## Title: Carl Maria von Webers Reaktion auf gegen ihn gerichtete Kritik im Literarischen Merkur Nr. 13 (Teil 2 von 2) ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030378 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Carl Maria von Weber's Berichtigung der Bemerkungen &c. &c. &c.(Beschluß.)Ich werde mir also die Freiheit nehmen müssen, ihm bei seinen Citaten zu helfen; und das möge er nur gütigst annehmen, denn sobald möchte er mich nicht wieder zum Gehülfen bekommen. Auf die Leipziger musikal. Zeit. als allgemeiner gekannt, verweise ich unmittelbar die Theilnehmenden, und führe hier bloß die Prager Zeitung an, die dasselbe, nur in andern Worten enthält. „Prager Zeitung, No. 294. vom 21. Octbr. 1815. – – sie erschien (die Oper Alimelek) auf dem Theater an der Wien, und mißfiel; oder vielmehr die eingetretenen ungünstigen Umstände erlaubten ihr nicht, sich mit dem Publikum vertraut zu machen, da sie nur einmal gegeben wurde. Ohne im Ganzen der dortigen Ausführung dieser, durch ihre höchst mannigfaltigen kleinen Nüancen, die beinahe den Ensemble-Vortrag eines Quartetts beynahe erfordern – schwierigenschwierige Musik zu nahe treten zu wollen, berichte ich bloß folgende Haupt-Thatsachen. Die Rolle des Alimelek war für den Sänger Hrn. Ehlers (Tenorist) geschrieben und berechnet. Eingetretene Verhältnisse hinderten diese Besetzung. Hr. Forti (Bassist) übernahm die Rolle. Die Melodieformen wurden geändert, und ihres ursprünglichen Reizes beraubt, ganze Musikstücke transponirt und, nachtheillos für die Verdienste des Hrn. Forti sey es gesagt, das für die Individualität des Herrn Ehlers so passende Spiel und Leben der ganzen Rolle, konnte nicht auf dieselbe Weise hervortreten, durch welchewodurch dieser letzt genannteletzte Künstler sich so lange die Gunst des Publikums erhalten hatte. Mlle. Buchwieser hatte aus physischen Ursachen diesenden Abend nicht die Kraft ihre Rolle so zu geben, wie man es von dieser trefflichen Meisterin gewohnt ist, und zog sich, der Liebling des Publikums, jenen Tag zum erstenmale den laut ausgesprochenen Unwillen desselben zu. Daß dergleichen Zufälle hinreichend sind, ein Kunstwerk, dessen Gedeien an so zarten Fäden hängt, für den Augenblick zu stürzen, ist klar, tausend andere Uebelstände ungerechnet, die so leicht ungünstig einwirken.“ Allerdings ist die Oper Alimelek mit den zwei Califen in Wien, und Wirth und Gast in Stuttgart, ein und dasselbe Werk. An letztern Ort schickte sie Meyerbeer von München aus, Stückweise, und sie wurde in wenig Tagen einstudirt. Da konnte sie denn freilich nicht gehen, wie sie gehen sollte, und sie gefiel nicht, ohne eben zu mißfallen. Was beweißt dießdas aber für oder gegen das Werk? Tancred z. B. hat Wien entzückt, Dresden und Berlin hingegen ganz kalt gelassen. Wie es nun dendem Alimelek hier ergehen wird? wer kann es wissen.? An Versuchen ihn schon im Voraus dem Publikum gehässig zu machen, fehlt es ja augenscheinlich nicht. Der Hr. Bemerker wird aber doch gestehen müssenmir aber doch wohl gestehen, daß einige Ueberzeugung dazu gehört, eine Oper die in der Hauptstadt Wien mißfallen hatte, gleich darauf in der Schwester-Stadt Prag auf die Bühne zu bringen.? Der Erfolg hat bewiesen, daß ich dem richtigen Gefühl des ruhig abwartenden Publikums nicht mit Unrecht