## Title: Helmina von Chézy an Carl Maria von Weber in Dresden. Berlin, Donnerstag, 26. Dezember 1822 ## Author: Chézy, Helmina von ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A047983 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Berlin den 26. Dez: 1822 Verehrter u theurer Freund! Über den Druck der Euryanthe können Sie, nach der Nachricht, die mir Wallishauser mündlich gegeben, als er in D. war, vollkommen ruhig seyn. Es sind dies nähmlich die Textbücher selbst, u als solche hatte die Direktion dem Wallishauser das Manuskript zum Verkauf anbieten lassen. Da erkundigte sich Wallishauser bey unserm Freund Theodor Hell, u dieser sagte: die Direktion hätte ohne Zweifel kein Recht auf den Verkauf des Manuskriptes, denn Contessa hat auch noch immer den Text besonders verkauft, es ist nicht, wie an andern Orten. Sie sehen also wohl, daß er selbst, der mir auch mündl. sein Wort gegeben, u schriftlich blos anfängt, was er dürfe, deshalb anfängt. Ich habe ihm bereits geschrieben, er sollte auf nichts hoffen, u könnte nichts anfangen, bis Sie vollkommen fertig wären, denn es würde ohnehin gewiß noch Vieles umgeändert. Für jedes 1000 Ex: soll ich 25. Ducaten bekommen, wenn er ehrlich ist, wie er den Ruf u das Ansehn hat, so kann ich hoffen noch 2 Auflagen bezahlt zu bekommen. Es ist ein Andres mit der ganz durchkomponirten Oper, u mit der mit Dialog vermischten. Hätte Wallishauser nicht bey mir angefragt, u sie der Direktion bezahlt, die deshalb eine sehr starke Forderung an ihn gethan haben soll, was ich wirklich empörend finde / u ich hätte die Oper, nachdem sie in Textbüchern u Clavierauszügen vollständig noch in allen Händen gewesen seyn würde, nach einem, oder nach 5 Jahren drucken lassen wollen, sie würde nicht bezahlt worden seyn. Kind auch hat sein Recht, wenn er die Bedingung eingegangen, usurpirt, denn der Freyschütz ist 5/4 Jahr, wenn nicht 3/4 nach der Aufführung gedruckt worden. Auf Kind zu kommen, so wird hier allgemein erzählt u. nachgewiesen, daß er der Direktion / ich glaube der Leipziger geschrieben: wenn sie schön Ellas erste Blüthen pflücken wolle, so solle sie es erklären, die dritte Vorstellung wollte er haben, oder 500 Thaler; weil der Freyschütz so ungeheures Glück gemacht! Hier soll er es auch so gemacht haben. Er wird furchtbar ausgelacht u bespöttelt. Ich hoffe, es sind Erfindungen. Wie ich Sie beklage! Wie ich zu Ihnen hindenke! Lachen Sie mich nicht aus, wenn ich Sie bitte recht viel u recht kräftige Suppen, vor allem Huhn u Ochsenfleisch mit guten Kräutern u Gräupchen, auch Abends wo möglich zu essen. Bey so viel Hudelei u Anstrengung muß die Nahrung zugleich sehr leicht u sehr kräftig seyn. Feine Fleischspeisen u gute Gemüse bringen nicht die nämliche Wirkung hervor, u der gute Wein auch ist nicht so gedeihlich | Von Schlesinger kam ich gestern Abend, ich hatte ihm dreymahl abschlagen müssen, gestern endl. konnte ich kommen. In der Gesellschaft intressirte mich das Millersche Ehepaar, besonders sie, vorzüglich, u es war recht hübsch. Ich glaube bey Schlesinger ist viel Ungeschick in den Ausdrücken im Spiel. Es kann ihm ja im Traum nicht einfallen, dass er dazu beygetragen Ihren Ruf zu begründen, es klänge ganz verrückt! Möglich indeß daß er etwas so unvernünftiges gesagt, indem er ganz etwas andres sagen wollen. Nur den Wunsch der guten, lieben H. habe ich erfüllt, indem ich Ihnen das Scenarium schickte. Sie hat einige Ahnungen, wie mich dünkt, aber ich glaube nicht, dass sie in Ihrem Sinn arbeiten würde. Stoffe will ich Ihnen genug vorlegen, u besonders zu einer Oper für London hätt ich einen trefflichen Gedanken, etwas uralt Nationales, aber englisch könnte ich Ihnen keine schreiben, u Sie müssen sich dann schon an einen engl. Dichter wenden, wenn Sie nicht meinen Text übersetzen lassen wollen, was freylich vielleicht das Beste wäre. Da Sie es dann auch in D.[eutschland] brauchen könnten. Jetzt sehe ich aus Ihrem Brief dass sich H. Richter L’etourdi mit seinen 77 Rh. verschrieben hat. Ich habe Wallishauser ersucht das Honorar für die Novelle sogleich an Sie anzuweisen, und was dann fehlt, werde ich an Sie mit Dank und Freude zurückzahlen. Ich habe gestern zusammengerechnet daß in dem für mich so schmerzerfüllten, schweren Jahre 1822 nur 500 Thaler außer meinen gewöhnl. 600 an mich eingegangen sind, u von diesen 500 habe ich noch einige Verbindlichkeiten nachzuentrichten. Vergangnes Jahr belief sich meine Extra Einnahme auf 1200 Thaler reines Verdienst. Es ist nur gut daß ich nach Berlin gegangen bin, wo mich wenigstens die vielfache Anerkennung u Herzlichkeit wieder in Etwas mit der Menschlichkeit versöhnt, u wo meine Kinder sich so glücklich fühlen, u so treffliche Fortschritte machen. Wenn ich nun nach Dresden komme muß ich meinen Wilhelm zurücklassen, was mich sehr viel kostet, u nicht blos Bekümmerniß, auch Aufopferung andrer Art, es ist aber allzuwichtig und muß seyn. Späterhin aber gehe ich auch wieder nach Berlin zurück, den Mietkontrakt für eine sehr schöne Wohnung zu Michaelis 1823 habe ich bereits abgeschlossen. In der Zeit werden wir wohl mit den Hauptsachen der neuen Oper fertig, u späterhin kommen Sie dann wohl selbst hieher. Alles grüßt Sie, aber die vielen Namen kann ich Ihnen unmöglich nennen. Gott stärke Sie in Ihren jetzigen schweren Tagen und erfreue Ihr Herz durch Gesundheit und Freude der lieben Lina u. des holden Max. Stets Ihre H. Lassen Sie uns so viel als möglich das Schreiben gut seyn, Sie sind geplagt genug, ohne das! Möge das neue Jahr lauter neue Freuden bringen!