## Title: Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: Preciosa von Carl Maria von Weber am 19. August 1824 (Teil 2 von 2) ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032977 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ (Fortsetzung.) Zu diesem Vorzug einer äusserst glänzenden Repräsentation gesellte sich aber auch ein sehr gesandtes, ausdrucksvolles und bewegtes Spiel und ein durchaus richtiger und fehlerfreier Vortrag der Verse, sowohl im Monolog, als auch im Dialog. Das Organ der Mad. Devrient, obwohl nicht eben stark, beurkundete durchgängig große Biegsamkeit und Weichheit und blieb selbst im Ausdruck des höchsten Affekts (am Schlusse des dritten Aktes) noch wohllautend. Das Improvisations-Stück im ersten Akt recitirte Mad. Devrient mit Anmuth und Richtigkeit; doch genügte uns in diesem Punkte das Spiel ihrer Vorgängerin, der Dem Wagner, mehr, weil diese die innere Bewegung, oder das Ringen mit dem prophetischen Geiste, noch wirksamer zu veranschaulichen wußte. Die Zuschauer sollen ja in diesem Moment in die Täuschung versetzt werden, als ob das lyrische Gedicht so eben erst aus der Tiefe der begeisterten Seele hervortrete. Der hierauffolgende Tanz ward mit seltener Fertigkeit und Grazie ausgeführt, so wie auch der herrlichen Romanze im zweiten Akt ihr volles Recht wiederfuhr. Athemlose Stille herrschte während des Vortrags in der ganzen Versammlung und löste sich erst nach Beendigung desselben in einen stürmischen Beifalljubel auf. Als die Spitze dieser ganzen Darstellung bezeichnen wir jedoch den Moment, wo Preciosa dem Alonso aus seinen Gesichtszügen das Horoskop stellt; hier riß der überströmende Humor, womit sie die Schlußworte: „Doch bei Männern pflegt’s zu geben ec.“ sprach, Alles unwiderstehlich hin. Kleine Unebenheiten verschwammen in dem Total-Eindruck des schönen Ganzen. Die Künstlerin selbst aber ward zum Schlusse mit dem lautesten, einstimmigsten Beifall hervorgerufen, und dankte in wenigen, aber sehr gewählten Worten für die Nachsicht des Publikums mit diesem ersten Versuch in einer fast ganz zu recitirenden Rolle. (Die Fortsetzung folgt.)