## Title: Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: „Die Macht der Verhältnisse“ von Ludwig Robert (Teil 1 von 2) ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032466 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Theater.Prag. – Die Macht der Verhältnisse. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Robert. Wenn dieses Trauerspiel gleich nicht so groß und glänzend dasteht, als das Haus Barcellona, so hat es darum in anderer Hinsicht vielleicht nicht viel geringeren Werth. Die Form ist nicht so gediegen und schön, dagegen steht es unserer Denk- und Handelsweise näher, und enthält Wahrheiten, die jedes Gemüth gewaltig ergreifen müssen. – August Weiß, ein junger Schriftsteller, Sohn eines Landpfarrers, lebt mit seiner Schwester in der Residenz; er hat nur eine Leidenschaft, die unbegränzteste Ehrliebe, die durch die leiseste Berührung verletzt wird. Zufällig haben diese beyde Geschwister die Bekanntschaft eines andern Geschwisterpaares gemacht, der beyden Kinder des Ministers Grafen von der Falkenau. Der Oberst besucht den Schriftsteller und liebt dessen Schwester. Gräfinn Sophie besucht die Schwester und liebt deren Bruder. Der erste Aufzug des Trauerspiels zeigt uns Weiß in seiner häuslichen Lage. Er erhält ein schwarz gesiegeltes Packet von seinem Vater, mit dem Befehl, selbes erst nach seinem dreyßigsten Jahre zu eröffnen. Er redet Emilien zu, ihr Herz von dem Obersten loszureißen; dieß ist aber fruchtlos, und sie sucht ihn vielmehr durch die Nachricht zu gewinnen, daß ihn die Comtesse liebe. Mit Verwunderung hört sie, daß er das längst wisse, aber nicht bemerken wollte, und er bittet sie, die Gräfinn von diesen Gedanken abzubringen. Comtesse Sophie kommt selbst und wird von ihm, der sich bald entfernt, durch die schneidendste Kälte verletzt. Nach einem ziemlich langen Gespräche zwischen den beyden Frauenzimmern, in welchem die Comtesse Emilien viele gute Lehren über ihre wechselseitigen Verhältnisse gibt, die sie durch ihr eigenes Benehmen Lügen straft, kommt der Major von Wall, ein Freund des Obersten und des Schriftstellers, und meldet, daß dieser so eben krank nach Hause gebracht werde. Weiß war nähmlich auf dem Klubb wegen Emilien mit dem Obersten in Zänkereyen gekommen, hatte ihn beleidigt und war von ihm ins Gesicht geschlagen worden; wüthend bemächtigte sich Weiß eines Degens, und als die anwesenden Officiere ihn fest hielten, sank er unter den heftigsten Krämpfen zu Boden. Emilie eilt ihrem Bruder entgegen und Wall begleitet die Comtesse. Zweyter Aufzug. Die Gräfinn von der Falkenau, So phiens Stiefmutter und zärtliche Freundinn, tröstet die Comtesse und ersucht den Minister, bey dieser Sache als Mittler aufzutreten. Dieser findet die Sache gar nicht so wichtig, als man sie nimmt, und erst, als er die Verhältnisse seines Sohnes zu dem Bruder und der Schwester erfährt, und auch, daß Sophie ebenfalls das Haus besucht habe, welches er sehr mißbilligt, gibt er dem Major Auftrag, die Sache zu vermitteln, und läßt den Obersten rufen, dem er verbiethet, ohne sein Wissen einen Schritt zu thun; aber zu spät! Der Oberste hat bereits eine Aufforderung von Weiß erhalten, und sein ganzes Officiercorps versammelt, daß es den Ausspruch thue, ob er selbe annehmen solle oder nicht. Der Major erhält den Auftrag, um jeden Preis Weiß augenblicklich zu entfernen; er soll reisen und der Graf will ihm Geld und Empfehlungen mitgeben. Als der Major den Damen dieß mittheilt, kann sich Sophie nicht länger bemeistern und verräth ihm ihre Leidenschaft für Weiß. Dritter Aufzug. Weiß schlummert auf einem Ruhebette. Emilie erhält ein Billet, worin sie der Oberste benachrichtigt, daß er des andern Tages abreisen müsse, und sie bittet, um sieben Uhr, zum Zeichen, daß sie allein sey, ein weißes Tuch zum Fenster heraus zu hängen. Entschlossen, ihn zu sprechen, antwortet Emilie schnell, siegelt das Billet und will es abschicken; aber mittlerweile ist Weiß erwacht, hat gesehen, was sie that, und nimmt ihr das Billet weg; doch verspricht er ihr, sie solle ihren Geliebten noch vor dem Abmarsch sehen. Der Major kommt, und nachdem Emilie sich entfernt hat, theilt er Weiß den Ausspruch des Regiments, daß sich der Oberste nicht mit ihm schlagen dürfe, und die Vorschläge des Ministers mit. Weiß's Entschluß ist mittlerweile gefaßt; er sendet Emiliens Billet an den Obersten ab, und scheint in die letztern zu willigen, um los zu kommen. Der Major entfernt sich, und Weiß schickt Emilien weg. Es wird sieben Uhr, und er läßt das weiße Tuch aus dem Fenster wehen. Der Oberste kommt und findet statt Emilien – ihren Bruder. Nach langem vergeblichen Streite will der Oberste fort; Weiß hält ihn zurück, mit dem Pistol drohend; der Oberste zieht und verwundet ihn: Weiß drückt los und erschießt den Obersten. Der Major, Emilie und die Patrouille treten ein, und Weiß wird gefangen fortgeführt. (Der Beschluß folgt.)