## Title: Aufführungsbesprechung Dresden: Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 10. bis 21. Januar 1819 (darunter „Der Abend am Waldbrunnen“ von Friedrich Kind am 11. Januar 1819) ## Author: Anonymus ## Version: 4.12.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032777 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ #lb#Dresden, am 2. Februar.(Beschluß.) Unsere Hofbühne eröffnete, durch die eingetretene Trauer verspätet, ihre Vorstellungen am 10. Januar mit Sappho, die leider bey sehr leerem Hause gegeben ward. Am Tage darauf sahen wir zum Erstenmale Kinds Abend am Waldbrunnen, besonders in der Rolle der Dorchen von Frau Schirmer köstlich dargestellt. Allgemein hinterließ er einen recht freundlichen, wenn auch nicht tiefen Eindruck, und man war vollkommen überzeugt, daß ihm in Berlin zu viel geschehen sey. Das an ebendemselben Abende ebenfalls zum Erstenmale aufgeführte Landleben von Steigentesch, wollte dagegen, besonders in den letzten beyden Akten, gar nicht ansprechen, und wir sind mit Mehrern überzeugt, daß dieses Stück gar nicht von jenem Dichter selbst geschrieben, sondern nur seiner allerliebsten Erzählung unter gleichem Titel nachgebildet ist, und möchten wohl darüber etwas Näheres wissen. Neue Vorstellungen waren ferner am 16. Januar zum Vorabend des königlichen Vermahlungs-Festes, Aschenbrödel, das seitdem mit gleichem Beyfall bereits viermal gegeben worden ist. Zu läugnen ist es auch nicht, daß an äußerer Ausstattung Alles gethan ward, was für Auge und Gemüth reizend seyn konnte, besonders sind die Erscheinungen und Tänze von einer ganzen Schaar allerliebster Genien für uns eben so etwas Neues als Höchstliebliches. Fräul. Julie Zucker ist als Aschenbrödel eine sehr angenehme Erscheinung, und ganz besonders gelingt ihr das gutmüthig Naive in mehrern Theilen der Rolle; sie ward auch bey der zweyten Vorstellung dankbar gerufen. Köstlich und als wahre Virtuosinn singt Fräul. Funk ihre Clorinde, und auch Herr Toussaint ist als Alidor sehr zu loben. Hrn. Metzner hätten wir als Dandini doch etwas weniger Burleskes gewünscht, so ergötzlich auch sein Spiel wirkte, und Hr. Bergmann als Ramir etwas mehr Leben, wodurch der schöne Ton seiner Stimme auch mehr Eindruck gemacht haben würde. Am 21. Januar gab man nach der am 19ten gewesenen 9ten Vorstellung von Bandyk, den Kirchhof zu Savelthem desselben Dichters. Dieser nennt solches selbst nur Schlußscenen, folglich halten wir es nicht für zweckmäßig sie an einem andern Tage aufzuführen, wo sie allein stehend kein eigentliches dramatisches Ganze bilden können. Dem Stücke selbst angefügt, nach einer etwas längern einleitenden Musik würden sie vielleicht mehr gewirkt haben. Hr. Werdy als Thomas war meisterhaft. Zuletzt sahen wir noch zweymal nach einander den Apotheker und Doktor. Als einen alten Bekannten nahm man ihn recht freundlich auf, ohne daß man in eine eigentliche Wärme des Antheils dabey kommen konnte. Die Krone der Oper war Hr. Wilhelmi als Stichel, der bis in die kleinsten Theile eine wahrhaft gelungene Leistung gab, Julie Zucker als Rosalie war allerliebst, und Frau Metzner sang in ihrer großen Arie mit vieler Bravour. Ein Hr. Pauli aus Magdeburg trat als Fallbring, Marder, Nachbar, Kommissair Wallmann und Carlo Mansrone, als Gast auf. Ein besonnenes – vielleicht hie und da zu kaltes – Spiel, ein schönes, verständliches Organ, eine gute Aussprache und ein redendes Auge zeichnen ihn vortheilhaft aus. Er hatte hier mit wackern Vorarbeitern, den Herren Bösenberg und Geyer, zu kämpfen, erfreute sich aber doch, und mit Recht, bey mehrern Gelegenheiten des Beyfalls des Publikums. Der letztgenannte Künstler gab uns übrigens am 14. Januar in Parteyenwuth, einen neuen Beweis seines ausgezeichneten Talents. In der italienischen Oper, welche in diesem Monate außerdem keine Neuigkeit gab, trat ein neues Mitglied, Signor Cantu aus Mayland, in der Rolle des Loredano in der schönen Pärschen Oper Camilla auf, und erwarb sich den allgemeinsten Beyfall. Er ist noch sehr jung, und betritt, wie wir hören, jetzt zum Erstenmale die Bühne. Bey solchen Voraussetzungen ist er für dieses Institut eine sehr erfreuliche Erscheinung. Seine Stimme ist volltönend, geläufig, angenehm, seine Manier gut, freylich von der Sucht zu verzieren auch nicht fremd; es neigt sich zwar sein Tenor etwas zum Bariton, ist aber um so kräftiger; die Gestalt ist theatralisch gut, Befangenheit wird sich mit jeder Vorstellung mindern, und die guten Muster auf unsern beyden Theatern werden ihn bald in der mimischen Kunst weiter bringen. Die kleine A. Wagner, welche als Adolfo in dieser Oper auch zuerst auftrat, kann eine recht gute Sängerinn werden, wenn man ihre kindlichen Anlagen ausbildet. In Maometto, von Winter, gab in zwey Vorstellungen die italienische Oper den Musikkennern eine wahren Genuß. Sandrini und Funk, Benincasa und Tibaldi waren trefflich, und die schwierigen Chöre wurden sehr gut ausgeführt.