781/82 und (neu formiert) 1782/83. Nach Auflösung der Hofkapelle Anfang 1781 und Webers damit einhergehender Pensionierung boten sich der Wandertruppe freilich bezüglich der Mitwirkung örtlicher Musiker völlig veränderte Strukturen. Es spricht einiges dafür, daß man den Theater-erfahrenen und persönlich gut bekannten Weber auch in diesen Spielzeiten als ersten Ansprechpartner favorisierte, auch wenn ein eindeutiger Beweis für Webers Kapellmeistertätigkeit im Eutiner Theater erst wieder für die Saison 1784/85 zu erbringen ist (vgl. w. u.). Der Musikdirektor Jean Roy (bzw. Roi, *1754), der 1781 bei Schmidt engagiert war, war jedenfalls bereits im September 1781 in Wismar, noch vor dem Wechsel nach Eutin, abgegangen TK 1782, Gotha 1781, S. 259f. Roy ging mit dem Schauspieler Toscani, der kurz darauf eine eigene Gesellschaft gründete, nach Ratzeburg und war um den Jahreswechsel 1781/82 (wiederum gemeinsam mit einem Schauspieler Toskany bzw. Toscani) bei Tilly in Stralsund angestellt; vgl. „Kurze Geschichte des Stralsundschen Theaters“, in: Litteratur- und Theater-Zeitung, Jg. 5, Nr. 15 (13. April 1782), S. 232 (dort erwähnt der Berichterstatter „Hrn. Roi, einen nicht ungeschickten Violinisten“).. Fraglich ist die Position von Johann Christian Ohlhorst; der Schauspieler gehörte während der Eutiner Wintersaison 1781/82 zur Schmidtschen GesellschaftEine Verbindung Ohlhorsts nach Eutin ist schon für 1780 bezeugt, als der Schauspieler auf Bitten Webers einen Chordirektor für einen zu gründenden „Singechor“ nach Eutin vermittelte; vgl. Ziegler, Hoffnungen (wie Anm. 1).. Zur Eröffnung dieser Spielzeit schuf er die Musik zum heroisch-allegorischen Prolog Das Jahrfest von C. Neumann, und auch später trat er noch mehrfach als Komponist von Bühnenwerken (Adelstan und Röschen, Die Zigeuner, Meister Johannes) hervor. Im Schmidtschen Personalverzeichnis ist er jedoch lediglich als Schauspieler und Sänger, nicht als musikalischer Leiter genannt, und als erster Liebhaber in der Oper konnte er kaum gleichzeitig auch dirigieren. Außerdem reichte er bereits Anfang Dezember seine Kündigung ein und verließ die Gesellschaft noch vor Ende der Spielzeit am 12. Januar 1782Vgl. B. L. Schumann, Verzeichniß derer Stücke, welche im Herzogl. Schauspielhause in Eutin von der Schmidtschen Gesellschaft deutscher Schauspieler Vom 31sten Okt. 81. bist den 4ten Merz 82. aufgeführt worden, Eutin [1782], Exemplar: D-EU, S 223, S. 6 (Personalverzeichnis), S. 7 (Aufführung des Prolog) sowie S. 12 (Abgang von der Gesellschaft). Die Angabe zur Uraufführung des Jahrfestes in Neustrelitz 1783 ist demnach falsch; vgl. Franz Stieger, Opernlexikon, Bd. II/3, Tutzing 1978, S. 798.. Franz Anton von Weber hatte in einer Bittschrift vom 19. Februar 1782 an Herzog Friedrich August zwar die Unmöglichkeit betont, sich nach seinem Dienst als Hofkapellmeister wieder „Von einem Comödianten“ als Dirigent „dingen [zu] laßen“ D-OLns, Best. 30-5-46, Nr. 1, Bl. 10r., doch dürfte sein finanzieller Spielraum nicht so groß gewesen sein, daß er ein solches Angebot tatsächlich ablehnen konnte. Axel E. Walter behauptet, nach Auflösung der Hofkapelle habe auch die höfische Musikpflege „ganz in der Verantwortung des Stadtmusikus“ gelegenWalter (wie Anm. 2), S. 62, Anm. 82.; für die Zeit ab Herbst 1781 bleibt allerdings fraglich, wessen Befugnisse bei Aufführungen im Hoftheater höher zu werten waren: die des pensionierten Hofkapellmeisters Weber oder die des amtierenden privilegierten Stadtmusikanten Berend Jacob Bülau. Die nachgewiesene Beteiligung Webers an den Aufführungen 1784/85 spricht eher für die erste ÜberlegungTheoretisch wäre freilich auch denkbar, daß man Weber im Herbst 1784 lediglich aufgrund der Unzufriedenheit mit den Leistungen Bülaus engagierte; vgl. den Auftrag an die herzogliche Rentkammer, „den Stadt-Musicanten Bülau zur Erfüllung der Obliegenheiten seines Privilegii anzuhalten“, vom 31. Dezember(?) 1784, D-OLns, Best. 30-3-35, Nr. 12, Bl. 31., zumal das Privileg des Stadtmusikanten noch aus einer Zeit stammte, als die Sphären höfischer bzw. städtischer Musik strikter getrennt waren; Bülau konnte sich nicht auf ein Gewohnheitsrecht berufen, nach welchem sein Privileg ihn auch zur Leitung der Musik im höfischen Rahmen berechtigt hätte. Nachweislich war er nach Auflösung der Hofkapelle 1781 lediglich zur Mitwirkung bei den Hofkonzerten verpflichtet wordenB. J. Bülau amtierte 1748–1785 als Eutiner Stadtmusikant; Vgl. D-OLns, Best. 30-3-35, Nr. 12, Bl. 29f. und 32f. Zur Neustrukturierung der höfischen Musik in Eutin 1781 vgl. D-OLns, Best. 30-3-35, Nr. 4, Bl. 152-154 (Schreiben von Minister Friedrich Levin Graf von Holmer an Hofmarschall Karl von Both vom 5. Januar 1781).. Sehr gut dokumentiert ist die zweite Saison der Schmidtschen Gesellschaft, die nach Aufenthalten in Lübeck, Lüneburg (Frühjahr 1781) und Wismar (September 1781)Zu Lüneburg vgl. Magnus (wie Anm. 23), S. 343; zu Wismar vgl. Schumann (wie Anm. 38), S. 4. Gleichzeitig mit Lüneburg erhielt Schmidt im April 1781 die Konzession für Rostock, zu einem dortigen Auftreten fehlen 1781 jedoch Nachweise; vgl. Wilhelm Schacht, Zur Geschichte des Rostocker Theaters (1756–1791), Diss. Rostock 1908, S. 36. Am 16. Juli 1781 trug sich in Rostock ein „Francesco di Weber. Maestro di Capella“ in das Stammbuch eines gewissen Behrmann ein; einen Tag später notierte ein anderer „F. von Weber“ ebd. den Vers „[…]Wer hübsche Mädchen haßt, auf Musicker schilt, der ist mit Haut und Haar des Teufels Ebenbild.“; vgl. Galerie Gerda Bassenge Berlin, [3.] Katalog der Auktion 63 (10./11. Mai 1994) „Literatur“, S. 226, Nr. 3060 (mit Abb. S. 229). Ob es sich bei dem Kapellmeister, wie im Katalog angegeben, um Franz Anton von Weber handelt, bei dem anderen Weber vielleicht um dessen Sohn Fridolin und ob beide nach der Entlassung der Eutiner Hofkapelle evtl. kurzeitig mit der Schmidtschen Gesellschaft unterwegs waren, ist nicht eindeutig nachweisbar. Das Schriftbild der Franz Anton von Weber zugewiesenen Notiz ist zu indifferent, um den Schreiber klar zu bestimmen. Der notierte Text (Ausschnitt aus einem Rezitativ der Laodice aus Metastasios Siroe, Re di Persia „Chi si fida alla colpa“) trägt zur Klärung nicht bei; die Notenschrift (ein 16taktiges Menuetto für zwei Violinen) scheint eher gegen Franz Anton von Weber als Schreiber zu sprechen. vom 31. Oktober 1781 bis 4. März 1782 dauerte (Weihnachts-Pause zwischen 15. Dezember 1781 und 1. Januar 1782). Der Kopist Schumann veröffentlichte nach Ablauf der Spielzeit ein kleines Repertorium, das Auskünfte über Personal und Vorstellungen gibt. Gegenüber dem Vorjahr hatte sich die Besetzung der Truppe wesentlich geändertVgl. Schumann (wie Anm. 38), S. 5f. Die Angaben im TK 1782, Gotha 1781, S. 258–261 weichen in Details ab, da sie das Ensemble in der vorhergehenden Lübecker bzw. Wismarer Besetzung wiedergeben.. So war als neuer Ballettmeister (mit Schauspielverpflichtung) und vermutlich auch Co-Direktor Ludwig Nuth (*1754-nach 1820) engagiert wordenLaut Pies war Nuth 1781 Mitdirektor neben Schmidt; vgl. Eike Pies, Prinzipale. Zur Genealogie des deutschsprachigen Berufstheaters vom 17. bis 19. Jahrhundert, Ratingen u. a. 1973, S. 268.. Hinsichtlich des Repertoires ist zu beobachten, daß dem Schauspiel – zumindest quantitativ – mehr Beachtung geschenkt wurde, darunter neben viel „Alltagsware“ Shakespeares Hamlet (12. November 1781 und 12. Februar 1782) und Macbeth (18. Februar 1782) sowie Lessings Emilia Galotti (22. Januar 1782) und Minna von Barnhelm (28. Januar 1782). Möglicherweise ist das Übergewicht an Sprechstücken mit der Entlassung der Eutiner Hofkapelle Anfang 1781 zu erklären; somit standen auch für Theateraufführungen wesentlich weniger Musiker zur Verfügung. Trotzdem gab es etliche musikalische Aufführungen; besonders bestimmten deutsche Singspiele das Bild: von Hiller Die Liebe auf dem Lande (7. Dezember 1781), Die Jagd (4. Januar 1782) und Die verwandelten Weiber oder Der Teufel ist los (11. Februar 1782), von Schmittbauer Lindor und Ismene (30. November 1781, 15. Januar 1782), von Holly Der Bassa von Tunis (25. Februar 1782) sowie als Neueinstudierung Bendas Medea (15. Februar 1782)Zu dieser Aufführung