## Title: Tonkünstlers Leben. Fragment V (Entwurf) ## Author: Carl Maria von Weber ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031023 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ #lb#den 10t Januar 1811 Nachts 11 UhrDem GesellschaftCircel entronnen, betrete ich mein stilles einsames Zimer, und wohlthätig umfaßt mich die Oede, die mir wenigstens erlaubt den selbst auferlegten Zwang abzulegen der mein ich Inneres vor der Welt verschließt, und der durch Kampf mit den VerhältnißStürmen errungen zu einer äußeren Ruhe sich formte, daß Wenige unter meiner freundlichen, und vielleicht sogar fröhlichen Hülle, den Gram suchen werden, der mich verzehrt, und meinen Geist und Körper benagend aufreibt, abzulegen. Nur unter dem Druk hebt sich die Welle? nur gedrükt zeigt die Stahlfeder ihre Schnellkraft? und die ungünstigsten Verhältniße und Lagen nur gebehren große Männer? dann steht die Anwartschaft zum Großen Geiste und Ziele, fest begründet in mir, denn nie hat wohl ein Sterblicher, sich wiederlicher, unterdrükenderer, und Talentlähmenderer Umstände zu rühmen gehabt als ich. bey dem kleinsten wie bey den bedeutensten Unternehmungen meines Lebens warf mir das Schiksal feindliche Dinge in den Weg, und gelang mir je etwas so waren gewiß die überstiegenen Hinderniße überwundenen Schwierigkeiten unglaublich, und verbitterten den Genuß. eine beynah förmliche Stumpfheit gegen alle Schiksals Schläge ist der einzige Gewinn, der noch das höchst zermalmende Gefühl mit sich bringt, daß selbst die Freude keinen reinen Eindruk mehr auf mich zu machen im Stande ist, weil gespensterhaft die feste Ueberzeugung mit ihr Hand in Hand vor mich tritt, daß ich sie nur verbittert genießen könne. Von Mutterleib an beschrieb mein Lebens-Pfad andere Linien als die eines jedes andern Menschen, ich erfreue mich nicht der Errinnerung froh durchgaukelter KinderJahre, kein freies Jünglingsleben erhob mich, im Alter des Jünglings stehe ich da, von Erfahrung ein Greiß, alles durch mich alles aus, mir; nichts durch andere, ich habe nie geliebt, denn nur zu bald zeigte mir immer meine Vernunft daß alle Weiber von denen ich Thor geliebt zu seyn wähnte, nur aus erbärmlichsten Antrieben mit mir spielten, die eine liebelte mit mir, weil ich vielleicht der einzige Mensch unter 40 Jahren im Orte war, die andere lokte die Uniform, und die 3te glaubte vielleicht mich zu lieben, weil Sie das Bedürfniß zu liebeln hatte, und der Zufall gerade mir den Eintritt in ihren Häuslichen Zirkel verschafte. mein Glaube an die Weiblichkeit, von der ich ein hohes Ideal in der Brust trage ist dahin, und also auch ein großer Theil meiner Ansprüche auf Menschliches Glük. wenn ich nur je eine fände, die sich wenigstens die Mühe geben wollte, mich so geschikt zu betrügen, daß ich ihr glauben könnte. wie dankbar wollte ich ihr, auch beym Erwachen dafür sein. Ich fühle es, ich muß lieben, ich bethe die Weiber an, und haße verachte Sie ich kannte nih[?] die zarten Bande der Bruder und Schwester Liebe, meine Mutter starb mir früh, mein Vater liebte mich überzärtlich, und troz aller Achtung und Liebe die ich ewig für ihn hege, entzog ihm dieß mein Vertrauen[.] ich fühlte ihn manchmal schwach gegen mich, und diese Liebe verzieht[?] sich nie. Freunde glaubt ich gefunden zu haben. die Gewohnheit meines Umgangs hatte Sie an mich gefeßelt, ich verließ wir trennten uns, und ich war vergeßen, ich warf mich der Kunst in die Arme betete die großen Künstler abgöttisch an, und fand Sie endlich bey der Untersuchung und . . gesuchten Vertraulichkeit mit Ihrem Götterthume, beynah zu mir herabgezogen. die Meister wiedersprachen sich, was sollte der Lehrling thun? lägen nicht in dir göttliche Kunst, die Regeln, dich zu faßen ich wäre verlohren gewesen, und du meine einzige Erquikung, mein alles, auch du kannst manchmal feindlich vor mir stehen und mich indem ich glühend dich umfaße, im Gefühl meines Nichts vor dir zu Boden stoßen. Herkules Kleid der Menschheit, alles umengende Verhältniße, ihr seyd es, die mich mit mir, mit meinen Freunden, der Kunst, und Gott entzweien, indem ich euch allgewaltigen mich füge zernichte ich mich, indem ich lache vergehe ich, und bey einem Bonmot spreche ich mein TodesUrtheil. Kurz, Erbärmlichkeit ist das Loos des Menschen, in nichts der Vollkomenheit nahe, stets unzufrieden, uneinig mit sich selbst ist er ein personifizirtes schwankendes immerwährendes Treiben, ohne Kraft, Willen, Ruhe, denn das Momentane aller dieser Dinge als Erscheinungen ist nicht zu rechnen, und selbst diese Äußerungen, die aus der Fülle meines Ichs kommen, sind der Beweiß davon.