## Title: Carl von Ledebur (Ständisches Theater Riga) an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Riga, Donnerstag, 17. Juni 1880 ## Author: Ledebur, Carl von ## Version: 4.12.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044330 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ 5.(17.) Juni [188]0. Hochgeehrtester Herr Professor! Ein Repertoire-Journal hat bis jetzt leider am Rigaer Theater nicht existirt. Die früheren Privatdirectoren haben sich der Mühe nicht unterzogen und haben selbst keine Zettelbücher hinterlassen. Mit großer Mühe habe ich erst, meist aus dem Archiv der Rigaer Stadtbibliothek, das Repertoir seit 1782 bis Jetzt festzu | stellen versucht. Ob Fehler vorgekommen – von mir glaube ich es nicht, denn ich habe recht sorgfältig gearbeitet – ob eine Vorstellung vielleicht einmal nicht stattgefunden oder abgeändert worden, ist wohl kaum mehr genau zu ermitteln. Am 7. Dezember 1842 russischen Styls ist allerdings die 100ste Aufführung des „Freischütz“ mit Ouverture von C. M. v. Weber. – Festspiel zum Andenken Weber’s von Harald von Brackel (6 Bilder: 1. Sylvana. 2. Abu Hassan. 3. Preciosa. 4. Freischütz. 5. Euryanthe. 6. Oberon); Hierauf „Der Freischütz“ gefeiert worden. Nach den Zetteln der Stadtbibliothek in Übereinstimmung mit andern Notizen glaube ich indeß annehmen zu können, | daß meine Berechnung richtig, und die qu. Aufführung die 102te war. Man scheint es nicht genau genommen zu haben und die „hundertste Aufführung“ einfach fingirt und auf Webers Geburtstag verlegt zu haben. Ähnlich verhielt es sich mit der 200. Aufführung. Diese ward gefeiert am 6. Dezember 1865 russischen Styls mit „Jubel-Ouvertüre[“] v. Weber Des Freischützen Geburt (Festspiel von Fr. Pilzer) und „Freischütz[“]. Nach meiner Berechnung war nun diese Aufführung erst die 195. Aufführung. Der Verfasser des Festspiel Herr Pilzer lebt als Redakteur der hiesigen Rigaschen Zeitung noch hier und war damals (1865) Theatersecretair. Ich befrug ihn wegen dieser Differenz und er antwortete mir lachend: „Ja, ich weiß, daß die qu. Aufführung nicht die 200. war – wir haben uns | verrechnet gehabt – Sie haben vollständig Recht!“ – Ich habe danach gemeint, es sei das Richtigste, die im Archiv der Stadtbibliothek bewahrten Zettel – auf welchen zudem Abänderungen etc. notirt sind, – als die richtige Basis anzunehmen. Sehr hat es mich gefreut, Ihnen, Herr Professor, einen kleinen Dienst erweisen zu können. Mit der vorzüglichsten Hochachtung habe ich die Ehre mich zu zeichnen, als Ihr sehr ergebener Freih. Ledebur