erschien eigens ein gedrucktes Textbuch (Exemplar in D-EU, S 226); vgl. Walter (wie Anm. 2), S. 55. Neben Mad. Schmidt (Medea), Mad. Stegner (deren Hofmeisterin), Herrn Neumann (Jason) und Mad. Nuth (Kreusa) sind darin als Söhne der Medea „Mons. Wassermann und die kleine Jacobi“ angezeigt. Das letztgenannte Mädchen (wohl die Tochter des Theater-Schneiders) ist bei Schumann (wie Anm. 38) nicht nachgewiesen.. Musikanteile hatte zudem das ländliche Hochzeitsspiel Das Mädchen im Eichthale von Bock mit Gesängen und Chören von Lampe (16. November 1781, 8. Januar 1782)Ein gedrucktes Libretto dieses Stücks von der „Schmidtschen Gesellschaft deutscher Schauspieler“ ohne Angabe von Druck- bzw. Aufführungsort, undatiert und ohne Besetzungshinweise befindet sich in D-EU, S 225.. Kürzingers Oper Robert und Kalliste oder Der Triumph der Treue (1. November 1781), bearbeitet nach Guglielmis La sposa fedele, steht zwischen deutschem Singspiel und italienischer Opera buffaSchumann (wie Anm. 38, S. 7) schreibt die Oper fälschlich Grétry zu. Ein gedrucktes Libretto des Stücks (ohne Autorenangabe) von der „Schmidtschen Gesellschaft“ erschien 1781 ohne Angaben zu Druck- bzw. Aufführungsort und ohne Besetzungshinweise; vgl. D-EU, S 228.. Die französische Opéra comique war mit Grétrys Zemire und Azor (9. und 13. November 1781) sowie Monsignys Deserteur (29. Januar 1782) vertreten, die kurze Anwesenheit von Vater und Tochter Constantini gab zudem Gelegenheit zur Aufführung von Pergolesis Intermezzo La Serva Padrona (in deutscher Übersetzung als Die herrschende Magd, 11. Dezember 1781)Die hier genannte Tochter Constantini ist vermutlich identisch mit jener Mlle. Constantini, die in Ludwigslust den Unterricht der Hofsängerin Affabili genoß und sich nach ihrem dortigen Wirken um 1783 (als verh. Frau Holland) in Warschau aufhielt. Ein Berichterstatter aus Ludwigslust urteilte im Herbst 1783 über sie, daß sie „die schönste Contraltstimme besaß, die man sich denken mag. Schade, daß sie zu frühe aus der Schule kam, und daß sie nicht das gehörige Gefühl für Music hatte! Sie wollte durchaus den ersten Sopran singen, ob ihr gleich die obern Töne nicht allemal gehorchten, und die Töne der kleinen Octave dagegen voll und klar waren, die sie aber gar nicht nutzte.“; vgl. Magazin der Musik, hg. von Carl Friedrich Cramer, Jg. 1, 2. Hälfte, Hamburg 1783/84, S. 979.. Zahlreiche Ballette (31. Oktober, 5., 16., 20. und 26. November, 3., 4. und 14. Dezember 1781, 3., 7., 11., 15., 22. und 25. Januar, 1., 11., 21., 22. und 26. Februar, 1. März 1782) schufen Abwechslung an Schauspiel-Tagen. Friedrich Leopold Graf zu Stolberg stellte der Gesellschaft ein ambivalentes Zeugnis aus; nach der Eröffnungsveranstaltung schrieb er an seinen Bruder:Vgl. Johann Heinrich Hennes, Friedrich Leopold Graf zu Stolberg und Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg. Aus ihren Briefen und andern archivalischen Quellen, Mainz 1870, S. 146. Gespielt wurden am 31. Oktober laut Schumann (wie Anm. 38, S. 7) nach dem Prolog von Neumann und Ohlhorst (s. o.) das Lustspiel Der Adjudant von Brömel sowie das Ballett Der entlarvte Philosoph. „Den Nachmittag debütirte unsre neue Truppe Comödianten. Erst spielten sie einen allegorischen heroischen Prolog zum Preise der Herzogin, ganz abscheulich; dann ein Stück, welches ich nicht kannte; es heißt der Adjudant und ist ein schönes Stück, und einige Rollen wurden sehr gut gespielt. Den Beschluß machte ein Ballet.“ Der Herzog scheint allerdings zufrieden gewesen zu sein, verlängerte er doch den ursprünglich bis 22. Februar 1782 geltenden Kontrakt um eine Woche bis zum 1. März, und gestattete dann nochmals eine Zusatzvorstellung, wobei er die letzten drei Vorstellungen wegen „Unpäslichkeit“ nicht besuchen konnteVgl. Schumann (wie Anm. 38), S. 14f.. In Eutin endete die Reise der Schmidtschen Gesellschaft fürs erste; am 11. Januar 1782 sah sich der Direktor gezwungen, seine Schauspieler zum Ende des dortigen Kontrakts abzudankenEbd., S. 12.. Der Theater-Kalender für 1783 (abgeschlossen im September 1782) nennt die Gesellschaft unter der Rubrik „Eingegangene deutsche Truppen“, fügt aber hinzu „Hr. Schmid[t] wird eine neue errichten.“ TK 1783, Gotha 1782, S. 319. Schmidts neue „Gesellschaft deutscher Schauspieler“ spielte wiederum in Eutin; leider weist darauf vorerst lediglich der Druck der von J. G. Rhake verfaßten Reden zur Eröffnung (31. Oktober 1782) sowie zum Abschluß der Saison (31. Januar 1783) hin D-EU, S 274; vgl. Walter (wie Anm. 2), S. 46f. sowie S. 58f., Anm. 40.. Zu Personal und Spielplan fehlen weitergehende Informationen. Die Truppe wandte sich von Eutin aus nach Altona und eröffnete dort am 10. März 1783 das neuerbaute Komödienhaus mit Lessings Minna von Barnhelm und einem Ballett, blieb allerdings nur bis zum 11. April d. J.Vgl. Paul Th. Hoffmann, Die Entwicklung des Altonaer Stadttheaters. Ein Beitrag zu seiner Geschichte. Festschrift, Altona, Rolandsburg 1926, S. 49 und S. 296, Anm. 51.. Von August 1783 bis Anfang Januar 1784 spielte die Gesellschaft wiederum in AltonaVgl. Journal von und für Deutschland, Jg. 1, hg. von Leopold Friedrich Günther von Goeckingk, Bd. 1, März-Nummer 1784, S. 309., danach zum Umschlag (Messe) in Kiel, um kurz darauf endgültig zu scheiternVgl. Wolfgang von Gersdorff, Geschichte des Theaters in Kiel unter den Herzogen zu Hostein-Gottorp (Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Nr. 27/28), Kiel 1911/12, S. 330 und Junge (wie Anm. 18), S. 62f.. Etliche Mitglieder, darunter auch der Direktor samt Gattin, fanden bei der gerade in Altona stationierten Gesellschaft von Johann Ernst Wäser eine neue AnstellungVgl. Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 378. Im Journal von und für Deutschland, Jg. 1, Bd. 2, Oktober-Nummer 1784, S. 266 ist die letzte Vorstellung der Schmidtschen Gesellschaft am 13. Mai 1784 in Altona angezeigt; gemeint sind wohl die ehemals Schmidtschen Schauspieler unter der neuen Direktion.. Die letzten Jahre (1782–84), in denen sich Schmidt wohl ständig in finanziellen Schwierigkeiten befand, ruinierten den ursprünglich guten Ruf des Schauspielers und Direktors gründlich; anders ist der wütende Ausfall gegen ihn in den Beiträgen zum Theater nicht zu erklären, wo er unter die größten „Misgeburten […] bei der deutschen Bühne“ gezählt wird; weiter heißt es dort zu Schmidt, er „verhunzte bei verschiedenen Gesellschaften die ersten Rollen, konnte weder schreiben, noch richtig lesen, und entwich aller Orten heimlich, mit Schulden belastet.“Vgl. „Beantwortung der Frage: Warum hat Deutschland noch kein Nationaltheater? das ist: kein Theater deutscher Sitte und Denkungsart?“ in: Beiträge zum Theater, zur Musik und der unterhaltenden Lektüre überhaupt, hg. von Johann Christian Friedrich Dietz, Bd. 1, Stendal 1785, S. 73. Daß der Autor des Aufsatzes tatsächlich G. H. Schmidt meint, ist durch den Hinweis auf dessen Geburt im Anhaltischen (bei Dessau) gesichert. Derselbe Verfasser ereifert sich über ehrlose Prinzipale: „Besonders in Mecklenburg und Pommern hat dieses Gesindel seinen Ruf so stinkend gemacht, daß den Einwohnern wohl ekeln mußte ob solcher Speise.“ (ebd., S. 73) – genau dort (in Wismar, Rostock, Stralsund etc.) hatten Stöffler und seine Nachfolger Schmidt und Tilly mehrfach ihr Glück versucht. Unklar ist, ob die Eutiner Saison mit dem Abzug Schmidts am 31. Januar 1783 tatsächlich beendet war – üblicherweise wurde ja bis Ende der Fastenzeit gespielt. Tatsächlich befand sich im März 1783 eine weitere Gesellschaft im Ort: Von Eutin aus richteten am 23. März 1783 die Mitglieder des zuvor aufgelösten Schleswiger Hoftheaters eine Bittschrift an Landgraf Carl von Hessen-KasselVgl. Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 56f.. Ob die Mimen der Schleswiger Schauspieler-Gesellschaft, die im Januar zum Umschlag (Messe) in Kiel gespielt hatteVgl. Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 56 und 165 (mit Abbildung des Kieler Theaterzettels vom 17. Januar 1783)., allerdings tatsächlich Vorstellungen im Eutiner Schauspielhaus gaben oder sich nur auf der Durchreise (vielleicht nach Lübeck?) befanden, läßt sich nicht zweifelsfrei klären. Zudem liegt vom Februar 1783, also nach Abzug der Schmidtschen Truppe, ein Schreiben vor, nach welchem dem pensionierten Hofkapellmeister Weber erlaubt wurde, „auf ein Jahr ein auswärtiges engagement mit einstweiliger Beibehaltung seiner Pension anzunehmen“ D-OLns, Best. 30-5-35, Nr. 5, Bl. 25 (Anweisung an die Kammer vom 17. Februar 1783).; es ist unsicher, ob er sich im März überhaupt noch in Eutin aufhielt. In der nächsten Saison (ab Herbst 1783) folgte wiederum eine Truppe, die – wenn auch nicht bruchlos – in Stöfflerscher Tradition stand: die „Tillysche Schaubühne“. Bei der Teilung der Gesellschaft Stöffler 1780 waren einige Schauspieler bei ihrem alten Prinzipal geblieben, aber obgleich Stralsund als recht einträgliche Stadt für reisende Schauspielgesellschaften gerühmt wurdeVgl. „Verzeichniß der Städte […]“ (wie Anm. 31), Nr. 22 (31. Januar 1776), S. 264: „Stralsund. Eine große einträgliche Stadt in Schwedischpommern. Ein schöner Platz zu Vorstellungen ist da. Die ganze Stadt trägt gewöhnlich Geld ins Theater.“ , ließ der Bankrott nicht lange auf sich warten. Ein Neuanfang unter der Direktion von Stöfflers Hauptgläubiger, dem Stralsunder Gastwirt Johann Christian Timme, scheiterte nach kürzester ZeitVgl. „Kurze Geschichte des Stralsundschen Theaters“ (wie Anm. 36), S. 230 sowie Ferdinand Struck, Die ältesten Zeiten des Theaters zu Stralsund (1697–1834). Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters, Stralsund 1895, S. 50., und so verließen etliche Stützen der Stöfflerschen Gesellschaft ihren Prinzipal, etwa der Tenor Gottlieb Leberecht Gödel (*1750/2), seine Ehefrau Ernestine Karoline Wilhelmine Gödel (1759–1795, geb. Ilgener) sowie Johann Friedrich Kramp(e) (1753–1823)Vgl. „Kurze Geschichte des Stralsundschen Theaters“ (wie Anm. 36), S. 231. Kramp(e) (nicht zu verwechseln mit Johann Christian Krampe, 1774–1849) wird im Juni 1781 als Ensemblemitglied der Wäserschen Gesellschaft in Breslau genannt; Vgl. Theater-Journal für Deutschland, 18. Stück, Gotha 1781, S. 93f. (Bericht vom 3. Juni 1781). Zum weiteren Lebensweg vgl. Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 204. Gödel sang 1783 in Neustrelitz, hatte allerdings, glaubt man dem Berichterstatter im Magazin der Musik (hg. von Carl Friedrich Cramer, Jg. 1 von 1783, S. 602), inzwischen sehr verloren: „Ich konnte schlechterdings nicht entdecken, daß er eine angenehme und biegsame Stimme besitze, ob ich gleich dieses Lob von ihm gedruckt gelesen hatte.“ Vgl. dazu auch Ziegler, Stöffler (wie Anm. 4), S. 10 und 22.. Stöffler gründete im Sommer 1781 eine neue Gesellschaft, mit der er in Stralsund und Greifswald spielte, ging jedoch wiederum in Konkurs. Seine neue Truppe übernahm daraufhin Jean (bzw. Johann Carl) Tilly (1753–1795), vorher Ballettmeister bei StöfflerVgl. „Kurze Geschichte des Stralsundschen Theaters“ (wie Anm. 36), S. 231 sowie Struck (wie Anm. 64), S. 53. Vorher (Ende 1777) war Tilly u. a. Ballettmeister bei Ilgener; Vgl. Theater-Journal für Deutschland, 9. Stück, Gotha 1779, S. 78 (Brief aus Stralsund vom August 1778).. Nach Aufenthalten in Greifswald, Stralsund (November 1781 bis März 1782), Rostock (April bis August 1782), Lübeck (29. August 1782 bis Anfang 1783), erneut Stralsund (März/April 1783), Rostock (Juni bis August 1783), Wismar und Lübeck (Dezember 1783) kam Tilly im Dezember 1783 nach EutinZur Wanderung der Truppe vgl. Schacht (wie Anm. 43), S. 36f., zu Lübeck außerdem Heinrich Asmus, Die dramatische Kunst und Das Theater zu Lübeck. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters, Lübeck 1862, S. 39–42. Nach Schacht sandte Tilly am 30. Januar 1784 von Eutin aus eine Eingabe an den Rostocker Rat bezüglich erneuter Konzessions-Erteilung für 1784.. Im Personal gab es nur noch wenige Übereinstimmungen mit der früheren Stöfflerschen GesellschaftVgl. TK 1783, Gotha 1782, S. 294f.; der vormalige Prinzipal und seine Ehefrau Marie Dorothea Stöffler (*1750) hatten sich 1782 von Tilly getrenntSechs Jahre später mußten die Stöfflers von der Großmannschen Gesellschaft finanziell unterstützt werden: „Der ehemalige Direkteur Stöfler und dessen Frau erhalten von der hiesigen [d. h. der Großmannschen] Gesellschaft [in Hannover bzw. Braunschweig] eine wöchentliche Unterstützung von vier Reichsthalern.“; vgl. TK 1789, Gotha 1788, S. 211., annähernd zeitgleich das Ehepaar Christian und Luise Felbrig (1778 bei Stöffler) mit TochterDas Ehepaar Felbrig wurde später am Mecklenburg-Strelitzer Hoftheater engagiert; vgl. Erika Grüder, „Beiträge zur Geschichte des Theaterwesens in Mecklenburg-Strelitz“, in: Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter, hg. von Hans Witte, Jg. 1 (Neustrelitz 1925), S. 25f.. Im selben Jahr debütierten bei Tilly der bereits mehrfach erwähnte Johann Christian Ohlhorst sowie Johann Friedrich Speich (1751–1789), der im Sommer 1778 in Hannover unter Stöffler gespielt hatte, mit seiner Frau Friederike Speich (*1758, geb. Crotten)Vgl. TK 1783, Gotha 1782, S. 294f.. Ab Februar 1783 ist u. a. der Schauspieler G. G. Bürger mit seiner Frau Marianne (*1768, geb. Schuch) in Tillys Gesellschaft verbürgtVgl. Litteratur- und Theater-Zeitung, Jg. 6, Nr. 11 (15. März 1783), S. 174 (Bericht vom 27. Februar 1783).. Mit welcher Besetzung Tilly schließlich nach Eutin kam, ist anhand der bislang bekannten Quellen nicht eindeutig zu klären. Das Gastspiel in Eutin erwähnt erst der Theater-Kalender für 1785, im Vergleich mit der Vorjahrespublikation, die Angaben für das Jahr 1783 überliefertVgl. TK 1784, Gotha 1783, S. 265f., weichen die Angaben zum Personal in der späteren Ausgabe jedoch stark ab. So werden beispielsweise 1785 Ohlhorst, seine Frau Marianne (vormals Bürger) und deren geschiedener Mann Herr Bürger als abgegangen benanntVgl. TK 1785, Gotha 1784, S. 230–232.. Die starken Personal-Verschiebungen könnten u. a. mit der vorhergehenden Spaltung der Tillyschen Truppe in Rostock in Zusammenhang stehen, wo sich mehrere Schauspieler Carl Johann Christian Fischer (1752–1807) aus Güstrow anschlossen, nachdem die Direktrice Louise Caroline Tilly (1760–1799, geb. Geyer) offenbar ernste Zerwürfnisse ausgelöst hatteIn einer Mitteilung aus Stralsund vom April 1784 heißt es dazu: „Abermals hat sich hier eine Schauspieler-Gesellschaft getrennt; die Fischersche. Sie entstand aus der Tyllischen, die in Eutin jetzt spielt. Einige Schauspieler trennten sich von Tylli in Rostock. Man sagt, Mad. Tylli habe Veranlassung dazu gegeben.“; Vgl. Journal von und für Deutschland, Jg. 1, Bd. 1, April-Nummer 1784, S. 462.. Man kann vermuten, daß der Theater-Kalender für 1784 das Personal der Tillyschen Gesellschaft vor der Trennung, der Theater-Kalender für 1785 jenes danach überliefert. Genauere Angaben zu Eutin sind freilich auch dann nicht möglich, zumal die personelle Fluktuation bei Tilly besonders groß gewesen zu sein scheint und auch der Theater-Kalender nicht immer zuverlässige Daten liefertIm TK 1786, Gotha 1785, S. 206 ist zur Tillyschen Gesellschaft nochmals Eutin als Spielort angegeben, obgleich dort im Winter 1784/85 eine andere Truppe spielte (vgl. w. u.). Aus dieser Quelle bezog wohl auch Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 366 seine Fehlinformation über eine angebliche Tillysche Winterspielzeit 1784/85 in Eutin.. Für das Eutiner Ensemble gesichert sind neben dem Prinzipals-Ehepaar lediglich Johann Friedrich Speich und Johann Christian Ohlhorst (vgl. Anm. 83) sowie G. G. Bürger, der sowohl die Antritts- als auch die Abschiedsrede der Gesellschaft verfaßte, die von Mad. Tilly vorgetragen wurden D-EU, S 273 bzw. S 271; vgl. Walter (wie Anm. 2), S. 47–49 und S. 59, Anm. 41f.. Tillys Eutiner Gastspiel begann – später als üblich – erst am 29. Dezember 1783; bis kurz zuvor war man in Lübeck aufgetreten: Als Abschlußvorstellung wurden dort am 16. Dezember das Lustspiel Die Mahler von Babo sowie ein Ballett Die Schlittenfahrt nach Molières George Dandin von Tilly mit Musik von Johann David Holland gegebenVgl. Carl Stiehl, Geschichte des Theaters in Lübeck, Lübeck 1902, S. 85.. Zur Eutiner Abschiedsvorstellung stand das Schauspiel Athelstan nach John Brown auf dem Spielplan, darauf nimmt Bürgers Abschiedsrede BezugBürgers Rede wurde „nach der Vorstellung des