## Title: Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, 6.–13. Februar 1814 ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032318 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Theater.Prag. – Den 6. Febr.: Adolph und Clara, oder: Die beyden Gefangenen, Oper in 1 Act von D’Aleyrac. – Dieß kleine Singspiel, das größtentheils in gewöhnlichem französischen Geschmack gearbeitet ist, würde wahrscheinlich kein erfreulicheres Geschick als seine Geschwister gehabt haben, wenn nicht die lebendige Darstellung der Dlle. Brand und des Hrn. Mohrhardt – (es war seine letzte Rolle; wenige Tage nach der zweyten Aufführung dieser Oper erkrankte er, und starb am dreyzehnten Tage als Opfer eines bösartigen Nervenfiebers, von Friesel und Hirnentzündung begleitet. Alle Freunde der Kunst nehmen den lebhaftesten Antheil an dem frühen Hintritt dieses hoffnungsvollen jungen Künstlers) – dem Ganzen eine günstige Aufnahme verschafft hätte. Hrn. Siebert als Gouverneur wäre ein freyeres und mehr durchdachtes Spiel zu wünschen gewesen. Den 11.: Declamatorium der Mad. Schröder im Redoutensaale. – So reich der Lorbeerkranz auch war, den sich die vorzügliche Künstlerinn in unserm Weichbild schon erworben hat, so war doch der Zuspruch zu ihrem Declamatorium nicht sehr zahlreich; dagegen erfreute sie sich eines sehr gebildeten und kunstsinnigen Publicums, dessen Beyfall ihr den schönsten Lohn für ihre vollendete Kunstausstellung gewährte. Die Wahl der Stücke fand nicht allerdings Beyfall, denn der Anschlagszettel enthielt mehrere wenig gefeyerte Nahmen und nahmenlose Gedichte; aber Mad. Schröder bewies, daß sie einem jeden Reitz zu geben weiß, und was noch mehr ist, sie widerlegte durch ihr reiches und kräftiges Organ die Behauptung eines der angesehensten hiesigen Literatoren, daß kein Frauenzimmer im Stande sey, Schillers Lied von der Glocke vorzutragen, welche sie herrlicher declamirte, als wir sie noch je gehört haben. Den 13.: Das Hausgesinde, Oper in 1 Act, und: Arlequins Zauberpfeife, Pantomime in 2 A. von Hrn. Supper. Das erste gehört unter die faden und geistlosen Possen, die auf eine betrübte Weise an die Müllerschen Sonntagskinder und Schwestern von Prag erinnern, indem sie alle ihre Fehler besitzen, ohne auch nur die Hälfte der echten komischen Laune zu haben, welche jene belebt. Gewiß kann dieses Hausgesinde nur in Wien, und von Hasenhut dargestellt, eine erfreuliche Wirkung hervorbringen, und die Nachahmung seiner unnachahmlichen Individualität von Dlle. Brand, welche sich herbeygelassen hatte, die Rolle des Lorenz zu übernehmen, war nur in einzelnen Momenten im Stande, das Zwerchfell der Zuschauer zu erschüttern. Die Besetzung der übrigen Rollen war ganz so nachlässig, als hätte Hr. von Weber den schnellen Tod dieser erneuerten Kunsterscheinung im Voraus geahnet. Eine Mad. Lenger, wahrscheinlich bisher Statistinn, spielte die Louise und dient Hrn. Löwe (Ferdinand) zur vollgültigen Entschuldigung der äußerst gleichgültigen Behandlung seiner Liebhaberrolle. Die Pantomime, welche als eine lang entbehrte Kunstform bey dem großen Publicum viel Sensation macht, würde auch allen Verehrern der komischen Muse eine willkommene Erscheinung seyn, wenn der Charakter dieses Genres in seiner Reinheit erhalten worden wäre; leider aber fehlt es dem Pantalon (Hr. Reyberger) eben so sehr an der pedantischen Gravität, welche diese Maske bezeichnet, als Arlequin und Colombinen (Hr. Küffel und Dlle. Frühmann) an Gewandtheit und Grazie. Hr. Gerstel gab den geprellten Liebhaber recht brav, aber die Perle der Pantomimen bleibt Hr. Supper (Pierrot), dessen Gesten durchaus richtig und echt komisch sind; nur wäre zu wünschen, daß seine Bewegungen minder schnell und kräftig geschähen, welches mit dem Charakter des trägen und blödsinnigen Pierrot im Widerspiel steht. Die Fabel der Pantomime ist unsinnig, und die Eintheilung der Scenen durchaus nicht geglückt. Vor allem ermüdet der lang gedehnte Spaß mit dem todten Arlequin, den wohl jeder schon besser gesehen hat.