vertraut hatte. Uebrigens bin ich weit entfernt, Alimelek für ein vollendetes Werk zu halten. Wie viele giebt es überhaupt deren? – aber für das eigenthümliche Erfindungs-Vermögen des Komponisten zeugt er gewiß. Was will denn nun aber der Hr. Bemerker eigentlich?. die Tugenden der Italiener auf Kosten seiner Landsleute erheben? denn er scheint doch, einiges in seinem Geschreibe hin und wieder abgerechnet, ein Deutscher zu seyn. erheben? *)*) Suum cuique! – Die des Bemerkers Aufsatz in No. 13. verunzierenden Sprach- und Schreibefehler, kommen, wie nochmalige Durchsicht des Manuscripts zeigt, lediglich auf Rechnung des durch verspäteten Abdruck dießmal übereilten Correctors. Die Red. Die Italiener sind als Nation eben so achtungswerth als jede andere. Haben aber, trotz der – „ihnen eigenen Billigkeit und Freundlichkeit gegen Ausländer“ schon Manchen, z. B. den seel: Himmel, ausgepfiffen. Hingegen – „die Nachsicht“ gegen Meyerbeer bis zur einige und siebenzigmal wiederholten Aufführung der Emma getrieben. (nach der Wiener Theater-Zeitung.) Wie kommt das? da sie nach dem UrtheilUrtheile des Hrn. Bemerkers nur ein zusammengestoppeltes Ding ist? Doch nun genug, um meine hohe Achtung für alles der Oeffentlichkeit angehörige, | ausgesprochen zu haben. Und vom ersten bis letzten Buchstaben zu viel, wäre es um meinet- oder des Hrn. Bemerkers-willen geschehen. Deshalb möge er es auch gütigst verzeihen, wenn es mir gar nicht darum zu thun ist, mit ihm über jede seiner Zeilen mündlich mich zu besprechen. Da ich weiß wie er einsieht, bin ich gar nicht begierig zu wißen wie er aussieht. – – Nur noch die trübe Bemerkung kann ich nicht unterdrücken, wie schmerzlich es doch für den deutschen Künstler sein müßte, sähe er seine, – wahrhaft aus dem reinsten Willen für das Gedeihen der Sache überhaupt, – hervorgehenden Bestrebungen, durchaus so gewaltsam verkannt und angefeindet bis zu pasquillantenhaften Persönlichkeiten. Das Talent, was Gott mir vielleicht verliehen, selbst wägen zu wollen, wäre Frevel gegen die Gaben-Vertheilung des Gebers alles Guten. Die Welt wird es an den Platz stellen, wohin es gehört. Meine Pflicht war nur, das mir Anvertraute, durch Fleiß, Studium und unermüdete Anstrengung, so viel wie möglich auszubilden. Dieß nach meiner besten Kraft, Ausdauer, und mit rücksichtslosem Streben gethan zu haben, fühle ich beruhigend in der Brust; und werde so fort und fort wandeln nach meiner Ueberzeugung, eben so gerne jeden ächten Tadel ehrend, als blos hämische Anfälle verachtend. Dresden, den 15. Februar 1820. Nachschrift. Vorstehender Aufsatz war bereits zum Druck befördert, als sich mir, eben so willkommen als unerwartet, im letzten Stücke der Allgem. musik. Zeit. ein Bundesgenosse zeigte, dessen Competenz der Bemerker sicher am wenigsten zu bestreiten geneigt seyn möchte. Es ist dieß – Rossini selbst, der, während seines Aufenthalts zu Mayland, auf des dortigen Berichterstatters Klage „daß die heutige italienische Opernmusik im höchsten Grade weichlich sey, bloß dem Ohre zu schmeicheln suche und die daraus entstehende Apathie durch den mechanischen Lärm der Instrumente zu verjagen trachte“ ganz schlicht entgegnete: „Glaube mir, es ist vergebene Mühe, in Italien höhere Musik zu schreiben: die Zuhörer schlafen dabei ein! –“C. M. v. Weber.