Schauspiels Athelstan, im Charakter der Emma gehalten“; somit scheint es unwahrscheinlich, daß Ohlhorsts Singspiel Adelstan und Röschen gemeint sein könnte.. Über musikalische Darbietungen dieser Saison sowie eine mögliche Beteiligung Franz Anton von Webers liegen keine Informationen vor – die Genehmigung einer einjährigen Abwesenheit bei Fortzahlung der Bezüge im Februar 1783 (vgl. Anm. 62) läßt ohnehin offen, ob Weber den Winter 1783/84 überhaupt in Eutin verbrachte. Zudem könnte Tilly möglicherweise einen eigenen Musikdirektor (mit zusätzlicher Schauspielverpflichtung) zu seinem Personal gezählt haben: dabei kommen sowohl Johann Christian Ohlhorst als auch Otto Christian Friedrich PhantyPhanty ist im TK 1785 (Gotha 1784, S. 230), der die Angaben für 1784 überliefert, als Ensemblemitglied genannt. Gerber verzeichnet ihn als „Musikdirektor der Tillyschen Schauspielergesellschaft im Jahr 1785“; vgl. Ernst Ludwig Gerber, Historisch-Biographisches Lexicon der Tonkünstler […], Bd. 2, Leipzig 1792, Sp. 124. Phanty wechselte 1787 von Tilly zum neu gegründeten Schleswiger Hoftheater, wo er als Schauspieler und Ballett-Korrepetitor, ab 1792 als Musikdirektor tätig war; 1798 ging er als Musikdirektor ans Privattheater in Tranekjaer, wo er 1830 starb; vgl. Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 210. in Frage. In der Eutiner Landesbibliothek haben sich zwei Libretto-Drucke der Tillyschen Gesellschaft erhalten, die allerdings keine Hinweise auf spezielle Aufführungen enthalten: ein undatiertes, von Tilly selbst verfertigtes Ballett-Libretto Die Zauber-Insel oder Urgella, die eifersüchtige Fee und ein Textbuch zu Grétrys Oper Das Urtheil des MidasDas Tilly-Libretto zeigt weder Druckort noch Datierung an, das Grétry-Libretto ist mit „Lübeck 1783“ datiert, beide verzichten auf Besetzungsangaben; D-EU, S 229 und 239.. Der Theater-Kalender 1785 gewährt einen Einblick in Tillys Repertoire dieser Zeit, welche der dort genannten OpernVgl. TK 1785, Gotha 1784, S. 231f.; unter Repertoirestücken: Bendas Romeo und Julie, Grétrys Zemire und Azor und Hillers Jagd; unter Neueinstudierungen: Grétrys Urtheil des Midas, Der Alchimist und Der Automat von André, Der Irrwisch (fraglich, welche Vertonung, vielleicht von Umlauff), Der Hufschmied (von Dittersdorf oder von Reichardt), Walder von Benda, Die Bergknappen von Umlauff, Die schöne Arsene (von Monsigny oder von Seydelmann), Der lahme Husar von Seydelmann und Doktor Fausts Leibgürtel von Phanty. allerdings in Eutin zur Aufführung kamen, bleibt fraglich. Sicher ist nur, daß Johann Heinrich Voß der Truppe ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellte. In seinem Brief an Leopold Friedrich Günther von Goeckingk vom 4. März 1784 schreibt er:Johann Heinrich Voß, Briefe an Goeckingk 1775-1786, hg. von Gerhard Hay, München 1976, S. 134. Voß nennt unter den Darstellern der Tillyschen Gesellschaft Johann Friedrich Speich (hier wiedergegeben als „Sprich“) und Johann Christian Ohlhorst. „Hier ist […] jezo eine Komödie, die den Herzog wöchentlich über 150 rh: kostet, und dafür Beifall hat, keine als lauter neue, noch nie gesehene Stücke zu spielen. Ihr könnt denken, was da zum Vorschein kommt! Aber es gefällt alles, am meisten das schlechteste unter dem schlechten: das empfindelnde Gesudel, wobei Dichter und Schauspieler sich den Vorzug des Widerlichen streitig machen. Der Directeur Tilly, ein Balletmeister, tanzt nur, weil er nichts auswendig behalten kann; sein Weib, das die empfindsamen Hauptrollen hat, gleicht ihrem Manne in dieser Tugend leider nicht! Das Komische wird noch erträglich genug vorgestellt […]. Sie gehn bald nach Lübeck […].“ Vielleicht war der harsche Ton dieser Einschätzung tatsächlich nur Vossens momentan unerfreulicher persönlicher Situation geschuldetVgl. Walter (wie Anm. 2), S. 55 und S. 62, Anm. 83.; nicht überall wurde die Gesellschaft derart gescholten. Aus Lübeck hört man im Juni 1784 Gegenteiliges: „Tilly hat hier gespielt; man lobt ihn sehr.“Vgl. Brief aus Lübeck vom 7. Juni 1784 (gez. Fr.), in: Beiträge zum Theater (wie Anm. 59), Bd. 1, S. 222. In der Stralsunder Theatergeschichte wird Tilly sogar als besonders positives Beispiel eines Prinzipals genannt und für sein „geschickt ausgewähltes, abwechslungsreiches Repertoire und […] eine sorgsam geschulte Truppe“ gelobtStruck (wie Anm. 64), S. 53.. Das vernichtende Urteil von Voß findet allerdings in anderen Quellen Bestätigung: Zwei Protagonisten der Tillyschen Gesellschaft, die Eheleute Ohlhorst, versuchten ein halbes Jahr später, am 2. September 1784, ihr Glück in Hamburg, wurden jedoch nicht angenommen, da sie „höchstens bei einer kleinen reisenden Truppe brauchbar sind“; Frau Ohlhorst habe „weder Stimme noch die geringste Kenntniß von Musik“, ihr Mann sei „eine wahre hölzerne Maschine“Vgl. „Vom Hamburgischen Theater“ (gez. A.), in: Litteratur- und Theater-Zeitung, Jg. 7, Nr. 46 (13. November 1784), S. 108. 1778/79, als Ohlhorst Mitglied der Ilgenerschen Gesellschaft war, heißt es noch, er wäre „kein schlechter Sänger“; vgl. „Zur Geschichte der Schaubühne in Mecklenburg“, in: Mecklenburgisches Journal, Bd. 2, Nr. 6 (Juni 1806), S. 442.. Zur Prinzipalin Tilly liest man anderenorts: „Auch sie war [wie ihr Mann] gute Tänzerinn, als Schauspielerinn hat sie sich nie ausgezeichnet, ob sie gleich alle große Rollen spielte […]“Vgl. „Zur Geschichte der Schaubühne in Mecklenburg“ (wie Anm. 87), S. 445.. Besonders interessant und vergleichsweise sehr gut dokumentiert ist die letzte Eutiner Theatersaison vor dem Tod des Fürstbischofs Friedrich August (6. Juli 1785). Diese Spielzeit zwischen 22. Oktober 1784 und 25. Februar 1785 (Pause zwischen 11. und 27. Dezember 1784) setzte den Schlußpunkt unter die Eutiner Theatergeschichte im 18. Jahrhundert; musikalisch wurde dieses Finale nachweislich von Franz Anton von Weber geleitet. Die Gesellschaft, die sich um den Jahreswechsel 1784/85 in Eutin versammelt hatte, war eine ungewöhnliche Erscheinung: sie hatte keinen Direktor. Die sogenannte „Vereinigte Gesellschaft“ hatte sich aus Mitgliedern des 1783 eingegangenen Hoftheaters in Schleswig sowie aus Mitgliedern der Gesellschaft des 1783 in Bremen verstorbenen Direktors Karl Friedrich Abt quasi „basisdemokratisch“ organisiert, wobei eine Kern-Gruppe von Schauspielern gleichzeitig als „Theater-Aktionäre“ agierteZur Herkunft der Gesellschaft vgl. Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 57f. sowie Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 17f. (Abt), 232f. (Lorenz) und 286f. (Rathje). Der TK 1786, Gotha 1785, S. 210 bezieht sich in erster Linie auf die Abtsche Tradition, nur nebenbei (S. 209) wird Gottlieb Friedrich Lorenz als „ehemaliger Direkteur der herumziehenden Gesellschaft zu Altona, Braunschweig, Hildesheim und Harburg“ genannt – gemeint sind damit die vormals Schleswiger Schauspieler.. Geschäftsführer war der Schauspieler und Tänzer Georg Heinrich Rathje, den ein Almanach von 1782 recht ambivalent beurteilt: er habe „Anlage“ und „herrliche in sich keimende Talente“, müsse aber „mehr seinen Körper studieren“, dürfe „bei einer heftigen Leidenschaft nicht zu sehr schreien“ und sich nicht „allein auf sein Talent verlassen“, sondern seine jeweilige „Rolle mit Muße und Fleis durchgehen“ Schauspieler-Schauspielerinnen Almanach aufs Jahr 1782. Herausgegeben für Schauspieler, Schauspielerinnen und Schauspiel-Liebhaber, Thaliensfreystadt [d. i. Frankfurt] am Main 1782, S. 122. Rathjes Frau wird weniger freundlich beurteilt; der Autor versichert, „daß Madam dem Kenner der Kunst wenig, blutwenig Vergnügen, auch bey der vortheilhaftesten Rolle, schaffen“ könne; ebd., S. 123.. Rathje scheint einer der Konstrukteure des ungewöhnlichen Modells „Vereinigte Gesellschaft“ gewesen zu sein, das der Theater-Kalender für 1786 folgendermaßen beschreibt:Vgl. TK 1786, Gotha 1785, S. 208. „Dreyzehn Schauspieler, welche sich nach Proportion ihrer Verdienste ums Theater selbst eine wöchentl. Gage gesetzt, und welche mit zur Vereinigung und Theilnahme, laut eines unter sich gemachten gerichtlichen Kontrakts gehören […].