## Title: Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag. Liebwerda, Donnerstag, 14. Juli 1814 (Nr. 2b) ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040692 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ 14. July 1814. Alle Finger habe ich beynahe wund und kann kaum die Feder halten, so habe ich mich Heute und Gestern mit Saiten aufziehen und Stimmen gequält um mein Hakbrett einigermaßen genießbar zu machen: Nun habe ich endlich zum Lohn 2 reine Akkorde gegriffen und habe darauf die Brille abgenommen, welches bey mir jetzt ohngefähr die selbe Sache ist, wie in den Feenmährchen das Drehen eines Zauber-Ringes &c. durch das man schnell dahin versetzt wird wo man will. Bey dir war dieß ja auch mein erstes Manöver wenn ich zwischen die lieben blauen Wände trat, und so muß ich es nun auch bei meinen traurigen weißen machen, will ich nur einigermaßen alle Nebensachen die in meiner Macht stehen herbeyzaubern um die Hauptperson desto lebendiger vor meinen innern Augen stehen zu sehen. Wie kindisch oft der Mensch an Kleinigkeiten hängt: ich glaube im Ernste nicht ordentlich an dich denken und schreiben zu können, wenn ich die „kalten Augen“ aufhabe und meyne ihr Herabnehmen bringe mich dir schon um vieles näher. Lache mich nicht aus, ich fühle mich so wohl bey diesen kleinen Zügen der Erinnerung und laße Sie mir um keinen Preiß nehmen, Sie sind das einzige was ich gleichsam mit Händen festhalten kann &c. […] Die verdammten Entfernungen; ich meyne immer, wenn ein Brief so lange läuft, müße er unterwegs wie eine Speise immer kälter werden, dahingegen wenn ihn der Andere bald bekömmt, noch so recht die Wärme mit der er aus dem Herzen floß am Papier kleben müßte. Ueberhaupt ist es mir mit meiner Ungeduld eine mißliche Sache ums Briefschreiben. Wenn mich so die Gefühle überströmen und es so mißerabel langsam und schleichend aus dem Gänsekiel kriecht, mir dabey einmal ums andermal kalt und Warm über den ganzen Leib läuft und es hernach wenn ich es überlese, so Eiszapfig und abgebrochen und zerstükkelt dasteht, da möchte ich gleich alles in Stükken reißen. Und doch ist es noch das einzige herrliche Mittel sich wenigstens Fragmente seiner Empfindungen zuzurufen. Das Herz füllt schon die Lükken aus, und nicht wahr? Mukkerl versteht auch mit halbem Wort? &c. — — […]