## Title: Exposé über die Leitung des Königlichen Theaters. undatiert, um 1828 ## Author: Schilden, Friedrich von ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A100460 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Meine Ansicht über das Königliche Theater.Die oberste Leitung des Königℓ: Theaters scheint mir offenbar einer Änderung zu bedürfen 1. weil ihr alle Einheit fehlt, indem zu viele Behörden mitzusprechen haben. (Der nachtheilige Einfluß hieran ist bei dem Theater äußerlich und innerlich augenscheinlich und fühlbar.) 2. weil durch diesen Zustand, das Theater, für den König, statt einer Récréation, eine Quelle von Unannehmlichkeiten wird. Jetzt haben mit der oberen Leitung vier Behörden zu thun, die sich störend begegnen und daher nicht zusammen wirken. 1. Der Gf Brühl, als eigentlicher Direktor und General Intendant. – Er versteht sein Fach, vorzuwerfen ist ihm aber, daß Er oft da nachgiebig war, wo er es nicht hätte sein sollen, und daß er es nicht war, wo er es hätte sein sollen, und daß seiner Administration Sparsamkeit und Haushältlichkeit fehlte. 2. H. Spontini, als General Musikdirektor – trefflich als Compositeur, durch seine Stellung zur Direction störend in der Administration und überdies persönlich unverträglich und die Geschäfte erschwerend. 3. das Kassen-Curatorium. veranlaßt durch Mängel in der bisherigen Administration; aber nicht nur durch seine Existenz dehmüthigend für den Director, sondern dessen Wirksamkeit lähmend, da es unter dem Vorwand der Ökonomie, in alle Details eingreift und alle | Autorität des Directors und alle Subordination gegen denselben dadurch lösend, daß einzelne Mitglieder desselben verfügend anordnen. 4. Der Fürst Witgenstein als HausMinister; dem selbst die Angelegenheiten des Theaters sofern er sie zu betreiben hat, unangenehm sind und der selbst sagt: daß er sie nicht versteht, dessen Stellung aber zu dieser einzigen Branche directer als zu den andern Hof-Administrationen (HofmarschallAmt und Marschallamt) ist, so daß er Details zu betreiben hat, die überall von dem Director allein betrieben werden. Aus diesem Bilde der vier Behörden wird es schon klar, daß alle Einheit der Leitung und alle Einigkeit selbst des Personals verlohren gehen muß, das bald bei der einen bald bei der andern Protektion suchtnd sich entge oder findet. Ist hier noch eine Änderung dringend nöthig, so frägt sich: worin soll sie bestehen? Diese Frage läßt sich am besten durch Beantwortung einer andern, nämlich: Soll ein anderer Director ernannt werden, oder soll es Gf Brühl bleiben? Angenommen, es soll ein anderer ernannt werden. Er sei wer er wolle, so kann er nur Einheit wieder hervorbringen und eine kräftige Leitung he eintreten lassen, wenn die 3 andern Behörden neben ihm schwinden, denn das Bestehen derselben hindert die Einheit und lähmt ihn in jedem freien wirksamen Handeln. | Angenommen der Grf soll bleiben, so muß man ihm erst die Möglichkeit geben zu bleiben, d. h. die Möglichkeit wieder frei zu handeln und Einheit zu schaffen. Das kann bei ihm, eben so wie bei jedem Andern, nur durch das Verschwinden der drei andern Behörden geschehen. Solange man sich hiervon nicht überzeugt, und jene 3 andern Behörden außer der Direction bestehen läßt, muß man auf jede Besserung verzichten. Gesetzt den Fall, man überzeugte sich hievon, stellte also das HausMinisterium zu dieser Branche wie zu dem Hofmarschallamt; – höbe das Curatorium auf, und ließe H Spontini aus der Direction und Administration heraustreten – Gesetzt, man wollte das alles thun, so könnte man sagen, dann tritt der frühere Fall ein, daß die Ökonomie zu sehr gefährdet wird. – Dagegen wüßte ich nur ein Mittel, daß dem Gf Brühl zwei Männer zur Seite (nicht über ihn) gesetzt würden, mit denen er allmonatlich die ganze Ökonomie zu berathen und als Currator mit ihnen zu besorgen hätte. In allen übrigen nicht die Ökonomie anlangenden Gegenständen müßte er einziger und alleiniger Director sein. | Für den Gf vBrühl weiß ich nur folgenden Titel vorzuschlagen: „wirkl: Geh: Rath und HausMarschall“. Auf seinen Wunsch gienge als dann die Theater-Intendanz auf den Gf R. über. Dieser erhält aus dem Gehalt des Gf Brühl 1500 rh als einstweilige Besoldung, der Rest des Gehaltes verbleibt dem Gf Brühl. Um die Kenntniße des Gf vBrühl im Fach des Bühnenwesens ferner zu benutzen, ernennen ihn S. M. zum Mitglied eines Comités welches über die Angelegenheiten des Theater[s] gebildet wird. Verhältnis des Intendanten und des berathenden Comités. 1. Der Intendant. – (das Wort General-Intendant ist vielleicht nicht erforderlich?) – hat die gesammte Administration und die Executive-Direction. Es ist die Behörde für das Theater und diejenige, an welche man sich in Angelegenheiten des Theaters wendet. 2. Das berathende Comité besteht aus dem Gf vBrühl, dem Intendanten Gf R. und noch etwa 2 höchstens 3 Mitgliedern die wenigstens eben so vornehm sein müssen. Dieses Comité darf über alle Gegenstände des welche zum Ressort und Interesse des Theaters gehören, berathen, darf aber durchaus nicht selbst ausführen. Die Ausführung | gebührt allein dem Intendanten. Das Comité berathet namentlich über neue Einrichtungen im Felde der allgemeinen Organisation, oder der Polizei und Disciplin des Theaters. und wacht über Aufrechthaltung der bestehenden Einrichtungen, berathet über Rathsamkeit oder Nothwendigkeit von Engagements, über die Annehmbarkeit zweifelhafter Stücke pp. Alle Monat oder alle ¼ Jahr wird ihr der Stand der Casse vorgelegt. – Außerdem gehört vordieselbe, alles was der Intendant noch überdies ihrer Berathung oder Décision vorlegt. Sie muß sich regelmäßig einmal im Monat versammeln, erforderlichen Falls aber alle 8 oder 14 Tage.