“ Diese dreizehn Schauspieler waren laut Theater-Kalender: Georg Heinrich Rathje (*1753, gleichzeitig Ballettmeister und erster Tänzer) mit Ehefrau Maria Christina (1754–1787, geb. Estor), Jakob Josef Ernst mit Ehefrau Johanna (geb. Mangold) und Tochter, Josef Friedrich Buchard mit Ehefrau M. B. A. (geb. Döpser), Carl Wilhelm Heinze (um 1765–1809), Herr Wagner, Herr Stierle, das Ehepaar Schaffner und Sophia Pauly, ergänzt durch den Souffleur und Kopisten Johann Wenzel Gierschick, der auch in kleineren Rollen auftrat. Dazu kamen zusätzliche „Personen welche in Wöchentlicher Gage stehen“Ebd., S. 209.. Hervorzuheben ist, daß scheinbar auch Franz Anton von Weber während des Eutiner Aufenthalts fest engagiert war – jedenfalls meldet der Theater-Kalender 1786 unter den abgegangenen Personen auch „H. Weber, Musikdirektor“; sein Nachfolger wurde Jean RoyEbd., S. 209f., der schon unter Schmidt und Tilly zeitweilig dieses Amt innegehabt hatte (s. o.). Der Theater-Kalender gibt allerdings nicht die genaue Eutiner Besetzung der Truppe wieder, sondern vielmehr den Personalstand der nachfolgenden Zeit in Schleswig (daraus erklärt sich auch Webers „Abgang“). Das in Details abweichende Ensemble für die Eutiner Spielzeit zwischen Oktober 1784 und Februar 1785 wird dagegen in den Ephemeriden der Litteratur und des Theaters beschrieben, wo ebenso die besondere Konstruktion der Gesellschaft hervorgehoben wird: „Theaterwesen zu Eutin“ (wie Anm. 11), S. 116f. „Sie besteht aus folgenden Mitgliedern: Herr und Madam Ernst, Hr. und Mad. Rathje, Hr. und Mad. Schaffner, Hr. und Mad. Buchard, Dem. Pauli, Hr. Wagner, Hr. Heintze, Hr. Pauli, und Einhelfer Hr. Gierschick, einem Theatermeister [Trethe], Friseur [Knirim] und Schneider, welche letztere dreye auch kleine Flick- und Nebenrollen besetzen. Zwölf Mitglieder dieser Gesellschaft gehen wöchentlich in gleiche Theile der Einnahme vom Hof und Publikum; die übrigen erhalten festgesetzte wöchentliche Gagen, von drey, vier und fünf Thalern. Die Mitglieder von gleichen Antheilen bestreiten die Garderobe selbst; denen, die auf festgesetzten Gagen stehen, wird sie gegeben. Jene, welche die Einnahme theilen, theilen auch die Direktionsgeschäfte, und jeder besorgt ohne Kränkung das ihm angewiesene Fach. Dem, der die Kasse und deren Berechnung auf sich hat, sind noch zwey andere hierzu bestimmte Mitglieder zugeordnet, ohne deren Gegenwart die Kasse nicht geöfnet und von ihrem Vorrathe nichts verausgabet werden kann, und Abends wechseln bey der Einnahme noch zwey besondere Aufseher mit einander ab. Diese ökonomische Einrichtung ist hier immer noch von gutem Erfolg gewesen; selten entstehen Zwistigkeiten und wenn ja, wie das beym Theaterwesen nicht anders möglich ist, so sind sie doch gleich wieder beygelegt, und wirken nie bis auf den innern Grund des Ganzen.“ Genau dasselbe Personal – neben den bereits erwähnten Personen hier noch Carl Matthias Pauly (*1756) – nennt auch Gierschick in seinem am 26. Februar 1785 abgefaßten Tabellarischen Verzeichnis zur gerade beendeten Eutiner Saison, allerdings sind dort neben den Herren Trethe und Knirim unter der Rubrik „Kinder“ und „Neben-Rollen“ zusätzlich die Töchter Ernst und Buchard genanntJohann Wenzel Gierschi[c]k, Tabellarisches Verzeichnis. Derer auf dem hießigen Herzoglichen Hoftheater von der vereinigten Schauspieler Gesellschaft von A° 1.7.84 pp den 22ten 8ber bis A° 1.7.85 pp den 25ten February aufgeführten Schauspiele nebst Rollen und Namen in alphabetischer Ordnung, Manuskript, D-OLns, in: Best. 6-A Nr. 41.. Gierschick und der Theater-Kalender bezeugen zudem das erfolglose Gastspiel von Herrn Klinger von der Wäserschen Gesellschaft am 6. Dezember 1784 in EutinGierschick (wie Anm. 95) sowie TK 1786, Gotha 1785, S. 210.. Die Truppe mit ihrer „exemplarischen Ordnung und Einigkeit“Brief aus Gottorf vom 29. November 1784 in: Ephemeriden der Litteratur und des Theaters, Bd. 1, Berlin 1786, Nr. 1 (1. Januar 1785), S. 14. hatte ein recht vorteilhaftes Übereinkommen mit dem Fürstbischof getroffen; sie wurde für drei Spieltage pro Woche (Montag, Dienstag, FreitagDiese Regel wurde – zumindest in den beiden genau dokumentierten Spielzeiten 1781/82 und 1784/85 – recht genau eingehalten. 1781/82 wurde lediglich zu Saison-Beginn und nach der Weihnachtspause je zweimal zusätzlich mittwochs und donnerstags gespielt (am 31. Oktober und 1. November 1781 sowie 2. und 3. Januar 1782), die wegen des Bußtages ausgefallene Vorstellung vom 19. Februar wurde auf Donnerstag, den 21. Februar 1782 verschoben. 1784/85 gibt es sogar nur zwei Abweichungen mit Donnerstags-Aufführungen: am 30. Dezember 1784 (anstelle des 31. Dezember) sowie am 17. Februar 1785 (anstelle 15. Februar).) „vom Hof wöchentlich [mit] hundert Thaler[n] Hamburger Courant an baarem Gelde“ bezuschußt und erhielt zudem „das Fürstliche Komödienhaus, Feuerung, Beleuchtung, und was auf dem Theater sonst aus Küche und Keller gebraucht wird, frey“. Die Kosten für das Orchester und die Dekorationen mußten „aus der Kasse der Gesellschaft bestritten“ werden, dafür stand den Schauspielern aber auch die Einnahme vom Publikum, „die zwar nicht erheblich ist, aber doch wöchentlich immer zwischen 30 und 60 Thl. beträgt“, ungeteilt zu „Theaterwesen zu Eutin“ (wie Anm. 11), S. 115f.. Wie hoch dabei die Kosten für die Musiker ausfielen, läßt sich mit Gewißheit nicht sagen. In seinem Entwurf einer Gebührenordnung für musikalische Aufwartungen als künftiger Stadtmusikant vom Mai 1785 verlangte Franz Anton von Weber „Bey Comödien, wenn wöchentlich drey Mal gespielt wird“, für den Kapellmeister vier, für den Gesellen zwei, für den Burschen einen und für auswärtige Gäste vier TalerStadtarchiv Eutin, Akte SAE 264, Bl. 72-73 („Unmaßgebliche Taxe, bey Hofe, in der Stadt, und auf dem Lande die Aufwartungen der Musik betreffend.“, datiert 11. Mai 1785), Angabe Bl. 72r.. Sollten diese Tarife bereits im Winter 1784/85 zur Anwendung gekommen sein, dann ist zu vermuten, daß das Theaterorchester recht spärlich besetzt war – der Bericht in den Ephemeriden (vgl. w. u.) bestärkt diese Annahme. Immerhin benötigte man das Orchester ja nicht nur für Opern, Singspiele und Melodramen, sondern wie damals üblich auch zur musikalischen Untermalung der Schauspiele mit Ouvertüren, Zwischenaktmusiken u. ä. Der Blick ins nicht allzu weit entfernte Schleswig könnte auch für Eutin Anhaltspunkte bieten: Zur Musikaufwartung auf Schloß Gottorf wurde immer wieder der dortige Stadtmusikant Friedrich Adolph Berwald herangezogen. Er vermerkte bei Theateraufführungen in seinen Abrechnungen eine durchschnittliche Anzahl von vier oder fünf, maximal sechs Musikern und verlangte im Zeitraum zwischen 1779 und 1785 für drei Aufführungen je nach Besetzung etwa fünf bis neun TalerVgl. Heinrich W. Schwab, Das Einnahmebuch des Schleswiger Stadtmusikanten Friedrich Adolph Berwald (Kieler Schriften zur Musikwissenschaft, Bd. 21), Kassel u. a. 1972, S. 120ff. Am 17. Oktober 1780 rechnete Berwald für die Eröffnungsvorstellung sechs Personen ab (Berwald, 2 Gesellen und 3 Burschen; S. 128); am 17. März 1787 notiert er allerdings nur drei Personen (S. 166), am 21. Oktober 1800 sogar nur zwei (S. 259).. Auch zu den Aufführungen der Zauberflöte im Oktober 1796 auf Louisenlund, dem Sommersitz des Landgrafen Carl von Hessen, wurden vier Musiker (Berwald, 2 Gesellen und ein Bursche) geordertDen beiden Vorstellungen gingen immerhin – ein Ausnahmefall – zwei Proben voraus; vgl. ebd., S. 229. Für die Aufführungen Ende August 1790 auf Louisenlund (Grétrys La fausse magie = Die abgeredete Zauberei, Neefes Adelheit von Veltheim und Bendas Dorfjahrmarkt) standen möglicherweise mehr Musiker zur Verfügung; hier notierte Berwald pro Aufführung die ungewöhnlich hohe Einnahme von 5 Talern (S. 192).. Die Verbindung nach Schleswig drängt sich auf; möglicherweise begleitete Weber die Vereinigte Gesellschaft bei ihrem Abstecher dorthin im Dezember 1784, wo man einige Vorstellungen auf Schloß Gottorf gabVgl. dazu die Vorankündigung in einem Brief aus Gottorf vom 29. November 1784 in: Ephemeriden der Litteratur und des Theaters, Bd. 1, Berlin 1786, Nr. 1 (1. Januar 1785), S. 14. Tatsächlich sind in Gierschicks Vorstellungsverzeichnis in der Zeit vom 11. bis 27. Dezember keine Aufführungen in Eutin nachgewiesen.. Da der Schleswiger Stadtmusikant