## Title: Korrespondenz-Nachrichten aus Dresden über den Streit zwischen Weber und Spontini ## Author: X. ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030862 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Correspondenz-Nachrichten.#lb#Aus Dresden, im May 1824.#lb#C. M. v. Weber und Spontini.Folgende Nachrichten sind mir – nicht hier – sondern von Berlin aus und aus authentischer Quelle bekannt geworden und da sich, aus löblicher Condescendenz, in jener Residenz wohl Keiner finden dürfte, der sie freymüthig und öffentlich mittheilen möchte, so will ich es thun; denn gewisse Dinge müssen eben deßhalb an den Tag kommen, weil sie das Tageslicht scheuen. Weber hatte (und das war nicht politisch!) dem Grafen Brühl seine "Euryanthe" eingereicht. Die immer wieder neue Einstudirungen der drey alten Spontinischen Opern, hatten so wie für alles Bessere, auch für die Einstudirung der "Euryanthe" allen Raum und alle Zeit weggenommen und sie blieb sechs Monathe lang unbenützt liegen. Endlich wurde Spontini's alter "Cortez," nach langem Zeit- und mit vielem Geld-Aufwande neu aufgeputzt gegeben. Da aber, ungeachtet alles Knallens des Pellotonfeuers, dieses Meister- oder vielmehr Feuerwerk weder Knall- noch sonstigen Effekt machte und der Ton- oder vielmehr Knall-Setzer wieder einmahl erfuhr, daß Pulverdampf kein Weihrauch ist; so war er innerlich unzufrieden, nicht etwa mit sich, das ist unmöglich! aber mit dem undankbaren, plumpen, deutschen Volke, und in dieser Unzufriedenheit schrieb er an Weber einen Brief folgenden Inhalts: Er wäre, schreibt er, als biederer Italiener, ein höchst aufrichtiger Freund der deutschen Musiker überhaupt, ganz besonders aber und hinter dem Rücken ein Anhänger Webers. Er habe nicht nur Opern von Schneider, Seidel, und andern Deutschen aufführen zu lassen gnädigst bewilligt, sondern er habe auch nicht verweigert, daß man den "Freyschütz" gebe. Was aber die "Euryanthe" beträfe, so müßte Weber, der hiesigen peinlichen Theatergerichtsordnung zufolge, erst bittschriftlich bey ihm um die Aufführung einkommen, bevor er von der Existenz dieser Oper Notiz nehmen könne. Sobald dieses geschehen wäre, dann würde die in Berlin bestehende (?????) Commission von sechs Sachverständigen – das heißt Spontini und fünf Spiegel – Standrecht halten, ob die "Euryanthe" gegeben werden könne. Er müsse ihm aber consienciellement vorhersagen, daß er an der Aufführung zweifle. Die "Euryanthe" hätte in Wien nicht besonders gefallen, das sagten alle Kritiken, eine einzige ausgenommen, die von demselben Bösewicht herrühre, der sich unterstanden hat, sich über die "Olympia" lustig zu machen. – Uebrigens verursache die "Euryanthe" gewaltige Kosten und es sey als Generalmusikdirektor seine Amtspflicht, hier Einhalt zu thun und nicht zu gestatten, daß für eine Oper, deren Erfolg nicht vorbereitet und gesichert wäre, so viel Geld weggeworfen würde, um so mehr als das Berliner-Publikum so ungerecht wäre, es schon zu viel zu finden, daß die jedesmahlige Aufführung seiner Nurmahal nur fünfhundert Thaler außer den gewöhnlichen Tageskosten verursache. Hierauf antwortete Weber sehr höflich und schloß nur mit den Worten: Er wolle die Aufführung der "Euryanthe" in Berlin wagen; das sey einmahl Bühnen-Schicksal, daß ein Werk an Einem Orte nicht gefallen könnte, während es an einem andern gefallen müsse. Es wäre ihm ja eben so mit seiner "Olympia" gegangen, die in Paris Mißfallen erregt und sehr schnell von der Bühne gekommen wäre, während dieses Meisterstück mit eiserner Festigkeit auf dem Berliner Repertoir stehen bleibt. – Bravo Weber!!! Ich schließe mit der Frage: Wie wäre Spontini von dem Pariser-Publikum traktirt worden, wenn er sich ein Gleiches gegen einen nahmhaften französischen Componisten unterstanden hätte? Das weiß er recht gut und ließ es bleiben *)*) Und wie liebenswürdig und anspruchslos, benimmt sich Rossini, der doch, was Talent und Weltrenomée betrifft, ein ganz anderer Mann ist, als Hr. Spontini, gegen andere Componisten!?. X.