Berwald in der fraglichen Zeit keine Theaterdienste abrechneteVgl. Schwab, Einnahmebuch (wie Anm. 101), S. 153; danach beteiligte sich Berwald erst am 28. und 29. Dezember 1785 an zwei Vorstellungen der Wäserschen Truppe; die Vereinigte Gesellschaft befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in Eutin., ist wohl davon auszugehen, daß Weber als amtierender Musikdirektor der Gesellschaft auch dort die musikalischen Vorstellungen leitete. Hervorgehoben werden in der Presse ausdrücklich die musikalischen Aufführungen der Vereinigten Gesellschaft in Eutin, auch wenn Opern und Singspiele nur etwa ein Drittel des Repertoires ausmachten. Der Spielplan wurde weitgehend von leichtgewichtigen Lustspielen beherrscht; hin und wieder erschienen auch anspruchsvollere Werke wie Juliane von Lindorak nach Gozzi (22. Oktober 1784), Plümickes Lanassa (16. November 1784, 11. Februar 1785) oder Schillers Räuber (18. Februar 1785). Zur Musik liest man: „Theaterwesen zu Eutin“ (wie Anm. 11), S. 120f. „Ganz vorzüglich wohl eingerichtet und gut besetzt aber ist das Orchester. Herr Weber, Fürstlich Lübeckscher Kapellmeister, ein geschickter und überaus thätiger Mann dirigirt dasselbe und hat dabey zwey sehr brauchbare Söhne zur Seite, die ihm treulich beystehen, das Orchester ist zwar klein, aber Kenner haben dasselbe dem Hamburger Theaterorchester vorgezogen und loben besonders die Aufführung der Operetten, wobey sowohl in Ansehung des Unterrichts der Schauspieler als der Anführung des Orchesters das gröste Verdienst Herrn Weber zufällt.“ Diese Passage klingt verdächtig nach Eigenlob, aber immerhin erfahren wir, daß Franz Anton von Weber nicht nur das Orchester leitete, dem seine Söhne Fridolin und Edmund angehörten, er studierte auch die Partien mit den Sängern – Theateralltag, wie er ihm aus Stöfflers Zeiten geläufig warIm Protokoll der Wiener Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ vom 1. Oktober 1784 ist unter den anwesenden Brüdern ein gewisser Franz Anton Weber genannt; vgl. Hans-Josef Irmen (Hg.) mit Frauke Heß und Heinz Schuler, Die Protokolle der Wiener Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ (1781–1785), Frankfurt am Main u. a. 1994 (Schriftenreihe der Internationalen Forschungsstelle „Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770–1850“ , Bd. 15), S. 223 und 429. Angesichts des nachgewiesenen Aufenthalts des Kapellmeisters Franz Anton von Weber Mitte Oktober in Eutin ist fraglich, ob es sich bei dem in Wien genannten Weber um dieselbe Person handelte. Die von Max Maria von Weber (Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild, Bd. 1, Leipzig 1864, S. 15) erwähnte Reise seines Großvaters 1784 nach Wien läßt sich bislang dokumentarisch nicht belegen.. Der Vergleich mit dem Hamburger Orchester ist freilich nicht allzu aussagekräftig. Das Hamburger Theater unter Schröder galt zwar als eines der besten Deutschlands, scheint allerdings bezüglich der Musik zu dieser Zeit eher durchschnittlich gewesen zu sein. Jens Baggesen besuchte Ende Mai / Anfang Juni 1789 eine Vorstellung des König Lear und beurteilte die musikalische Umrahmung wenig freundlich: „Man spielte Symphonien von Stegmann; da wir jedoch an das Kopenhagener Orchester gewöhnt waren, konnten wir diese Musik kaum ertragen“Vgl. Jens Baggesen, Das Labyrinth oder Reise durch Deutschland in die Schweiz 1789, übertragen und hg. von Gisela Perlet, Leipzig und Weimar 1985, S. 77.. Das musikalische Repertoire der Eutiner Spielzeit im Winter 1784/85 sei an dieser Stelle von besonderem Interesse. Es fällt auf, daß nur noch wenige deutsche Originalwerke auf dem Programm standen: Die Apotheke von Neefe (19. November 1784 und 7. Februar 1785), Ariadne auf Naxos von Benda (25. Januar 1785) sowie die beiden unverwüstlichen Hiller-Singspiele Die Jagd (14. Januar 1785) und Der Teufel ist los (31. Januar 1785). Wesentlich mehr Raum nahmen Übersetzungen fremdsprachiger Werke ein, wobei die französische Opéra comique dominierte. Unter Webers Stabführung erklangen: von Monsigny Die schöne Arsene (29. Oktober 1784 und 14. Februar 1785), Röschen und Kolas (9. und 23. November 1784) sowie der Deserteur (4. Januar 1785), von Grétry Le tableau parlant (26. November 1784), Zemire und Azor (3. Dezember 1784 und 24. Januar 1785) sowie Die beiden Geizigen (10. Januar 1785), daneben Das Milchmädchen (vermutlich Johann Philipp Schönfelds Bearbeitung nach Dunis Les deux chasseurs et la laitière, 10. Dezember 1784), Die drei Pachter von Dezède (30. Dezember 1784) und Die Kolonie von Sacchini (22. Februar 1785). An mehreren Schauspiel-Tagen ergänzten Ballette das Programm (22. Oktober, 8., 15., 22., 29. und 30. November sowie 28. Dezember 1784, 7., 11. und 18. Januar, 17. Februar 1785). Gierschick bezeichnete allerdings in seinem Tabellarischen Verzeichnis mit dem Kürzel „O.“ offenbar nicht nur Opern und Singspiele, sondern auch Schauspiele mit größerem Musik-Anteil, dazu dürften Der Seefahrer (2. November 1784) sowie das erfolgreiche Stück Der kurze Irrthum (30. November und 7. Dezember 1784 sowie 21. Februar 1785) zu rechnen sein. Auch das Schauspiel mit Gesang Das Opfer der Ehrfurcht von Rathje ist von Gierschick mit dem Kürzel „O.“ versehen. Das Werk entstand anläßlich des Geburtstages der Herzogin Ulrike Friederike Wilhelmine und ist auf dem Textdruck, der beim Eutiner Hofbuchdrucker Peter Heinrich Struve erschien, mit dem 31. Oktober 1784 datiertGeorg Heinrich Rathje, Das Opfer der Ehrfurcht Ein analogisches Schauspiel mit Gesang bey dem hohen Geburtsfest der Durchlauchtigsten Fürstin Ulrika Friderika Wilhelmine Herzogin zu Schleswig-Holstein, auch Herzogin zn Oldenburg &c. &c. unterthänigst dargebracht von der vereinigten Schauspieler-Gesellschaft, Eutin 1784; D-EU, S 238.. Der 31. Oktober war allerdings ein Sonntag; die Aufführung erfolgte laut Gierschick erst am nächstfolgenden normalen Spieltag der Truppe (Montag), also am 1. November 1784. Unbekannt ist, wer die nicht unbeträchtlichen musikalischen Anteile des Werks (vier Arien, davon eine mit Chor, ein Duett, zwei Chöre sowie ein Schlußchor mit Solo) komponiert oder arrangiert hat. Es scheint naheliegend, Franz Anton von Weber als Autor zu vermuten – immerhin war er sowohl der Fürstin (als pensionierter Hofkapellmeister) als auch der Schauspieler-Gesellschaft (als deren Musikdirektor) verpflichtet –, leider fehlen dafür dokumentarische Belege. Rathje, der „Balletmeister, Theaterpoet und Universalakteur“ „Theaterwesen zu Eutin“ (wie Anm. 11), S. 118. der Gesellschaft, verfaßte außerdem für den letzten Tag der Saison, den 25. Februar 1785, die Abschiedsrede D-EU, S 272; vgl. Walter (wie Anm. 2), S. 48–50 und S. 59, Anm. 44., nicht ahnend, daß er damit gleichsam den Abgesang für das Eutiner Theater schuf. Franz Anton von Webers Hoffnung, auch als Eutiner Stadtmusikant (1786/87) „bey den Comöedien, die hier alle Winter aufgeführt [werden,] […] eine genügliche Entschädigung zu finden“ D-OLns, Best. 30-5-46, Nr. 1, Bl. 13r (Webers Eingabe vom 12. März 1787). zerschlug sich. Trotzdem hielt er dem Theater die Treue: Nach seinem Weggang aus Eutin (1787) war er noch bis 1796 als Kapellmeister bzw. eigenständiger Schauspieldirektor in Deutschland unterwegs. Eutin hingegen wurde für fast fünf Jahrzehnte theatralisches „Niemandsland“: Das Greggenhofersche Schauspielhaus wurde 1791 wiederum in eine Orangerie zurückverwandeltVgl. Thietje (wie Anm. 6), S. 142.; erst ab den 1830er Jahren sind im Ort wieder Theater-Gastspiele bezeugtVgl. Junge (wie Anm. 18), S. 169 und Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 183; außerdem Otto Rönnpag, „Theater in Eutin (1848)“, in: Jahrbuch für Heimatkunde Eutin, Jg. 18 (1984), S. 93f.. Mit Rathjes literarisch belangloser Ansprache, die die Verdienste der Fürsten und Mäzene um das Erblühen des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert hervorhebt, verstummten Melpomene und Thalia in der holsteinischen Residenz: „Genug, – durch Patrioten Gunst, durch Dichter Glut Steigt Deutschlands Ruhm empor: wo Wißenschaften blühen; Dort blüht durch Gönner auch die edle Schauspielkunst! – So lebt dann, grünt und blüht Ihr, die Ihr hier so gerne Die schönen Künste schäzt, befördert, und erhebt! Lebt wohl, Ihr werthen Gönner! unsre Scheidungsstunde Sie rückt heran; der Bühne Vorhang fällt nun zu. –“ AnhangGottfried Heinrich Schmidts erste „Gesellschaft deutscher Schauspieler“ (GdS) Da diese recht kurzlebige Gesellschaft mit Franz Anton von Weber einerseits und dem Eutiner Theater andererseits eng verbunden war und ihr kurzer Werdegang zudem durch recht zuverlässiges Quellenmaterial bezeugt ist, sollen hier alle nachweisbaren Mitglieder vorgestellt werden. Damit wird gleichsam die Darstellung der Personalentwicklung der vormals Stöfflerschen Gesellschaft abgerundetQuellen, wenn hier nicht ausdrücklich angegeben, im vorhergehenden Artikel bzw. bei Ziegler, Stöffler (wie Anm. 4).. Stationen: Abspaltung von der Stöfflerschen Gesellschaft März/April 1780 in Stralsund, 1. Engagement in Rostock (April bis Juni 1780), danach Wismar, Lübeck, Eutin (Jahreswechsel 1780/81), Lübeck, Lüneburg (Frühjahr 1781), Wismar (September 1781), Eutin (Oktober 1781 bis März 1782) – dort Auflösung der Gesellschaft Schauspielpersonal:* Herr Beil: erstmals 1780 in Rostock als Anfänger bei der GdS erwähnt, Abgang noch 1780 (vor Beginn der 1. Eutiner Spielzeit) * Herr Clausenius: um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert (Anfängerrollen in Stralsund), April 1780 Gründungsmitglied der GdS (kleine Rollen), 1781 „entwichen“ (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) * Fräulein Constantini: Debüt bei der GdS in Eutin am 6. November 1781, gibt erste Gesangsrollen, bereits Anfang Januar 1782 wieder abgegangen (ihr Vater, Herr Constantini, trat nur einmal am 11. Dezember 1781 in Pergolesis Serva Padrona auf) * Herr Diettrichs (evtl. Anton Dittrichs, 1759–1790): zwischen Oktober 1781 und März 1782 als Mitglied der GdS in Eutin, gibt 2. Liebhaberpartien * Christoph Friedrich Dörr (*1755): 1778 Debüt bei Johann Joseph Nouseul, 1778/79 bei Peter Florenz Ilgener, 1781 Wechsel von der zweiten Wäserschen Gesellschaft in Magdeburg zur GdS, zwischen Oktober 1781 und 23. Februar 1782 Mitglieder der GdS in Eutin, gibt vorrangig Vaterpartien und karikierte Rollen, danach Wechsel nach Altona, 1784 bei der Tillyschen GesellschaftVgl. TK 1785, Gotha 1784, S. 230–232., 1787–1807 am neu gegründeten Hoftheater in Schleswig, später Regisseur in Schwerin * Johanna Friederike Dörr (1765–1797, geb. Ilgener): 1779–1797 Engagements wie ihr Ehemann, erste Rollen in der Oper und Liebhaberinnen im Schauspiel * Maria Christina von Estor (auch Christiane Estor, 1754–1787, später verh. Rathje): um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert, April 1780 Gründungsmitglied der GdS, spielt dort u. a. erste Soubretten und tanzt erste Partien, 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) Wechsel zu K. F. Abt nach Bremen, ab 1783 mit ihrem Ehemann G. H. Rathje bei der sogen. „Vereinigten Gesellschaft“ * Herr Gsellius: 1781 kurzfristig Mitglied der GdS (wohl nicht in Eutin) * Ehepaar Hahn: Anfang 1781 bei der zweiten Wäserschen Gesellschaft in MagdeburgVgl. „Schreiben über die in Magdeburg eingegangene zweite Wäsersche Gesellschaft“, in: Litteratur- und Theater-Zeitung, Jg. 4, Nr. 50 (15. Dezember 1781), S. 792. Die ebd. (S. 794) zu lesende Angabe, auch der Schauspieler Krosegk der jüngere wäre von Magdeburg nach Eutin gegangen, findet bei Schumann (wie Anm. 38) keine Bestätigung; möglicherweise hatte er die Gesellschaft vor der Ankunft in Eutin bereits wieder verlassen., Carl Hahn im April 1781 in den Tauf- und Totenregistern der Stadt Plön als Schauspieler bei Schmidt aktenkundigVgl. Gersdorff (wie Anm. 57), S. 330., Mitglieder der GdS bis zur Auflösung der Gesellschaft 1782In der Literatur ist mehrfach eine Gesellschaft Hahn genannt, die 1782 in Eutin gespielt haben soll; vgl. Junge (wie Anm. 18), S. 167 und Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 183 – vermutlich eine Verwechslung aufgrund des bei Schmidt engagierten Ehepaars Hahn., er spielt erste Liebhaber, sie Mutterpartien * Herr Hieber: erstmals 1780 in Rostock als Mitglied der GdS erwähnt, dort bis zur Auflösung der Truppe 1782 (kleine Rollen) * Herr Kahle: 1781 kurzfristig Mitglied der GdS (wohl nicht in Eutin) * Ehepaar Neumann: zwischen Oktober 1781 und März 1782 als Mitglied der GdS in Eutin, sie spielt vorrangig Soubretten, er gibt erste Liebhaber und Helden * Herr Normann: bereits März 1776 bis Anfang 1780 bei der Stöfflerschen Gesellschaft in Anfängerrollen, April 1780 Gründungsmitglied der GdS, dort als Liebhaber im Schauspiel und alternierend mit Wilhelmi als 1. Tenor in der Oper, 1781 (vor 2. Eutiner Spielzeit) Wechsel zu K. F. Abt nach Bremen, 1785 bei Schröder in Hamburg, 1786 bei der „Vereinigten Gesellschaft“, von dort wieder nach Hamburg, 1790–92 am Hoftheater Schleswig * Ludwig Nuth (*1754–nach 1820) mit Ehefrau: 1777 Abgang von Johann Joseph von Brunians Gesellschaft in Prag, 1778 in Berlin, 1778/79 als Ballettmeister bei Daniel Gottlieb Kessel (hier erstmals auch seine Frau erwähnt), zwischen Oktober 1781 und März 1782 als Mitglied der GdS in Eutin, er als Ballettdirektor, Schauspieler (Vaterpartien), Sänger und möglicherweise auch Mitdirektor, sie vorrangig als 1. oder 2. Liebhaberin im Schauspiel (auch Soubrette), später bei Gustav Friedrich Wilhelm Großmann, 1793 zu Johann Nuth nach KölnWeitere Stationen bei Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 268. * Johann Christian Ohlhorst (*1753–nach 1812): 1777/78 mit der C. J. A. Jünglingschen Gesellschaft in Eutin, nach dem Scheitern dieser Truppe ca. 1778/79 bei P. F. IlgenerVgl. Alexander von Weilen (Hg.), Carl Ludwig Costenoble’s Tagebücher von seiner Jugend bis zur Übersiedlung nach Wien (1818), Bd. 1 (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 18), Berlin 1912, S. 263 sowie „Zur Geschichte der Schaubühne in Mecklenburg“ (wie Anm. 87), S. 442., 1781 erfolgloses Debüt beim Schleswiger HoftheaterVgl. Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 200., zwischen Oktober 1781 und März 1782 als Mitglied der GdS in Eutin, gibt 1. Liebhaber in der Oper und 2. im Lustspiel, am 12. Januar 1782 Wechsel nach Stralsund zu Jean TillyVgl. Schumann (wie Anm. 38), S. 12; s. a. TK 1783, Gotha 1782, S. 294 (Debüt bei Tilly als Alexis im Deserteur). (Nach einem mißglückten Engagementsversuch in Hamburg Anfang September 1784Vgl. „Vom Hamburgischen Theater“ (wie Anm. 87). fand Ohlhorst kurzzeitig eine Anstellung bei der Gesellschaft von G. F. Lorenz in Altona; als diese sich mit ihrem Direktor überwarf, versuchte er sich gerade zwei Wochen lang in Bergedorf selbst erfolglos als ImpresarioVgl. Ephemeriden der Litteratur und des Theaters, Jg. 1, Bd. 1, Nr. 13 (26. März 1785), S. 202.. Auch eine danach von ihm gegründete neue Gesellschaft in Ratzeburg blieb sehr kurzlebigDer TK 1786 (Gotha 1785, S. 226) meldet unter der Rubrik „Eingegangene Truppen 1785“ die „Ohlhordsche Gesellschaft, zu Ratz[e]burg“.. Von Ratzeburg aus, das zum Herzogtum Mecklenburg-Strelitz gehörte, wurde Ohlhorst 1785 als Schauspieler und Regisseur nach Neustrelitz verpflichtetVgl. Annalise Wagner, Beiträge zur Theatergeschichte von Neustrelitz 1726–1848, Teil I/1 (Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs, H. 4), Neustrelitz 1969, S. 20. 1787 verfaßte Ohlhorst die Musik zu Johann Karl Christian Fischers Prolog Die Reise der Schauspieler, mit dem das neue Schauspielhaus in Neubrandenburg eröffnet wurde (Druck des Prologs ehemals in D-B, Kriegsverlust).. 1788 wurde er einer der fünf Theater-Inspektoren des Mecklenburg-Strelitzer Hoftheaters und 1792/93 dessen alleiniger Regisseur. 1794 ging er zur Gesellschaft von Jean Bachmann, um 1795 ist er in Danzig und Königsberg bezeugtVgl. Ernst Ludwig Gerber, Neues historisch-biographisches Lexicon der Tonkünstler […], Bd. 3, Leipzig 1813, Sp. 610.. 1796 kam er als Prinzipal nach Warschau, 1798–1800 gehörte er dem Schleswiger Hoftheater an. 1800 gründete er in Strelitz wiederum eine eigene Gesellschaft, die nach Auftritten u. a. in Neubrandenburg und ParchimVgl. Patriotisches Archiv der Herzogthümer Mecklenburg zur Aufbewahrung der Geschichte und Denkwürdigkeiten derselben, und zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse, Jg. 1 (1801), Bd. 1/1, S. 164f., Bd. 1/2, S. 185–187 und Bd. 2/2, S. 203. 1801 in Elmshorn einging. Mit einer nach seinem Engagement in Bremen (1802) zusammengestellten Truppe war Ohlhorst bis 1804 u. a. in Neustrelitz, Neubrandenburg und Bützow; letztmalig ist er 1812 in Posen bezeugtVgl. Grüder (wie Anm. 70), S. 25 und 29–31, Weilen (wie Anm. 120), Bd. 1, S. 127 und 263, Pies, Schleswig (wie Anm. 21), S. 200 und Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 269..) * Georg Heinrich Rathje (*1753): Debüt 1771, 1776 von Hamburg entwichen zu C. J. A. Jüngling, dort 1777 Ballettmeister (bis zum Ende der Gesellschaft in der Fastenzeit 1778 in Eutin)Vgl. TK 1778, Gotha 1777, S. 210., 1778 Mitglied der in Norddeutschland (Hannover, Celle, Kiel, Pyrmont, Hildesheim) reisenden Truppe von Bartholomeo Constantini, 1779 bei J. J. Nouseul in HannoverVgl. TK 1779, Gotha 1778, S. 125 und Anhang S. Vf. sowie TK 1780, Gotha 1779, S. 122 und 240., um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert, April 1780 Gründungsmitglied der GdS als Schauspieler (erste Alte und Spitzbuben im Schauspiel, erste Baßpartien) und Ballettmeister, 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) Wechsel zu K. F. Abt nach Bremen als BallettmeisterVgl. TK 1782, Gotha 1781, S. 168 und 221., nach Abts Tod 1783 bis 1787 Geschäftsführer der sogen. „Vereinigten Gesellschaft“, 1792 in Amsterdam, 1793 bei Simon Friedrich Koberwein in Köln, 1797 am Salzburger Hoftheater unter der Direktion von Lorenz HübnerVgl. Journal des Luxus und der Moden, hg. von Friedrich Justin Bertuch und Georg Melchior Kraus, Bd. 12, Nr. 2 (Februar 1797), S. 89. * Herr Reinberg: 1781 kurzzeitig bei der GdS (wohl nicht in Eutin), September 1781 Abgang nach Ratzeburg (zu Toscani), 1784 bei G. F. LorenzUnklar, ob Peter Matthias oder Wilhelm Reinberg; vgl. Pies, Prinzipale (wie Anm. 45), S. 288 (mit weiteren Stationen der beiden Reinbergs). * Frau Reinberg (vorm. Vittarsi): 1778/79 bei P. F. Ilgener, 1779 bei der Preinfalkschen Gesellschaft in Stralsund, nach deren Scheitern ans Theater Neustrelitz, Heirat mit ReinbergVgl. „Zur Geschichte der Schaubühne in Mecklenburg“ (wie Anm. 87), S. 442., weitere Engagements wie ihr Ehemann, spielte bei der GdS vorrangig Mutterrollen * Herr J. G. Rhake: 1775/76 bei Johann Heinrich Jacob Amberg in Stralsund, seit 1777 bis Anfang 1780 bei der Stöfflerschen Gesellschaft, April 1780 Gründungsmitglied der GdS (dort bis zur Auflösung der Truppe 1782), gibt Vaterrollen im Schauspiel und singt Baßpartien in der Oper, 1782–1784 Mitglied in Schmidts neu gegründeter GdS * Gottfried Rögglen (1728–1784): 1778 bei Wäser in Breslau, 1779 in Berlin, um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert, April 1780 Gründungsmitglied der GdS, spielt besonders Vaterrollen, Abgang 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit), 1781/82 am Schleswiger Hoftheater, 1782 bei der Tillyschen GesellschaftVgl. TK 1783, Gotha 1782, S. 294f. Im Februar 1783 in Stralsund ist Rögglen bereits nicht mehr Mitglied der Gesellschaft, vgl. Litteratur- und Theater-Zeitung, Jg. 6, Nr. 11 (15. März 1783), S. 174 (Bericht vom 27. Februar 1783). * Johanna Friederike Helene Maria Jakobine Rögglen (1765–1801, später verh. Diestel): um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert, April 1780 Gründungsmitglied der GdS, spielt dort junge Liebhaberinnen und singt zuerst zweite (TK 1781, S. CLXXII), später erste Rollen in der Oper (TK 1782, S. 260), erste Tanzpartien, Abgang 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit), 1781-83 beim Hoftheater Schleswig, 1784 bei der Gesellschaft von Johann Heinrich Böhm, 1786–91 bei G. F. W. Großmann (u. a. gemeinsam mit Franz Anton von Webers Tochter Jeanette Weyrauch) * Herr Rögglen jun. (Sohn): erstmals 1780 in Rostock als Mitglied der GdS erwähnt, spielt Charakterrollen, tanzt 1. Partien und singt 2. Partien in der Oper, Abgang 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) * Herr Santorini: 1780 bei G. F. W. Großmann, 1781 in der Gesellschaft von K. F. Abt, von dort Wechsel zur GdS, zwischen Oktober 1781 und März 1782 Mitglied der GdS in Eutin, ab 1782 wieder bei Großmann (ebenso 1790/91) (Eventuell der Bassist Peter Carl Santorini, der 1786 in Thüringen und 1788–1790 in Kassel, Marburg und Hofgeismar gemeinsam mit Giovanni Federico Toscani einer eigenen Schauspielgesellschaft vorstand, zu der zeitweise auch Jeanette von Weber, die Tochter Franz Anton von Webers aus erster Ehe, gehörte. Schumann macht zu Santorinis Stimmfach keine genaueren Angaben, er teilt ihm lediglich „erste Rollen in der Oper“ zuVgl. Schumann (wie Anm. 38), S. 6., allerdings wird der Sänger im Theater-Kalender als „zweyter Tenorist in der Oper“ genanntVgl. TK 1782, Gotha 1781, S. 259..) * Ehepaar Schaffner: Herr Schaffner seit Ende 1777 bei der Stöfflerschen Gesellschaft, seine Ehefrau um den Jahreswechsel 1779/80 von Stöffler engagiert (Anfängerrollen in Stralsund), April 1780 beide Gründungsmitglieder der GdS (sie eher in NebenrollenZu Madame Schaffner heißt es im Juni 1780 aus Rostock: „Ihr Gesang ähnelt sehr dem Unkenruf in Teichen.“ sowie „Eine Soubrette, daß sich Gott im Himmel erbarme!“; vgl. Koppe (wie Anm. 27), S. 52f.), 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) gemeinsam Wechsel zu K. F. Abt nach Bremen, nach dessen Tod 1783 bei der sogen. „Vereinigten Gesellschaft“ * Gottfried Heinrich Schmidt (1744–nach 1796): 1771 Bühnendebüt, 1772 bei der Schuchschen Gesellschaft, 1775/76 bei J. H. J. Amberg in Stralsund, nach dessen Scheitern bei Peter Christian Reymann in Greifswald und Rostock, nach dessen Scheitern kurzzeitig bei P. F. Ilgener in Rostock, seit Sommer 1776 bei der Stöfflerschen Gesellschaft (dort auch als Mitdirektor), Trennung von Stöffler im Frühjahr 1780 in Stralsund, Direktor der GdS bzw. 1782–1784 einer neu gegründeten GdS, 1787 bei Tilly in Lübeck, 1794 bei Kübler, 1796 Unter-Direktor der 2. Gesellschaft der Maria Barbara Wäser in Niederschlesien * Anna Maria Kunigunde Schmidt (*1752 oder 1732, geb. Meyer): Ehefrau des Direktors (Engagements ab 1775 wie dieser), erste Rollen im Schauspiel (teils auch in der Oper) * Herr B. L. Schumann: 1778–1780 als „Partienschreiber“ bei der Stöfflerschen Gesellschaft (Anfang 1780 in Stralsund auch mit Schauspielverpflichtung), April 1780 Gründungsmitglied der GdS (dort bis zur Auflösung der Truppe 1782 wiederum als „Parthienschreiber“ und Kleindarsteller) * Frau Stegner: Debüt bei der GdS 28. Januar 1782 in Eutin, dort bis zur Auflösung der Truppe im März in Anfängerrollen * Herr Toscani / Frau Toscani / Herr Toscani jun.: 1781 kurzzeitig bei der GdS, der ältere T. singt erste Rollen in der Oper, der jüngere T. singt zweite Opernpartien und spielt kleinere Rollen (auch Liebhaber) im Lustspiel, sie spielt vorrangig kleinere Partien, September 1781 Abgang nach Ratzeburg, dort eigene Gesellschaft errichtetVgl. TK 1782, Gotha 1781, S. 259. Die Brüder Giovanni Federico (Johann Friedrich) und Carl Ludwig Toscani werden in der theaterwissenschaftlichen Literatur oft verwechselt. Die Mitgliedschaft in der Schmidtschen Gesellschaft und die nachfolgende Gründung einer eigenen Truppe in Ratzeburg werden üblicherweise Carl Ludwig Toscani (1760–1796) und seiner Ehefrau Anna Elisabeth, geb. Endemann (*1755), zugewiesen, allerdings spricht deren gleichzeitiges Engagement in Mannheim (1779–1784) dagegen. * Familie Wassermann: Vater Theatermeister (bereits 1778 Gehilfe des Theatermeisters bei Stöffler), Mutter „Billetrice“, Sohn in Kinderrollen von Beginn in Rostock bis zur Auflösung der Truppe * Herr Wilhelmi: spätestens seit Frühjahr 1776 bei der Stöfflerschen Gesellschaft, April 1780 Gründungsmitglied der GdS, dort bis zu seinem Tod 1781 (vor Beginn der 2. Eutiner Spielzeit) als 1. Tenor in der Oper und in verschiedenen Schauspielrollen „Genug, – durch Patrioten Gunst, durch Dichter Glut Steigt Deutschlands Ruhm empor: wo Wißenschaften blühen; Dort blüht durch Gönner auch die edle Schauspielkunst! – So lebt dann, grünt und blüht Ihr, die Ihr hier so gerne Die schönen Künste schäzt, befördert, und erhebt! Lebt wohl, Ihr werthen Gönner! unsre Scheidungsstunde Sie rückt heran; der Bühne Vorhang fällt nun zu. –“